Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
in Richtung Tür, als mir einfiel, dass ich mit ihm auch über Sassy reden sollte.
»Eines noch. Wir haben ein Problem mit Sassy.« Ich berichtete ihm, was Erin mir erzählt hatte.
Wades sanftes Lächeln wich einem finsteren Stirnrunzeln. »O nein, nicht Sassy … Aber das überrascht mich nicht. Sie hat die Anonymen Bluttrinker verlassen, als ich dich ausgeschlossen habe, weißt du? Aber schon vorher habe ich eine gewisse Schärfe an ihr bemerkt. Ich fürchte, wir haben sie verloren.«
»Ich musste ihr versprechen … falls das Raubtier je die Oberhand gewinnen sollte …« Ich beendete den Satz nicht, doch Wade nahm den Faden auf.
Blutige Tränen traten ihm in die Augenwinkel, und er kniff die Augen zu. »Ach, Menolly. Du hast ihr dein Wort gegeben?«
Ich nickte.
»Dann musst du es halten. Sassy würde nicht wollen, dass ihr Andenken mit dem Blut Unschuldiger besudelt wird. Wenn sie bei klarem Verstand wäre …« Er sprach nicht weiter, doch sein Blick sagte mir alles, was ich wissen musste. Ich presste die Lippen zusammen, hob zum Abschied eine Hand und sah ihm nach, als er die Bar verließ.
Es war zu spät, um Ivana anzurufen, also vergewisserte ich mich, dass es Erin gutging – sie putzte und wischte mit eifrig strahlenden Augen und wirkte glücklich und zufrieden. Also entschied ich, dass es an der Zeit war, Sassy gegenüberzutreten.
Ich ging zu Chrysandra und sagte ihr: »Ich bin bald zurück, aber wahrscheinlich erst, wenn die Bar schon geschlossen ist. Eine dringende Sache muss ich noch erledigen. Behalte alles im Auge, und falls du Hilfe brauchst – Tavah ist im Keller.«
Als ich zu meinem Jaguar hinauseilte, fiel mir auf, dass ich gern wieder mehr Zeit hinter der Bar verbracht hätte. Diese Arbeit gefiel mir, ich fühlte mich wohl dabei, Gäste zu bedienen und mir traurige Geschichten anzuhören, obwohl ich darüber meist die Augen verdrehte, sobald ich mich abwandte. Aber im Moment musste ich mich um dunklere Angelegenheiten kümmern. Auf der Fahrt zu Sassys Haus bemühte ich mich, nicht über die bevorstehende Konfrontation nachzudenken.
Sassy Branson. Society-Lady. Altes Geld, von ihrem geliebten, verflossenen Ehemann geerbt. Geoutete Lesbe. Vampirin. Und bis vor kurzem eine der Stützen der Anonymen Bluttrinker.
Sicher, wir hatten alle unsere eigene Definition, wer ein unschuldiges Opfer war, aber solange ich sie kannte, hatte Sassy sich ausschließlich von freiwilligen Spendern und Blut von der Blutbank genährt. Jetzt hatte sie die Grenze überschritten.
Eine Erinnerung schoss mir durch den Kopf – an eine Szene vor ein paar Monaten, als ich mich in ihrem Wohnzimmer mit ihr unterhalten hatte.
Ich starrte in den Kelch voll rotem Feuer. »Warum bist du nicht auf die Jagd gegangen?«
Sassy räusperte sich. Ich blickte zu ihr auf, und sie hielt meinen Blick fest.
»Weil ich es zu sehr genieße. Ich rutsche ab. Nur ein bisschen, Menolly, aber es macht mir schreckliche Angst. Deshalb ist Erin so gut für mich. Sie erinnert mich daran, wie wichtig das Training ist. Ihr zu helfen, hilft auch mir.« Sie zögerte und fuhr dann fort: »Ich möchte, dass du mir etwas versprichst. Ich habe keine Familie, also betrachte es als meinen Lohn dafür, dass ich Erin helfe. Wenn es so weit ist …«
Ich wusste, worum sie mich bitten würde, denn ich hatte Camille dasselbe Versprechen abgenommen. »Falls die Zeit kommt, ja, ich verspreche es. Ich werde es schnell tun. Du wirst nicht leiden, und du wirst auch niemand anderem mehr Leid zufügen.«
Ich verdrängte die Erinnerung an mein Versprechen, bog in die Einfahrt ab und hielt vor dem Tor. Sassys Villa lag in Green Lake – weit weg vom finsteren Greenbelt Park District – und war nur als herrschaftlich zu bezeichnen.
Ich ließ das Seitenfenster herunter, streckte den Arm heraus und drückte auf den Klingelknopf. Gleich darauf meldete sich Sassy selbst über die Sprechanlage, was sehr ungewöhnlich war. Janet, die Sassy schon ihr Leben lang als Dienstmädchen und Sekretärin begleitete, bediente sonst die Sprechanlage.
»Ja? Wer ist da?« Sie klang argwöhnisch, aber vielleicht projizierte ich auch nur meine Sorgen auf sie.
»Menolly. Ich muss mit dir reden, Sassy.«
Nach einer scheinbaren Ewigkeit sprang das Schloss mit einem Klicken auf, und das Tor schwang langsam nach innen. Schweigend fuhr ich hindurch, den Blick auf die Lichter gerichtet, die in dem riesigen Haus schimmerten. Die Villa stand weit von der Straße zurückversetzt
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