Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
einfach zu viel … zu viele Vasen mit zu vielen Rosen, die ihren Duft verströmten, zu viele Gemälde an den Wänden, zu viele Kissen und Decken auf den Sesseln und dem Sofa.
»Sie dürfen den Herrn gleich erwarten«, flüsterte die rehäugige Frau. Sie war ein recht junger Vampir, dessen war ich mir sicher, aber alt genug, um kurz innezuhalten, mir einen langen Blick zuzuwerfen und dann anzüglich zu lächeln, ehe sie hinausschlüpfte.
Mir war klar, wie das lief. Roman würde mich so lange warten lassen, bis ich mich ein wenig unwohl fühlte, um dann urplötzlich direkt neben mir aufzutauchen. Er war so alt, dass er keinerlei Geräusch verursachte, und bewegte sich schneller, als ich es je bei einem anderen Vampir gesehen hatte. Er war älter als Dracula und älter, als Dredge gewesen war.
»Denkst du an etwas Bestimmtes?« Eine sanfte Stimme drang aus einer Ecke zu mir herüber, und ich wirbelte herum und starrte in zwei leuchtende Augen in der Dunkelheit. Als er aus den Schatten trat, erstarrte ich und fühlte mich wieder einmal wie ein Reh im Scheinwerferkegel.
Roman war genau so, wie ich ihn im Traum gesehen hatte. Offenbar hatte ich das nicht vergessen. Er war etwa eins achtzig groß, schlank, aber muskulös, und er trug einen Hausrock aus schwarzem Samt zu einer edlen Hose. Sein Haar, satt schokoladenbraun, war zum Pferdeschwanz zurückgebunden, die Augen beinahe weiß – je länger ein Vampir lebte, desto mehr verblassten seine Augen. Meine färbten sich bereits grau. Seine waren milchig weiß, doch ein Funkeln hob die Iris vom weißen Augapfel ab, und ein schmaler, schwarzer Schlitz erinnerte mich an die Pupillen einer Katze.
Roman streckte die Hand aus. In Gold gefasste Saphire schmückten die Manschetten des Samtmantels. Den passenden Anhänger trug er an einer breiten Goldkette um den Hals.
»Menolly. Sehr freundlich, dass du gekommen bist.« Er bedeutete mir, Platz zu nehmen, und ich suchte mir einen Sessel aus, so dass er sich nicht direkt neben mich setzen konnte. Ich traute ihm nicht. Ein so alter Vampir musste einen großen Teil seiner Menschlichkeit verloren haben.
»Du hast mich um Hilfe gebeten, doch ich lasse dich herkommen, um dir eine Aufgabe zu übertragen.« Seine Stimme war leise, seidig, sahnig, und er lächelte. »Du wirst mir doch behilflich sein?«
Seine Ausstrahlung hatte mich gefesselt, doch es war reine Vernunft, die mich nicken ließ. Wenn ein so alter Vampir einen zu sich nach Hause einlud und um einen Gefallen bat, sagte man einfach ja. Erst wenn man irgendwie wieder weggekommen war, konnte man sich überlegen, wie man sich aus dieser Verpflichtung herauswinden könnte.
»Was willst du?«
Roman lehnte sich zurück, holte eine dünne Zigarre aus der Tasche, zündete sie an, inhalierte den Rauch jedoch nicht, sondern sammelte ihn im Mund und stieß zarte, perfekte Rauchringe aus, wobei die Spitzen seiner Fangzähne hervorblitzten. Ich starrte auf seinen Mund, der ein vollkommen rundes O formte, und ertappte mich dabei, wie ich mir mit der Zunge über die Lippen fuhr. Oh, er war der reinste Honig, und ich fühlte mich wie Winnie Puuh. Nach einer Weile legte er sein Zigarillo in einem Aschenbecher ab.
»Was ich will? Ich will, dass du einen Mord verhinderst.«
»Wer ist in Gefahr?« Ich riss meine Gedanken aus schamlosen Niederungen und versuchte, mich auf seine Worte zu konzentrieren. Ich konnte nur beten, dass die Bedrohung nicht meinen Schwestern und mir galt.
»Wade Stevens. Dein Freund.«
Wade! Wade, der viel dafür getan hatte, mich in die Vampirszene in Seattle einzuführen, nur um sich dann von mir abzuwenden? Mein Jähzorn flammte auf.
»Wade und ich reden kein Wort mehr miteinander.« Aber weil ich nicht anders konnte, fragte ich: »Wer will ihn denn umbringen? Terrance?«
»Nein«, antwortete Roman leise. »Aber wenn er seine Kandidatur nicht zurückzieht, werde ich ihm persönlich einen Pflock durch die Brust stoßen. Oder jemanden damit beauftragen.«
Was zum …? Ich starrte ihn an und wartete darauf, dass er in Lachen ausbrach oder das sonst wie als Scherz deklarierte, doch es kam nichts.
»Du kannst Wade nicht töten. Er ist einer von den guten Jungs«, sprudelte es aus mir heraus, ehe ich mich beherrschen konnte.
»Doch, ich kann, und ich werde es tun, wenn er nicht Vernunft annimmt und aus der Wahl ausscheidet. Bring ihn zur Vernunft. Deshalb habe ich dich herkommen lassen. Zumindest ist das einer der Gründe.« Er beugte sich vor und sah mir in
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