Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
Delilah. Der Mond stand noch am Himmel und tauchte den Garten in sein Licht.
»Wo sollen wir suchen?« Das war das Einzige, was die Banne uns nicht sagen konnten - wo sie durchbrochen worden waren. Camille und Morio arbeiteten daran, auch dafür eine Lösung zu finden, aber vorerst mussten wir den Eindringling noch selbst aufspüren.
»Wo auch immer wir Ärger erahnen.« Camille lief hinter mir klappernd die Treppe hinab. Es war jetzt schon eine lange Nacht gewesen, und ich merkte ihr und Delilah an, dass sie müde wurden. »Teilen wir uns auf. Ich gehe ums Haus. Delilah, du nimmst den Weg zum Birkensee. Menolly, wie wäre es, wenn du dir die südwestliche Ecke vornimmst? «
»In Ordnung«, sagte ich und ging nach links. Wir hatten an der südwestlichen Ecke unseres riesigen Grundstücks nicht viel getan, sie bestand aus wucherndem Gestrüpp. Inzwischen hatten wir entschieden, sie auch so verwildert zu lassen, damit die Naturgeister und Tiere hier Nahrung fanden. Mittlerweile war ein Teil davon mit Besen ginster zugewuchert, und ein gigantischer Brombeerstrauch mit dicken Blütenknospen begann ihm Konkurrenz zu machen. Das Gras war kniehoch und saftig. Zwei Eichen ragten über dem Gebüsch auf, ihre Stämme waren mannshoch darin verborgen.
Der Regen ließ in dieser Gegend alles üppig wachsen, und Camille sagte, die Pflanzengeister hier fühlten sich sehr wohl. Als ich vorsichtig eine fiese Dornenranke beiseiteschob, die sich über den kaum erkennbaren Trampelpfad neigte, fiel eine Spinne von einem Ast über mir herab. Erschrocken trat ich beiseite. Die Radnetzspinnen hier waren zwar groß und gestreift, aber nicht giftig. Außerdem hätte auch Gift mir nichts ausgemacht.
Seit unserer Begegnung mit den Werspinnen war Delilah recht zimperlich geworden, was Spinnen im Allgemeinen anging. Camille mochte sie auch nicht gerade, aber sie hatte noch keine echte Angst vor ihnen entwickelt.
Ich persönlich mochte die Tierchen irgendwie. Sie waren hartnäckig, spannen ihre Netze beharrlich immer wieder neu, wenn sie zerstört wurden, und warteten geduldig auf ihren Fang. Sie tranken Blut - na ja, Blut und alle anderen Körperflüssigkeiten -, und ich trank Blut. Sie wurden von großen Teilen der Bevölkerung gefürchtet. Vampire ebenfalls. Wir hatten so einiges gemein, diese Spinne und ich.
Ich half der Argiope sicher auf ein nahes Blatt und schlug mich weiterhin durch das Gestrüpp aus Büschen und wuchernden Farnen. Der schmale Pfad endete an einem Ginsterdickicht. Die Pflanzen waren riesig, über drei Meter hoch, und ihre Blüten schimmerten golden im Mondlicht. Der Besenginster hatte Hülsen, die mit einem leisen Knistern auf brachen und die Samen der nächsten Generation in den Wind streuten.
Ich duckte mich zwischen zweien dieser riesigen Büsche hindurch und schob mich durch ein Labyrinth graugrüner Stengel. Ich wusste nicht so genau, wohin ich eigentlich wollte, ich folgte einfach meinem Instinkt. Und dann, ein paar Schritte weiter, spürte ich etwas vor mir. Oder vielmehr hörte ich es. Einen Herzschlag. Und ich witterte etwas - den Duft von Delfalien. Und diese Blumen gab es nur in der Anderwelt.
Ich schlich weiter und suchte nach dem Ursprung des Geräuschs. Dann sah ich im Schatten der Ginsterbüsche den Umriss einer Wärmequelle. Zweibeinig, konnte ein Mensch sein, aber auch eine Fee oder ein Elf. Ich glitt weiter, lautlos wie die Nacht. Was zum Teufel sollte das? Wo war unser Besuch hergekommen? In diesem Moment bemerkte ich, dass die beiden Eichenstämme glommen. Oder vielmehr schimmerte da etwas zwischen ihnen. Ein Portal. Wir hatten ein verfluchtes wildes Portal auf unserem Land!
Heilige Scheiße, so hatte vermutlich auch der Blähmörgel vor ein paar Wochen hergefunden. Und wen zum Teufel hatte es jetzt ausgespuckt? Ich kniff die Augen zusammen, um unseren Besucher schärfer zu sehen. Wer auch immer er sein mochte, er war uns offenbar nicht freundlich gesinnt, sonst hätten die Banne nicht angeschlagen.
Ein paar Schritte weiter blieb ich stehen. Er gehörte zu den Feen, so viel war sicher, und er war in Blau und Gold gekleidet, die Farben Y'Elestrials. Ein Mann von der alten Garde? Unsere abgesetzte Königin war mit einer Handvoll treuer Gefolgsleute immer noch auf der Flucht, und regelmäßig gab es Berichte über Massaker und Scharmützel, das hatte Vater uns erzählt, der ja nun Zugang zu sämtlichen Informationen hatte.
Aber was wollte dieser Mann hier? War er ein Meuchler, den Lethesanar auf
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