Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
vor dem Eichenportal.
»Ich frage mich, wo es hinführt«, bemerkte er.
»Das wüsste ich auch gern. Aber wenn ich da durchgehe und auf der anderen Seite zufällig gerade die Sonne scheint... Willst du vielleicht mal nachschauen?« Ich dachte daran, die Hand durchzuschieben. Das dürfte mir schon sagen, ob es für mich sicher war oder nicht, aber ehe ich es ausprobieren konnte, trat Roz durch das Portal und verschwand.
Ich wartete. Eine Minute. Zwei Minuten. Eine Eule rief weich in der Ferne, während ich dastand und mit den Fingern auf den anderen Arm trommelte. Drei Minuten. So langsam machte ich mir Sorgen. Was, wenn Roz in eine Falle getappt war? Oder Schlimmeres ? Es gab ein paar Orte in der Anderwelt, neben denen sogar die Unterirdischen Reiche aussahen wie ein Picknick im Park. Vier Minuten. Wo zum Teufel steckte der Kerl? Vielleicht sollte ich es einfach riskieren und durchgehen? Als ich mich gerade für mein mögliches, plötzliches Ende wappnete, kam Roz wieder aus dem Portal gehüpft.
»Wo zur Hölle warst du denn? Ich habe schon befürchtet, du hättest dich da drüben umlegen lassen.« Ich gab nicht gern zu, wie nervös ich gewesen war; das passte nicht zu meinem Image. Roz legte mir einen Arm um die Schulter, ein riskantes Unterfangen. Er wusste, dass ich meistens nicht gern berührt werden wollte, aber wir hatten ein paarmal herumgeknutscht, und ich konnte ihn nicht einfach ein- und ausschalten, je nachdem, wonach mir gerade war.
Ich sperrte mich gegen seine Berührung. Sein Pulsschlag war warm, die sexuelle Energie und das Blut wirkten berauschend. Diese Kombination konnte tödlich sein, wenn er es mit dem falschen Vampir zu tun bekam. Allerdings war er ein Incubus und konnte es sich daher leisten, ein bisschen was zu riskieren.
»Du hast dir Sorgen um mich gemacht? Wie süß von dir«, murmelte er und beugte sich vor, um meinen Hals zu küssen.
Ich erschauerte, wand mich und bog den Nacken seitwärts, damit er nicht noch daran knabbern konnte. »Hör auf«, flüsterte ich. »Nicht jetzt. Wir haben wichtigere Dinge zu besprechen als deinen Penis und seine Marotten. «
»Du würdest seine ... Marotten ... lieben, wenn du mir nur eine Chance geben würdest«, sagte Roz mit einer Stimme so glatt wie Seidenlaken. »Komm schon. Du weißt, dass es mit uns beiden phantastisch wäre.«
Das war ja das Problem. Er hatte recht, und ich wusste es. Aber ich hatte meine Zweifel daran, ob ich wirklich eine zweite Beziehung anfangen wollte. Roz mochte mit den Menschen und anderen Feen, die er verführte, ziemlich beiläufig umgehen, aber er besaß das Potenzial, mich tief in seine Welt hineinzuziehen. Und ich war einfach nicht bereit, mich in seiner Lust zu verstricken.
»Wenn du nicht aufhörst, werde ich dich überhaupt nicht mehr küssen.« Ich stieß ihn von mir, verschränkte die Arme und schwieg vielsagend.
Er räusperte sich und zuckte ergeben mit den Schultern. »Schon gut, schon gut. Ich werde ganz brav sein. Das Portal führt ins Windweidental, soweit ich feststellen konnte. Da lauern weder Goblins noch sonstige Horden. Ich habe mich rasch umgesehen, und ich glaube, es kommt in der Nähe des Wyvernmeers heraus. «
»Das wäre an der nordwestlichen Grenze des Tals. Auf der Silofel-Ebene.« Ich war noch nie dort gewesen, erinnerte mich aber gut an den Geographie-Unterricht. »Hast du dort irgendjemanden gesehen? Einhörner vielleicht?«
Roz schüttelte den Kopf. »Nein. Überhaupt niemanden, was mich offen gestanden wundert. Der Mann, der hierher durchgekommen ist - bist du sicher, dass er Ärger machen will? Im Windweidental halten sich nämlich nicht viele Feen auf, außer jenen, die im Einklang mit den dortigen Kryptos leben. Das ist ein wildes Land, nicht gerade aufgeschlossen gegenüber zivilisierter Herrschaft oder Politik, obwohl ich gehört habe, dass der König der Dahns-Einhörner in Dahnsburg einen sehr strengen Hof führt. «
»Er hat die Farben von Y'Elestrial getragen«, sagte ich und biss mir auf die Lippe. Das verstand ich nicht. Ich wollte gerade zum Gästehaus zurückkehren, als Delilahs Schrei die Nacht zerriss.
»Heilige Scheiße, das ist Delilah. Lass das Portal, komm mit!«
Wir rasten durch das Ginsterdickicht, drängten uns grob durch die Büsche und zertrampelten die Schösslinge. Als wir den offenen Teil des Geländes erreichten, konnten wir unser Kätzchen an dem Trampelpfad sehen, der durch den Garten zum Wald verlief. Sie kämpfte mit etwas, das einem dunklen Kraken
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