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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sich.
    »Warten Sie! Warten Sie! « Sie schaltete die Taschenlampe ein. Begann mit den Fäusten an die Decke zu hämmern. »Kommen Sie zurück, verdammt! Kommen Sie zurück!« Sie lauschte mit pochendem Herzen. Und lachte fast vor Erleichterung, als sie hörte, wie sich die Schritte wieder näherten. Konnte man sich etwas Erbärmlicheres vorstellen? Jetzt war sie schon so weit, dass sie um seine Aufmerksamkeit betteln musste, wie eine verschmähte Geliebte.
    »Sie sind wach«, sagte er.

    »Haben Sie mit meinem Mann geredet? Wann wird er Sie bezahlen?«
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Warum beantworten Sie nicht meine Fragen?«
    »Beantworten Sie zuerst meine.«
    »Oh, mir geht’s einfach blendend !«
    »Und dem Baby?«
    »Ich habe bald nichts mehr zu essen. Ich brauche mehr Lebensmittel.«
    »Sie haben genug.«
    »Entschuldigen Sie bitte, aber ich hocke schließlich hier unten und nicht Sie! Ich bin am Verhungern. Wie wollen Sie denn an Ihr Geld kommen, wenn ich tot bin?«
    »Regen Sie sich nicht auf, Lady. Ruhen Sie sich schön aus. Alles wird gut.«
    »Von wegen! Das hier ist alles andere als gut!«
    Keine Antwort.
    »Hallo? Hallo? «, schrie sie.
    Die Schritte entfernten sich wieder.
    »Warten Sie!« Sie schlug an die Decke. »Kommen Sie zurück!« Mit beiden Fäusten bearbeitete sie die Bretter. Eine rasende Wut erfüllte sie plötzlich. Noch nie in ihrem Leben war sie so wütend gewesen. »Das können Sie nicht mit mir machen!«, schrie sie. »Ich bin doch kein Tier !« Sie ließ sich gegen die Kistenwand sinken, mit wunden, schmerzenden Händen, von heftigen Schluchzern geschüttelt. »Ich scheiß auf dich«, stieß sie hervor. »Ich scheiß auf dich. Und auf Dwayne. Und auf alle anderen dreckigen Schweine auf dieser Welt!«
    Erschöpft brach sie zusammen. Sie lag auf dem Rücken, fuhr sich mit dem Arm über die Augen, um die Tränen zu trocknen. Was will er von uns? Inzwischen muss Dwayne ihm doch längst das Lösegeld bezahlt haben. Warum bin ich dann immer noch hier unten? Worauf wartet er noch?
    Das Baby gab ihr einen Tritt. Sie presste die Hand auf ihren Bauch, eine beruhigende Geste, übertragen durch die
Hautschichten, die sie trennten. Sie spürte, wie ihre Gebärmutter sich verkrampfte; die ersten Zuckungen einer Wehe. Armes Ding. Armes …
    Baby.
    Ein Gedanke ließ sie erstarren. Sie erinnerte sich an ihre Gespräche mit dem Entführer durch den Lüftungsschlitz. Kein einziges Mal hatte er Dwayne erwähnt. Nie hatte er von Geld gesprochen. Das ergab keinen Sinn. Wenn dieses Schwein Geld wollte, musste er sich doch an Dwayne wenden. Aber er stellt keine Fragen über meinen Mann. Er spricht nie über Wayne. Was, wenn er ihn noch gar nicht angerufen hat? Was, wenn er gar kein Lösegeld von ihm verlangt hat?
    Aber was will er dann?
    Das Licht der Taschenlampe wurde schwächer. Der zweite Satz Batterien würde bald leer sein. Zweimal konnte sie noch wechseln, dann würde sie in permanenter Dunkelheit versinken. Diesmal geriet sie nicht in Panik, als sie in die Einkaufstüte griff und eine neue Packung aufriss. Ich habe das schon einmal gemacht; ich schaffe es auch ein zweites Mal. Sie schraubte den Deckel ab, ließ mit ruhiger Hand die alten Batterien herausgleiten und setzte die neuen ein. Helles Licht strahlte hervor, gewährte ihr eine kurze Gnadenfrist vor der ewigen Nacht, von der sie befürchtete, dass sie bald hereinbrechen würde.
    Alle Menschen müssen sterben. Aber ich will nicht in dieser Kiste sterben und begraben sein, wo niemand je meine Knochen finden wird.
    Schon die Batterien, spar dir das Licht auf, so lange es geht. Sie schaltete die Lampe aus und lag im Dunkeln, spürte, wie die Angst langsam näher rückte und ihre Fangarme immer fester um sie schlang. Niemand weiß etwas, dachte sie. Niemand weiß, dass ich hier bin.
    Hör auf damit, Mattie. Reiß dich zusammen. Du bist die Einzige, die dir jetzt helfen kann.
    Sie drehte sich auf die Seite und schlang die Arme um die
Brust. Da hörte sie etwas über den Boden rollen. Eine der verbrauchten Batterien. Nutzloser Ballast.
    Was ist, wenn niemand weiß, dass ich entführt worden bin? Wenn niemand weiß, dass ich noch am Leben bin?
    Sie dachte an die Gespräche, die sie mit ihrem Entführer gehabt hatte. Wie geht es Ihnen? Das hatte er sie jedes Mal gefragt; immer hatte er sich nach ihrem Befinden erkundigt. Als ob ihn das interessierte. Als ob ein Mensch, der eine schwangere Frau in eine Kiste sperrte, sich die Bohne dafür interessierte, wie

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