Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
gegenüber von ihm auf einen Stuhl sinken. Dabei verschmierte sie mit dem Arm einen Klecks verschütteter Butter, der auf dem Tisch erstarrt war. Spuren des ausgelassenen Festmahls, das sie vor weniger als einer Stunde zusammen genossen hatten – bevor ihre Welt einen Riss bekommen hatte.
    »Meine Mutter sitzt im Gefängnis?«
    »Ja.«
    Maura starrte ihn nur an; sie brachte es nicht fertig, die
nächste Frage zu stellen, die sich geradezu aufdrängte, denn sie hatte Angst vor seiner Antwort. Doch sie hatte nun einmal den ersten Schritt getan, und obwohl sie nicht wusste, wohin der Weg sie führte, konnte sie jetzt nicht mehr umkehren.
    »Was hat sie getan?«, fragte Maura. »Warum ist sie im Gefängnis?«
    »Sie verbüßt eine lebenslange Haftstrafe«, sagte er. »Wegen Doppelmord.«
     
    »Das war es, was ich Ihnen nicht zumuten wollte«, sagte Ballard. »Ich habe gesehen, was es mit Anna angerichtet hat – zu erfahren, welche Schuld ihre Mutter auf sich geladen hat. Zu wissen, wessen Blut in ihren Adern floss. Das ist ein Stammbaum, den niemand haben will – eine Mörderin in der Familie. Natürlich wollte sie es zunächst nicht glauben. Sie dachte, es müsse ein Irrtum sein; ihre Mutter sei vielleicht doch unschuldig. Und nachdem sie sie gesehen hatte …«
    »Moment mal. Anna hat unsere Mutter getroffen?«
    »Ja. Ich bin mit ihr nach Framingham rausgefahren. Ins Frauengefängnis. Das war der zweite Fehler, denn dieser Besuch verstärkte noch ihre Verwirrung über die Schuld ihrer Mutter. Sie konnte die Tatsache ganz einfach nicht akzeptieren, dass ihre Mutter ein Mons …« Er brach ab.
    Ein Monster. Meine Mutter ist ein Monster.
    Der Regen hatte nachgelassen, nur noch vereinzelt trommelten die Tropfen auf das Dach der Hütte. Obwohl das Gewitter inzwischen in Richtung Meer weitergezogen war, konnte sie in der Ferne noch das dumpfe Grollen des Donners hören. Doch in der Küche war alles totenstill. Sie saßen einander am Tisch gegenüber. Rick musterte sie mit stiller Sorge, als fürchte er, sie könne jeden Moment zusammenbrechen. Er kennt mich nicht, dachte sie. Ich bin nicht Anna. Ich werde schon nicht schlappmachen. Und ich brauche keinen Aufpasser, Himmel noch mal.

    »Erzählen Sie mir auch den Rest.«
    »Den Rest?«
    »Sie sagten, Amalthea Lank sei wegen Doppelmord verurteilt worden. Wann war das?«
    »Vor etwa fünf Jahren.«
    »Wer waren die Opfer?«
    »Es fällt mir schwer, Ihnen das zu erzählen. Und Ihnen wird es auch nicht gerade leicht fallen, es anzuhören.«
    »Sie haben mir schon gesagt, dass meine Mutter eine Mörderin ist. Ich glaube, ich nehme es bislang ziemlich gefasst auf.«
    »Besser als Anna jedenfalls«, gab er zu.
    »Also, nun sagen Sie mir schon, wer die Opfer waren, und lassen Sie nur ja nichts aus. Wenn ich eines nicht ausstehen kann, Rick, dann sind es Menschen, die mir die Wahrheit vorenthalten. Ich war mit einem Mann verheiratet, der zu viele Geheimnisse vor mir hatte. Das hat unsere Ehe zerstört. So etwas werde ich mir nicht noch einmal bieten lassen – von niemandem.«
    »Okay.« Er beugte sich vor und sah ihr in die Augen. »Sie wollen die Details wissen, also werde ich brutal offen sein. Weil die Details nun einmal brutal sind. Die Opfer waren zwei Schwestern, Theresa und Nikki Wells, fünfunddreißig beziehungsweise achtundzwanzig Jahre alt, aus Fitchburg, Massachusetts. Sie saßen mit einer Reifenpanne am Straßenrand fest. Es war Ende November, und sie waren von einem Schneesturm überrascht worden. Die beiden müssen heilfroh gewesen sein, als schließlich ein Auto anhielt, um sie mitzunehmen. Zwei Tage darauf wurden ihre Leichen etwa dreißig Meilen entfernt in einem ausgebrannten Schuppen gefunden. Eine Woche später hielt eine Polizeistreife in Virginia Amalthea Lank wegen eines Verkehrsdelikts an. Die Beamten stellten fest, dass sie mit gestohlenen Kennzeichen unterwegs war. Dann bemerkten sie Blutflecken an der hinteren Stoßstange. Als sie den Wagen durchsuchten, fanden sie im Kofferraum die Brieftaschen der
Opfer und dazu ein Montiereisen mit Amaltheas Fingerabdrücken darauf. Später wurden bei Tests Blutspuren an dem Montiereisen gefunden. Das Blut stammte von Nikki und Theresa. Den letzten Beweis lieferte eine Überwachungskamera an einer Tankstelle in Massachusetts. Auf dem Film ist Amalthea zu sehen, wie sie einen Plastikkanister mit Benzin füllt – mit dem Benzin, das sie später dazu benutzte, die Leichen der Opfer zu verbrennen.« Er sah ihr in die

Weitere Kostenlose Bücher