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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Tüte und einem Sechserpack Bier. Mit gesenktem Kopf sprintete er durch den prasselnden Regen zur Veranda und die Stufen hinauf.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass ich hierher schwimmen muss …«, sagte er.
    Sie lachte. »Kommen Sie rein, ich hole Ihnen ein Handtuch.«
    »Hätten Sie was dagegen, wenn ich kurz unter die Dusche springe? Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir den Dreck abzuwaschen.«
    »Nur zu.« Sie nahm ihm die Tüte mit dem Essen ab. »Das Bad ist am Ende des Flurs. Im Schrank finden Sie frische Handtücher.«
    »Ich hole nur noch rasch meine Tasche aus dem Auto.«
    Sie trug die Sachen in die Küche und stellte das Bier in den Kühlschrank. Kurz darauf hörte sie die Tür zuschlagen und wenig später das Rauschen der Dusche.
    Sie setzte sich an den Tisch und atmete zunächst einmal durch. Das ist nur ein Essen, dachte sie. Eine einzige Nacht, die wir unter einem Dach verbringen. Sie dachte an das Essen, das sie erst vor wenigen Tagen für Daniel
gekocht hatte, und daran, wie anders sie jenen Abend von Anfang an empfunden hatte. Wenn sie Daniel angeschaut hatte, dann hatte sie das Unerreichbare gesehen. Und was sehe ich, wenn ich Rick anschaue? Vielleicht mehr, als ich sehen sollte.
    Die Duschgeräusche waren verstummt. Sie saß vollkommen reglos da und lauschte, alle Sinne plötzlich so geschärft, dass sie den leisesten Luftzug auf ihrer Haut spüren konnte. Das Knarren der Schritte auf den Dielen kam näher, und dann stand er vor ihr. Er trug Jeans und ein frisches Hemd, und er roch nach Seife.
    »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, mit einem barfüßigen Mann zu Abend zu essen«, sagte er. »Meine Schuhe sind so verdreckt, dass ich sie im Haus nicht anziehen kann.«
    Sie lachte. »Dann lasse ich die Schuhe auch weg. Wir werden uns vorkommen wie bei einem Picknick.« Sie schlüpfte aus ihren Sandalen und ging zum Kühlschrank. »Können Sie schon ein Bier vertragen?«
    »Ich hätte schon vor Stunden eins vertragen können.«
    Sie öffnete zwei Flaschen und reichte ihm eine. Während sie an ihrem Bier nippte, sah sie ihm zu, wie er den Kopf in den Nacken legte und einen tiefen Zug nahm. So werde ich Daniel niemals erleben, dachte sie. Locker und entspannt, barfuß, die Haare noch feucht vom Duschen.
    Sie wandte sich ab, um einen Blick in den Einkaufsbeutel zu werfen. »Na, was haben Sie uns denn zum Essen mitgebracht?«
    »Warten Sie, ich zeig’s Ihnen.« Er trat zu ihr an die Anrichte, griff in die Tüte und nahm mehrere in Alufolie verpackte Kartons heraus. »Ofenkartoffeln. Zerlassene Butter. Maiskolben. Und dann das Hauptereignis.« Er hob einen großen Styroporbehälter heraus und klappte den Deckel auf. Zum Vorschein kamen zwei knallrote, dampfende Hummer.
    »Und wie kriegen wir die geknackt?«

    »Sie wissen wirklich nicht, wie man den Viechern zu Leibe rückt?«
    »Ich hoffe, Sie wissen es.«
    »Da ist doch nichts dabei.« Er nahm zwei Nussknacker aus der Tüte. »Bereit für die OP, Frau Doktor?«
    »Jetzt machen Sie mich wirklich nervös.«
    »Es ist alles nur eine Frage der Technik. Aber zuerst müssen wir unsere OP-Kittel anlegen.«
    »Wie bitte?«
    Er griff noch einmal in die Tüte und nahm zwei Plastiklätzchen heraus.
    »Sie machen doch Witze.«
    »Meinen Sie, die Restaurants geben die Dinger nur aus, damit ahnungslose Touristen sich lächerlich machen können?«
    »Ja.«
    »Ach, nun seien Sie mal keine Spielverderberin. So kriegen Sie auch keine Flecken auf Ihr hübsches Kleid.« Er ging um sie herum und legte ihr das Lätzchen um den Hals. Sie spürte seinen Atem in ihren Haaren, als er ihr die Schnüre im Nacken verknotete. Seine Hände verweilten ein wenig länger als unbedingt notwendig, und die Berührung ließ sie erschauern.
    »Jetzt sind Sie an der Reihe«, sagte sie leise.
    »An der Reihe? Womit?«
    »Ich werde ganz bestimmt nicht als Einzige so ein albernes Teil tragen.«
    Er seufzte resigniert und band sich selbst das zweite Lätzchen um den Hals. Sie schauten sich an, mit ihren identischen Hummer-Comicbildchen auf der Brust, und mussten plötzlich schallend lachen. Sie lachten immer noch, als sie sich schließlich an den Tisch setzten, um zu essen. Ein paar Schlucke Bier auf leeren Magen, und schon habe ich mich nicht mehr unter Kontrolle, dachte sie. Und es ist ein unglaublich gutes Gefühl.
    Er nahm einen Nussknacker zur Hand. »So, Dr. Isles. Sind wir bereit zur Operation?«

    Sie griff nach ihrem eigenen und hielt ihn wie eine Chirurgin, die zum ersten Schnitt

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