Schwestern des Mondes 05 - Katzenkrallen-09.06.13
Häuflein trockenes Holz und wurde zu lodernden Flammen.
»Scheiße! Feuer!« Ich stürzte darauf zu, hielt aber inne, als unser Gegner schimmernd sichtbar wurde. Der Energieblitz musste seine Unsichtbarkeit zerstört haben, denn plötzlich sahen wir unserem Feind ins Angesicht - und was für einem Feind. Er sah aus wie eine Art seltsame Kreuzung, ein Zentaur mit gewaltigen Flügeln. Seine Eltern mussten äußerst tolerant gewesen sein, wenn sie eine so stark gemischte Beziehung geführt hatten, dachte ich und rückte mit erhobenem Dolch vor.
Morio griff ihn von vorn an, während ich mich seiner linken Flanke näherte. Der Yokai packte ihn und rang mit den muskelbepackten Armen des geflügelten Zentauren, und ich schlitzte mit dem Dolch das seidig braune Fell an seinem Hinterteil auf. Ein langer Schnitt tat sich unter meiner Klinge auf, und er brüllte. Ich wollte eben wieder zustoßen, als er den linken Hinterfuß hob, ausholte und mich in den Unterleib traf, so dass ich zurückgeschleudert wurde. Ich flog durch die Luft und landete am Fuß einer Eibe.
»Delilah! Alles in Ordnung?« Camille wirbelte herum.
Ich konnte ihr nicht antworten - der Tritt hatte mir die Luft genommen. Als sie auf mich zueilte, kam Smoky angerast wie ein blitzschneller Streifen aus Weiß und Silber. Erv fuhr mit den Klauen an der rechten Seite der Bestie entlang und hinterließ fünf lange, blutende Risse. Iris folgte dicht hinter ihm. Sie sagte irgendeinen Spruch auf, holte ein Kästchen hervor und öffnete es. Sie schluckte den Inhalt, den ich nicht sehen konnte, und pustete dann in Richtung des Kampfes.
Ein Sturm eisiger Hagelkörner prasselte auf die drei Männer ein: Smoky, Morio und unseren Gegner.
Morio wich zurück. Smoky ignorierte die Hagelklumpen, als seien es nur Staubkörnchen, doch der Zentaur stöhnte laut auf und erstarrte. Eine dünne Eisschicht bedeckte seinen Körper.
Smoky sah sich nach uns um. Camille half mir auf, und meine Lunge schien wieder zu funktionieren. Mein Bauch fühlte sich allerdings an wie von einem Vorschlaghammer geküsst.
»Wir haben nicht viel Zeit. Töten oder gefangen nehmen?«
Ich überlegte so schnell, wie meine schmerzenden Eingeweide es zuließen. Was würde Menolly tun? Wir könnten dem Zentaur Informationen entlocken, ja, aber er hatte als Erster angegriffen, ohne vorher zu fragen, wer wir waren und was wir hier zu suchen hatten. Ich schluckte das Schuldgefühl hinunter, das in meiner Kehle aufstieg.
»Wir sollten ihn erledigen. Er wird ohnehin nicht mit uns reden. Er wollte uns töten, und er wird sich nicht auf Verhandlungen einlassen. Und selbst wenn - wie könnten wir sicher sein, dass er uns nicht wieder angreift, diesmal mit ein paar Kumpels als Verstärkung?«
Smoky nickte. Ich sah ihm an, dass er damit einverstanden war. Dasselbe galt für Camille, Morio... und Iris. Ich wandte mich ab und fühlte mich plötzlich viel älter und zu hart in meiner eigenen Haut. Soldat zu sein bedeutete genau das hier. Erst schießen, dann Fragen stellen. Keine Gefangenen machen. Das einzige Mal, als wir das versucht hatten - mit Wisteria, einer Floreade, die zur Familie der Dryaden gehörte -, war es entsetzlich schiefgegangen. Sie war entkommen und hatte Dredge zu uns geführt. Und das war mehr als übel gewesen.
Ich schluckte meine Angst hinunter und drehte mich um. »Wartet. Ich sollte es tun.«
Sie sahen mich an, und ich erkannte die Besorgnis, die sich auf Camilles Gesicht ausbreitete. »Bist du sicher, Delilah?«, fragte sie.
Ich biss mir auf die Lippe und war froh, dass sie nicht »Kätzchen« zu mir gesagt hatte.
»Ich habe schon öfter getötet. Es ist nicht so, als hätte noch nie Blut an meinen Händen geklebt. Ich muss diese Zimperlichkeit überwinden. Ich muss mich damit abfinden, dass wir nie wieder so sein werden wie früher, als das Leben sanft und friedlich war, als Mutter noch lebte und uns mit all unseren Problemen auffangen konnte. Du hast es versucht, Camille. Bei allen Göttern, du hast dir die größte Mühe gegeben, aber du kannst dich nicht zwischen uns und das Grauen stellen, dem wir jetzt gegenübertreten müssen. Du bist nur eine einzelne Frau... und die Gefahren sind so gewaltig... «
Sie umfing mein Gesicht mit beiden Händen. »Kätzchen, wir sind dem Leben nie ohne Schmerz begegnet, nicht einmal, als Mutter noch am Leben war. Wir wurden ständig verprügelt und gehänselt. Sanft und friedlich haben wir doch nie gekannt. Und seien wir mal ehrlich, Sanftheit
Weitere Kostenlose Bücher