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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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es ihr ging. Aber immer hatte er diese Frage gestellt, und immer hatte sie ihn angefleht, sie doch endlich herauszulassen.
    Er will eine andere Antwort hören.
    Sie zog die Knie an und stieß dabei mit dem Fuß an einen Gegenstand, der darauf ins Rollen kam. Sie setzte sich auf, schaltete die Lampe ein und begann die lose herumliegenden Batterien aufzusammeln. Sie hatte vier alte, und dazu die zwei neuen, die noch in der Verpackung waren. Sie schaltete das Licht wieder aus. Sparsam mit dem Licht; immer sparsam mit dem Licht.
    Im Dunkeln machte sie sich daran, ihre Schnürsenkel aufzubinden.

24
    Dr. Joyce P. O’Donnell kam in den Besprechungsraum der Mordkommission gerauscht, als ob der ganze Laden ihr gehörte. Ihr schickes St.-John’s-Kostüm hatte vermutlich mehr gekostet, als Rizzoli in einem ganzen Jahr für Klamotten ausgab. Acht Zentimeter hohe Absätze unterstrichen ihre ohnehin schon majestätische Statur. Dass drei Kriminalbeamte sie kritisch beäugten, als sie am Tisch Platz nahm, schien sie nicht im Geringsten aus der Fassung zu bringen. Sie hatte die Gabe, sofort das Kommando zu übernehmen, wenn sie einen Raum betrat, und Rizzoli konnte nicht umhin, sie für dieses Talent zu bewundern, wenngleich sie die Frau im Grunde verachtete.
    Die Antipathie beruhte offenbar auf Gegenseitigkeit. O’Donnell warf Rizzoli einen eisigen Blick zu, sah dann flüchtig in Barry Frosts Richtung und wandte schließlich ihre ganze Aufmerksamkeit Lieutenant Marquette zu, dem ranghöchsten Beamten der Mordkommission. Klar, dass sie sich auf Marquette konzentrierte; eine Frau wie O’Donnell hielt sich nicht mit Untergebenen auf.
    »Mit dieser Einladung hatte ich nicht gerechnet, Lieutenant«, sagte sie. »Es kommt nicht oft vor, dass ich ins Präsidium gebeten werde.«
    »Der Vorschlag kam von Detective Rizzoli.«
    »Umso erstaunlicher – in Anbetracht der Umstände.«
    Besonders des Umstands, dass wir auf verschiedenen Seiten stehen, dachte Rizzoli. Ich fange die Ungeheuer, du verteidigst sie.
    »Aber wie ich Detective Rizzoli bereits am Telefon sagte«, fuhr O’Donnell fort, »kann ich Ihnen nur helfen, wenn Sie auch mir helfen. Wenn Sie wollen, dass ich Ihnen helfe, die ›Bestie‹ zu finden, dann müssen Sie mir
sämtliche Informationen zur Verfügung stellen, die Ihnen vorliegen.«
    Statt einer Antwort schob Rizzoli O’Donnell eine Akte zu. »Das ist alles, was wir bislang über Elijah Lank wissen.« Sie bemerkte das begierige Glänzen in den Augen der Psychiaterin, als sie nach der Mappe griff. Das war es, was O’Donnell antrieb: die Hoffnung, einen Blick auf das Ungeheuer zu erhaschen. Die Chance, so nahe wie möglich an das schlagende Herz des Bösen heranzukommen.
    O’Donnell schlug die Akte auf. »Seine High-School-Unterlagen.«
    »Aus Fox Harbor.«
    »Ein IQ von 136. Aber nur durchschnittliche Noten.«
    »Der typische ›Underachiever‹.« Könnte Großes leisten, wenn er sich nur anstrengt , hatte eine Lehrerin geschrieben, ohne zu ahnen, auf welchem Gebiet Elijah Lank sich einmal hervortun würde. »Nach dem Tod seiner Mutter hat sein Vater Hugo ihn allein großgezogen. Der Vater hat sich nie lange in einem Job gehalten. Anscheinend hat er mehr Zeit mit der Schnapsflasche verbracht als mit irgendetwas sonst, und er starb an Pankreatitis, als Elijah achtzehn Jahre alt war.«
    »Und das ist der Haushalt, in dem auch Amalthea aufgewachsen ist.«
    »Genau. Sie kam mit neun zu ihrem Onkel, nachdem ihre Mutter gestorben war. Niemand wusste so genau, wer ihr Vater war. Da haben wir also die Lank-Familie aus Fox Harbor. Ein alkoholkranker Onkel, ein soziopathischer Cousin und ein Mädchen, das zur Schizophrenen heranwuchs. Ganz die glückliche, gesunde amerikanische Familie.«
    »Sie nannten Elijah einen Soziopathen?«
    »Wie würden Sie denn einen Jungen nennen, der nur so aus Spaß eine Klassenkameradin lebendig begräbt?«
    O’Donnell blätterte zur nächsten Seite um. Jedem anderen hätte bei der Lektüre dieser Akte das Entsetzen im Gesicht gestanden, doch ihre Miene verriet nur eines: Faszination.

    »Das Mädchen, das er begrub, war damals erst vierzehn«, sagte Rizzoli. »Alice Rose war die Neue an der Schule. Und sie war zudem hörbehindert, weshalb sie von den anderen Kindern gemobbt wurde. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb Elijah auf sie verfiel. Sie war verletzlich, eine leichte Beute. Er lud sie zu sich nach Hause ein, und dann führte er sie durch den Wald zu einer Grube, die er

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