Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
die Augen, und ich spürte, wie ich vornüberkippte und in diese uralten Kreise aus Schnee und Eis stürzte. »Menolly, überrede Wade dazu, seine Kandidatur zurückzuziehen, ohne ihm zu sagen, warum, sonst werde ich ihn töten. So einfach ist das.«
Ehe ich etwas erwidern konnte, ergriff er meine Hand, und ein Schauer rieselte mir über den Rücken. Ich, die Kälte nicht spüren konnte, fror plötzlich bis auf die Knochen. Etwas in mir – der Teil, der sich lebhaft an Dredge erinnerte – schrie Nein, rühr mich nicht an!, doch ein anderer Teil bettelte darum, entfesselt zu werden.
Ich rang meine Panik nieder. »Was, wenn ich es nicht schaffe? Was passiert, wenn er nicht auf mich hören will?«
»Das ist nicht mein Problem«, sagte Roman mit so leiser Stimme, dass ich ihn kaum hören konnte. Er zog mich aus meinem Sessel zu sich herüber, und ehe ich michs versah, saß ich auf seinem Schoß und starrte ihm aus nächster Nähe in die Augen. Er streichelte zärtlich mein Gesicht, ohne mir das Gefühl zu geben, ich würde zu irgendetwas gezwungen.
»Ich habe meine Gründe, Menolly. Ich hätte seinen Tod auch einfach befehlen können, ohne mir um irgendetwas Gedanken zu machen. Aber ich wusste, dass er ein Freund von dir ist – obwohl ihr euch zerstritten habt –, also gebe ich dir diese Chance, ihn zu retten. Nimmst du sie an?«
»Aber warum? Was ist denn so schlimm an seiner Kandidatur? Terrance kann unmöglich die bessere Wahl sein. Er wird alles zerstören, was wir so mühsam aufgebaut haben, sämtliche Abkommen mit den Atmern und Feen.«
Aus der Nähe konnte ich sein Gesicht viel deutlicher erkennen, und mir wurde bewusst, dass Roman ein sehr schöner Mann war. Sein Haar schimmerte im weichen Licht der Lüster. Und seine Augen … seine Augen erinnerten mich an strahlende Lichtkugeln, in Nebel gehüllt. Ich fragte mich, wie viele Motten schon dieser sanften Verlockung erlegen waren. Sein Stall fiel mir wieder ein. Waren alle darin Menschen? Waren alle Frauen? Nährte er sich nur von ihnen, oder waren sie auch seine Konkubinen?
Romans Gesicht war nur wenige Fingerbreit von meinem entfernt. »Terrance wird niemals zum Regenten aufsteigen, das versichere ich dir.«
»Du willst doch hoffentlich nicht, dass ich auch mit Terrance rede. Er dürstet nach meinem Blut. Und ich nach seinem.« Ich schüttelte den Kopf. Der Besitzer des Fangzabula-Clubs war in meinen Augen schon so gut wie tot – und er würde es sein, wenn ich ihn je allein zu fassen bekam. Er gehörte zu den Vampiren der schlimmsten Sorte, völlig seiner Raubtiernatur erlegen. Terrance war ein Sadist, ein zukünftiger Dredge.
»Ich bitte dich nicht, mit ihm zu sprechen. Mit Terrance komme ich allein zurecht. Aber der junge Wade hatte eine gute Idee mit seiner Gruppe der Anonymen Bluttrinker. Ich werde ihn verschonen, falls du ihn überreden kannst, von der Wahl zurückzutreten. Aber du musst diskret und raffiniert vorgehen – du darfst ihm nicht offen sagen, weshalb du ihn bittest, auf die Wahl zu verzichten. Und sei versichert, dass es für dich in Zukunft andere Aufträge geben wird.«
Er schien überzeugt, dass ich diesen annehmen würde. Wenn man bedachte, wer er war, setzte er meine Kooperation natürlich mit gutem Grund als selbstverständlich voraus.
»Was hast du mit Terrance vor?«
»Ich habe vor, das Fangzabula zu schließen und sämtliche führenden Figuren des Clubs hinrichten zu lassen. Sie nähren sich von jenen, die ihr Blut nicht freiwillig geben. Sie gefährden den Erfolg unserer Verhandlungen mit den Atmern.«
Roman schob mich sanft von seinem Schoß und stand auf. Energie wirbelte knisternd um ihn, als er seine Macht erweckte. Instinktiv wich ich zurück. Wenn ich noch einen Puls gehabt hätte, wäre der jetzt vor Angst gerast.
»Terrance wagt es, meine Autorität in Frage zu stellen. Menolly, weißt du, wer ich wirklich bin?« Er lächelte, kalt und berechnend.
Ich schüttelte langsam den Kopf und hörte die Elfenbeinperlen in meinen Afrozöpfen klappern. »Nur, dass du Roman heißt … und wesentlich mehr Macht besitzt, als ich anfangs dachte.«
»Ach, Menolly«, sagte er leise. »Meine liebe Menolly. Ich bin Roman, Fürst des Vampirvolks, ältester Sohn der Blodweyn – der Mutter Königin des Purpurnen Schleiers. Und ich bin ihr Thronerbe.« Dann begann er zu lachen.
Kapitel 5
» Blodweyn?« Der Schauer, der mir jetzt über den Rücken rann, brauchte keine Kälte, um mich erzittern zu lassen. Ich hatte nur
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