Schwesternmord
warum.«
»Sagen Sie es mir.«
»Fragen Sie lieber ihn . Er soll Ihnen den Rest der Geschichte selbst erzählen.«
Als sie in die Küche zurückkam, sah sie, dass er inzwischen den Tisch abgeräumt und die Hummerschalen in eine Abfalltüte geworfen hatte. Er stand am Spülbecken und wusch sich die Hände, ohne zu merken, dass sie ihn von der Tür aus beobachtete.
»Was wissen Sie über Amalthea Lank?«, fragte Maura.
Er wurde stocksteif. Wandte ihr weiter den Rücken zu und schwieg lange. Schließlich griff er nach einem Geschirrtuch und trocknete sich betont langsam die Hände ab. Er versucht Zeit zu gewinnen, bevor er mir antwortet, dachte sie. Aber es gab keine Ausrede, die sie akzeptieren würde; nichts, was er sagte, konnte das Misstrauen zerstreuen, das in ihr geweckt worden war.
Endlich drehte er sich zu ihr um. »Ich hatte gehofft, dass Sie es nicht herausfinden würden. Amalthea Lank ist eine Frau, die Sie lieber nicht kennen lernen möchten, Maura.«
»Ist sie meine Mutter? Verdammt noch mal, sagen Sie mir die Wahrheit!«
Ein widerstrebendes Nicken. »Ja. Das ist sie.«
So, jetzt war es heraus. Er hatte es bestätigt. Wieder verstrichen einige Sekunden, während sie die Tatsache zu verarbeiten suchte, dass er ihr eine so bedeutende Information vorenthalten hatte. Die ganze Zeit über beobachtete er sie mit besorgter Miene.
»Warum haben Sie mir das nicht gesagt?«, fragte sie.
»Ich habe nur an Sie gedacht, Maura. An das, was in Ihrem eigenen Interesse wäre …«
»Die Wahrheit soll nicht in meinem Interesse sein?«
»In diesem Fall nicht, nein.«
»Was zum Teufel soll das nun wieder heißen?«
»Bei Ihrer Schwester habe ich einen Fehler gemacht – einen schweren Fehler. Sie wünschte sich so sehr, ihre Mutter kennen zu lernen, und ich dachte, ich könnte ihr den Gefallen tun. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es so enden würde.« Er ging einen Schritt auf sie zu. »Ich habe versucht, Sie zu beschützen, Maura. Ich habe gesehen, welche Folgen es für Anna hatte. Ich wollte nicht, dass Ihnen das Gleiche zustößt.«
»Ich bin nicht Anna.«
»Aber Sie sind genau wie sie. Sie sind ihr so ähnlich, dass es mir Angst macht. Nicht nur vom Aussehen her, sondern auch in der Art, wie Sie denken.«
Sie lachte höhnisch. »Jetzt können Sie also schon meine Gedanken lesen?«
»Nicht Ihre Gedanken. Ich meine Ihre Persönlichkeit. Anna war hartnäckig. Wenn sie etwas wissen wollte, ließ sie nicht locker. Und Sie – Sie graben und graben, bis Sie auf eine Antwort stoßen. So wie Sie heute dort drüben im Wald gegraben haben. Es war nicht Ihr Job, Sie waren für den Fall nicht zuständig. Sie hatten überhaupt keinen Grund, da draußen zu sein, außer der blanken Neugier. Und Ihrer Halsstarrigkeit. Sie wollten diese Knochen finden, also haben Sie sie gefunden. Anna war genauso.« Er seufzte. »Und ich bedaure zutiefst, dass sie gefunden hat, wonach sie gesucht hat.«
»Wer war meine Mutter, Rick?«
»Sie ist eine Frau, die Sie nicht kennen lernen wollen.«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis Maura die volle Bedeutung dieser Antwort erfasste. Er hat in der Gegenwart gesprochen . »Meine Mutter ist am Leben?«
Er nickte zögernd.
»Und Sie wissen, wo ich sie finden kann.«
Er gab keine Antwort.
»Herrgott noch mal, Rick«, fuhr sie auf. »Warum sagen Sie es mir nicht einfach?«
Er ging zum Tisch und setzte sich, als sei er urplötzlich zu erschöpft, um sich weiter mit ihr zu streiten. »Weil ich weiß, dass es Sie schmerzen wird, die Fakten zu erfahren. Ganz besonders Sie – bei Ihrem Beruf.«
»Was hat denn mein Beruf damit zu tun?«
»Sie arbeiten mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft zusammen. Sie helfen, Mörder vor Gericht zu bringen.«
»Ich bringe niemanden vor Gericht. Ich liefere lediglich die Fakten. Und manchmal sind die Fakten nicht das, was ihr Cops hören wollt.«
»Aber Sie arbeiten auf unserer Seite.«
»Nein. Auf der Seite des Opfers .«
»Also gut, auf der Seite des Opfers. Und deswegen wird es Ihnen nicht gefallen, was ich Ihnen über sie zu sagen habe.«
»Bis jetzt haben Sie mir noch gar nichts gesagt.«
Er seufzte. »Okay. Vielleicht sollte ich damit anfangen, dass ich Ihnen sage, wo sie wohnt.«
»Nur zu.«
»Amalthea Lank – die Frau, die Sie zur Adoption freigegeben hat – ist in der Justizvollzugsanstalt des Staates Massachusetts in Framingham inhaftiert.«
Ihre Beine schienen ihr plötzlich den Dienst versagen zu wollen, und sie ließ sich
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