Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
geschickt und klug vorgehst.«
Als sie verstummte, nahm ich meinen Mut für die letzte Frage zusammen, vor der ich mich am meisten fürchtete. »Was verlangt Ihr für Euren Rat? Welche Bezahlung sind wir Euch schuldig?«
»Ach, meine Liebe, die Bezahlung ist bereits in die Wege geleitet. Vertraue darauf, dass die Schuld beglichen und das Gleichgewicht wiederhergestellt wird. Opfer sind das Wesen der Pflicht. Und jetzt'geht. Ihr habt Pläne zu schmieden und Schlachten auszufechten.« Ohne genauer zu erklären, was sie damit meinte, verschwand sie den unterirdischen Gang entlang.
Wir starrten einander an.
»Dieser letzte Teil gefällt mir gar nicht. Opfer sind das Wesen der Pflicht? Wovon spricht sie nur?« Es schmerzte mich immer noch, dass man mich ausgewählt hatte, um das Schwarze Einhorn zu opfern. Die Vernunft sagte mir, dass ich getan hatte, was nötig war - für uns beide. Doch die Erinnerung an sein Blut, das an meinen Händen klebte, tat trotzdem furchtbar weh.
»Kommt, wir fahren lieber nach Hause und überlegen uns, wie wir die Knochenbrecherin anpacken. Es sieht so aus, als bliebe uns nichts anderes übrig«, sagte Morio und stand von seinem Stuhl auf. Delilah und ich folgten ihm wieder hinaus in den Tag und durch den Wald zurück zu Morios Subaru. Auf dem ganzen Heimweg sprach keiner von uns ein Wort.
Sobald wir zu Hause waren, beschloss ich, als Erstes zu duschen. »Wir treffen uns nachher in der Küche«, sagte ich. Ich war müde und stank nach dem Rauch in meiner Buchhandlung. »Sucht Trillian und Roz und holt sie her. Smoky auch. Bei dieser Sache muss jeder mit anpacken.« Wir gingen in die Offensive, und wir mussten schnell handeln.
Delilah folgte mir nach oben, denn auch sie wollte duschen. »Lass mich mit zu dir ins Bad. Dann können wir schon mal über alles reden.«
Ich nickte. Wir zogen uns aus und tapsten barfuß ins Bad. Als die Temperatur richtig war, stellten wir uns unter die Dusche, ich reichte ihr meinen Luffahandschuh und schnappte mir selbst den Badeschwamm. Da sie es hasste, wenn ihr das Wasser in die Augen spritzte, nahm ich den Platz direkt unter dem Duschkopf ein. Ich griff nach meinem Duschgel mit Vanilleduft, Delilah wählte Mandarine. Wir wuschen uns den Gestank von Rauch und Ruß ab.
Ich seufzte tief, als das heiße Wasser über meinen Körper lief. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, was geschehen war. Henry war tot. Meine Buchhandlung war zerstört. Und wir würden bald in die Höhle der Lamie stürmen. Plötzlich stiegen Tränen in mir auf, und ich schluchzte laut.
Delilah ließ den Luffahandschuh fallen und nahm mich in den Arm. Ich lehnte mich an ihre Schulter und weinte.
»Psst«, raunte sie. »Du hast ein paar schreckliche Tage hinter dir, nicht wahr?«
»Für mich war es lange nicht so schrecklich wie für Henry.« Ich versuchte, dem Kummer in meinem Herzen auszuweichen. Aber das war zwecklos. Die Betäubung hatte nachgelassen, und ich glitt aus Delilahs Armen, setzte mich auf den Rand der Wanne und ließ das Wasser auf mich herab und über den Rand prasseln. »Ich kann es nicht fassen, dass sie ihn einfach so ermordet haben. Er war völlig unbeteiligt - er hatte mit den Geistsiegeln nichts zu tun, und trotzdem sind sie hereinspaziert, haben ihn absichtlich schwer verletzt und dann liegen gelassen.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte sie und setzte sich neben mich. Sie griff nach dem Badeschwamm und rieb mir sacht den Rücken. »Er ist zwischen die Fronten geraten. Ein unschuldiges Kriegsopfer. Wir wussten, dass das passieren könnte, und es wird noch viel schlimmer, wenn wir Schattenschwinge den Sieg überlassen. Dann sterben viele, viele Henrys.«
Ich stieß ein ersticktes Seufzen aus. Ausnahmsweise ein mal übernahm sie die Starke Rolle und erlaubte mir, diejenige zu sein, die zusammenbrach. Das schätzte ich mehr, als sie sich überhaupt vorstellen konnte. »Alles ist so durcheinander. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Die Einzige, der ich noch traue - abgesehen von unserer kleinen Wohngemeinschaft -, ist Großmutter Kojote. Ich traue nicht einmal mehr Vater, seit ich weiß, dass er etwas mit Tanaquar hat.«
Delilah nickte und wusch mir die Seife vom Rücken. »Ja, damit habe ich auch meine Probleme. Ich frage mich, warum wir uns letzten Endes mit der Dreifaltigen Drangsal zusammentun werden. Die sind hübsch - so fein gezeichnet.« Sie strich über die Tätowierungen auf meinen Schultern und berührte dann die an ihrer eigenen Stirn.
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