Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
geflüstert, dass Maura sich fragte, ob sie sich nicht verhört hatte. Sie schluckte. Atmete tief durch. Der Blick dieser unergründlichen schwarzen Augen ging ihr durch Mark und Bein. In ihnen lag kein Wahnsinn, nur unendliche Leere.
    »Du bist genauso wenig verrückt wie ich«, sagte Maura. »Aber du hast Angst, dass irgendjemand dahinter kommen könnte. Es ist viel leichter, sich einfach hinter der Maske der Schizophrenie zu verstecken. Es ist leichter, die Psychotikerin zu spielen, weil Verrückte in der Regel in Ruhe gelassen werden. Niemand macht sich die Mühe, jemanden wie dich zu verhören. Sie bohren nicht weiter, weil sie glauben, dass alles sowieso nur Hirngespinste sind. Und jetzt geben sie dir noch nicht einmal mehr Medikamente, weil
du es so gut verstehst, die Nebenwirkungen zu simulieren.« Maura zwang sich, tiefer in diesen Abgrund hineinzublicken. »Sie wissen nicht, dass die Bestie wirklich existiert. Aber du weißt es. Und du weißt auch, wo er ist.«
    Amalthea saß weiter vollkommen reglos da, doch ihre Gesichtszüge hatten sich gestrafft. Die Muskeln um ihren Mund herum waren angespannt, und die Sehnen an ihrem Hals traten hervor wie stramme Taue.
    »Das war deine einzige Chance, nicht wahr? Auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Du konntest die Beweise nicht wegdiskutieren – das Blut an deinem Montiereisen, die gestohlenen Brieftaschen. Aber wenn du sie davon überzeugst, dass du an einer Psychose leidest, dann bleiben dir vielleicht genauere Nachforschungen erspart. Vielleicht bleiben ihnen dann deine ganzen anderen Opfer verborgen. Die Frauen, die du in Florida und in Virginia ermordet hast. In Texas und in Arkansas. In Staaten mit der Todesstrafe.« Maura beugte sich noch weiter vor. »Warum lieferst du ihn nicht einfach ans Messer, Amalthea? Schließlich hat er dich alles allein ausbaden lassen. Und er ist immer noch auf freiem Fuß und mordet weiter. Er macht ohne dich weiter, zieht weiter auf eurer alten Route und sucht dieselben Jagdgründe auf. Gerade erst hat er wieder eine Frau entführt, in Natick. Du könntest ihm das Handwerk legen, Amalthea. Du könntest dem Ganzen ein Ende machen.«
    Amalthea schien mit angehaltenem Atem zu warten.
    »Schau dich doch an – hier sitzt du im Gefängnis«, sagte Maura und lachte. »Was für eine Versagerin du doch bist. Warum musst du hier schmoren, während Elijah frei herumläuft?«
    Amalthea blinzelte. Von einer Sekunde auf die andere schien alle Erstarrung von ihren Muskeln abzufallen.
    »Sprich mit mir«, drängte Maura. »Außer uns ist niemand hier im Zimmer. Nur du und ich.«
    Amaltheas Blick richtete sich auf die Videokamera, die in der Zimmerecke montiert war.

    »Ja, sie können uns sehen«, sagte Maura. »Aber hören können sie uns nicht.«
    »Alle können uns hören«, flüsterte Amalthea. Sie fixierte Maura. Der Blick aus den unergründlichen Augen war jetzt kalt und beherrscht. Und erschreckend klar – so, als blickte mit einem Mal ein völlig neues Wesen aus diesen Augen. »Warum bist du hier?«
    »Weil ich es wissen will. Hat Elijah meine Schwester getötet?«
    Eine lange Pause. Und dann, zu Mauras Befremden, ein amüsiertes Blitzen in diesen kalten Augen. »Warum hätte er das tun sollen?«
    »Du weißt, warum Anna ermordet wurde. Nicht wahr?«
    »Warum fragst du mich nicht etwas, worauf ich eine Antwort weiß? Die Frage, wegen der du eigentlich gekommen bist.« Amaltheas Stimme war leise, ihr Ton vertraulich. »Es geht um dich, Maura, nicht wahr? Was ist es, was du wissen willst?«
    Maura starrte sie an, ihr Herz hämmerte wild. Eine einzige Frage stieg in ihrer Kehle auf wie ein würgender Schmerz. »Ich will von dir wissen …«
    »Ja?« Nur ein Murmeln, leise wie eine Stimme in Mauras Kopf.
    »Wer ist meine wahre Mutter?«
    Ein Lächeln zuckte um Amaltheas Mundwinkel. »Willst du behaupten, dass du die Ähnlichkeit nicht siehst?«
    »Sag mir ganz einfach die Wahrheit.«
    »Sieh mich an. Und dann schau in den Spiegel. Da hast du deine Wahrheit.«
    »Ich kann nichts von mir in dir erkennen.«
    »Aber ich erkenne mich in dir .«
    Maura lachte auf und war selbst überrascht, dass das Lachen ihr nicht im Hals stecken blieb. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich überhaupt gekommen bin. Dieser Besuch ist die reinste Zeitverschwendung.« Sie stieß ihren Stuhl zurück und begann aufzustehen.

    »Macht es dir Spaß, mit Leichen zu arbeiten, Maura?«
    Die Frage verblüffte Maura so, dass sie in der Bewegung innehielt.
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher