Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
gerüchteweise von Blodweyn gehört, der legendär schrecklichen Vampirkönigin, deren Name bis in die dunklen Tiefen der Zeit zurückreichte. Ob der Vampirismus mit ihr begonnen hatte oder sie nur diejenige gewesen war, die ihn der Welt als Erste zur Beachtung brachte – Blodweyn war der erste Vampir, dessen Name sowohl den Lebenden als auch den Untoten Furcht und Entsetzen eingeflößt hatte.
Lange vor der Spaltung war sie in allen Landen bekannt gewesen, doch nachdem die Welten auseinandergerissen worden waren und die Feen sich in mehrere Gruppen aufgespaltet hatten, als die Menschen begannen, die Erdwelt für sich zu beanspruchen, da zog Blodweyn sich in die Schatten zurück.
Sie war noch immer bekannt, doch sie hatte sich in eine Ecke verkrochen wie eine Spinne, um abzuwarten, wie die nächsten paar Jahrhunderte sich entwickeln würden. Ich hatte von ihr gehört, doch wie die meisten Vampire, die ich kannte, war ich davon ausgegangen, dass sie inzwischen ihren Platz in der Unterwelt eingenommen hatte. Aber die Welt hatte sich verändert. Ihr Volk spielte nicht länger die Leiche im Keller, sondern gab sich offen zu erkennen. Und anscheinend wandelte die Königin des Purpurnen Schleiers wieder unter den lebenden Toten.
»Deine Meisterin ist Blodweyn?« Ich starrte Roman an. Kein Wunder, dass er so mächtig und so uralt war. Er war unermesslich alt. Und er lebte in Seattle. In einem palastartigen Anwesen. Mein Verstand konnte in einem einzigen Gespräch nur eine gewisse Menge an Information aufnehmen, und ich hatte das Gefühl, dass die Grenze beinahe erreicht war.
»Ja – und mehr. Blodweyn ist meine Mutter. Sie wurde erst zu meiner Meisterin, nachdem sie selbst erweckt wurde. Daraufhin verwandelte sie all ihre Kinder. Wir sind acht, über die ganze Welt verstreut. Ich bin der Älteste.« Er rieb die Armlehne seines Sessels. »Die Vampyri sind wahrhaftig die Söhne und Töchter der Blodweyn, in jeder denkbaren Hinsicht.«
Langsam wich ich zu meinem Sessel zurück. Sie hatte ihre eigenen Kinder verwandelt? Mir wurde ein bisschen schlecht. »Wart ihr in Gefahr? Oder hat sie einfach beschlossen, euch alle in ihr untotes Dasein mitzunehmen?«
Roman griff nach seinem Zigarillo, betrachtete ihn kurz und drückte ihn dann aus. »Blodweyn war eine sehr besitzergreifende Mutter. Nach ihrer Erweckung ließ sie nicht viel Zeit verstreichen, ehe sie uns angriff. Uns acht, alle – sie befahl den Wachen, uns festzuhalten, und nährte sich dann von uns, bis wir dem Tode nahe waren. Dann zwang sie uns natürlich, aus ihren Adern zu trinken. Ich hatte Glück. Ich war der Älteste. Aber meine jüngsten Geschwister – eine Schwester und ein Bruder, Zwillinge … sie waren erst zwölf Jahre alt.« Er klang beinahe traurig, und seine Augen wirkten verschleiert. »Sie sind dazu verdammt, auf ewig kurz vor der Pubertät zu leben. Sie wandten sich gegen unsere Mutter und liefen zusammen weg. Zuletzt habe ich vor fünfhundert Jahren etwas von ihnen gehört, nachdem sie ein Dorf in Frankreich terrorisiert und zerstört hatten.«
»Warum? Warum hat sie ihren eigenen Kindern so etwas angetan?« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand, der seine Kinder liebte, auch nur auf den Gedanken käme, sie in Ungeheuer zu verwandeln.
»Sie wollte ein Imperium errichten, das die Ewigkeit überdauern würde. Sie wollte uns für immer bei sich behalten, und man kann sagen, dass ihr das gelungen ist. Zumindest, was unsere Lebensspanne betraf. Doch wir gingen von zu Hause fort, statt ihr dabei zu helfen, das ersehnte Königreich zu erschaffen. Im Lauf der Jahre baute sie sich dennoch ihr Reich auf, und ihre Kinder … nun, wir kehrten schließlich zu ihr zurück, aber zu unseren Bedingungen.«
»Ihr alle?«
Er zögerte kurz und erklärte dann: »Zwei meiner Brüder hängen an ihrem Rockzipfel. Wenn wir von Anfang an zusammengeblieben wären, würden wir inzwischen die ganze Welt beherrschen. Wir Übrigen erklärten uns bereit, ihr als Gesandte zu dienen, ihre Herrschaft zu stützen, aber nicht vom Sitz des Throns aus. Sie war erzürnt, stimmte jedoch schließlich zu. Sie wollte ihre Herrschaft aller Welt sichtbar machen, aber sie musste sich mit einer weniger schillernden Existenz zufrieden- geben. Nun regiert sie aus den Schatten heraus und lässt die Sterblichen ihre Angelegenheiten selbst regeln.«
»Ihr habt entschieden, die Menschheit nichts von euch wissen zu lassen.«
Ein Nicken. »Hätten wir ihrem Wunsch nachgegeben, über
Weitere Kostenlose Bücher