Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
du sicher, dass du diesen Schritt gerade jetzt gehen willst, wo du deinen Job verloren hast?«
Sie nickte. »Ich habe mir das gründlich überlegt. Ich wollte mich sowieso trennen. Jetzt scheint mir der richtige Zeitpunkt zu sein. Als unverheiratetes Weibchen stehe ich in der Hierarchie ganz unten, gerade noch über den unverheirateten Männchen. Ohne Venus Mondkind könnte man meinen, wir stecken in den Fünfzigern fest, was meine Rechte angeht. Ganz zu schweigen davon, dass ich eine Beziehung mit einer Vampirin führe.«
Delilah räusperte sich. »Ja, das könnte allerdings Probleme geben.«
Nerissa schnaubte. »Tja, gegen bisexuelle Schamanen hat das Rudel nichts einzuwenden, aber beim gewöhnlichen Fußvolk sieht das wieder ganz anders aus. Und ihr wisst ja, was sie von euch dreien halten. Jeden Tag muss ich mir irgendwelche bissigen Bemerkungen anhören, und es hängt mir zum Hals raus. Heute Nachmittag habe ich mir noch einmal diese Wohnung angesehen, die mir Anfang des Monats so gut gefallen hat. Ich habe sie von einem Fachmann überprüfen lassen, und sie ist in Ordnung. Also werde ich sie kaufen, dann wohne ich in Zukunft in meinen eigenen vier Wänden keine drei Kilometer von hier.«
Eine weitere Bombe war geplatzt.
»Kannst du dir denn die Finanzierung leisten?« Delilah neigte dazu, unverblümte Fragen zu stellen, aber ich war froh, dass sie danach gefragt hatte, nicht ich. Ich wollte meine Freundin unterstützen, wo ich nur konnte, aber ich fürchtete, sie könnte einen Fehler machen, sich vielleicht übernehmen.
Nerissa warf ihr ein verschmitztes Lächeln zu. »Ach so, das wisst ihr ja gar nicht. Ich bin so daran gewöhnt, es geheim zu halten, dass ich es einfach niemandem erzähle.«
»Was? Bist du eine reiche Erbin?«, fragte Chase lachend.
»Das könnte man so sagen«, entgegnete Nerissa ebenfalls lachend. »Vor zwei Jahren habe ich ein hübsches Sümmchen von der Tante meiner Mutter geerbt. Großtante Lucy war ein VBM – sie hat in das Rudel eingeheiratet, aber mit meinem Großonkel in der Stadt gelebt. Jedenfalls hatte sie ein Herz für Werwesen.«
Ich starrte sie an. »Soll das heißen, dass ich mir eine reiche Freundin geangelt habe?« Ich grinste sie mit leicht ausgefahrenen Fangzähnen an, lehnte mich zurück und dachte erleichtert, dass Nerissa zumindest für sich selbst würde sorgen können, wenn es sein musste. Kein Wunder, dass sie sich so in einem Beruf engagiert hatte, in dem sie nur einen Bruchteil dessen verdiente, was sie anderswo hätte haben können – sie konnte es sich leisten, das zu tun, was ihr am Herzen lag.
»Tja, davon weiß kaum jemand. Ich wollte nicht, dass die Jungs im Rudel mich des Geldes wegen umwerben, und viele von denen würden das als guten Grund ansehen, mich zu heiraten. Außerdem wollte ich nicht, dass der Ältestenrat eine Ehe für mich arrangiert, um an mein Erspartes heranzukommen, das dann meinem Mann gehören würde. Ohne Venus und Zach habe ich dort kaum noch jemanden, der mich unterstützt.«
Ich lehnte mich kopfschüttelnd zurück. Veränderungen, plötzlich und überall. Dann sprang ich lachend auf und küsste sie. »Jetzt wird uns niemand mehr wegen unserer Beziehung zusetzen, und wir können uns viel öfter sehen.« Ich hatte ihr noch nicht von Roman erzählt. Hoffentlich würde das die Freude nicht trüben.
»Weißt du was?«, sagte Chase und musterte sie nachdenklich. »Ich habe eine Stelle zu besetzen – die Opferberatung der AETTs. Beratung und Unterstützung für Opfer von Gewaltverbrechen – was für Rechte haben sie, an wen können sie sich wenden und so weiter. Könnte genau das Richtige für dich sein. Ich kann selbst entscheiden, wen ich einstelle. Schick mir doch morgen mal deinen Lebenslauf, wenn du möchtest.«
Nerissa klatschte in die Hände. »Das wäre eine höchst willkommene Abwechslung. Vielleicht hätte ich dann endlich mal das Gefühl, tatsächlich etwas zu bewirken. Ich finde es grässlich, nur ein Rädchen in der bürokratischen Maschinerie zu sein, Papier hin und her zu schieben, ohne irgendjemandem konkret zu helfen.«
»Dann komm morgen im Büro vorbei, und wir unterhalten uns in Ruhe darüber.« Chase zwinkerte mir zu. »Deine Freundin verkörpert genau das, was wir bei den AETTs brauchen.«
Unwillkürlich lächelte ich ihn an. Diesmal hatte der Detective sich wirklich selbst übertroffen. Außerdem wurde mir klar, dass ich ihn viel lieber mochte, seit er und Delilah sich getrennt hatten. Es war, als
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