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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sagt, es sei ihr Fachgebiet, sie tue es nur für die Wissenschaft. Na klar – Josef Mengele hat es auch nur für die Wissenschaft getan. Das ist nur eine Ausrede, um dem Ganzen einen respektablen Anstrich zu geben.«
    »Was reizt sie daran?«
    »Sie sucht den Nervenkitzel. Es macht sie an, den Fantasien eines Killers zu lauschen. Es macht ihr Spaß, sich in seinen Kopf zu versetzen, sich mit seinen Gedanken vertraut zu machen, zu sehen, was er sieht. Zu wissen, was es für ein Gefühl ist, ein Monstrum zu sein.«
    »So, wie Sie das beschreiben, klingt es, als wäre sie eine von ihnen.«
    »Das wäre sie vielleicht gerne. Ich habe die Briefe gesehen, die sie Hoyt ins Gefängnis geschrieben hat. Sie hat ihn aufgefordert, ihr in allen Details von seinen Morden zu erzählen. O ja, sie ist ganz scharf auf die Details.«
    »Viele Leute sind neugierig auf makabre Details.«
    »Sie ist mehr als nur neugierig. Sie will wissen, wie es ist, die Haut aufzuschlitzen und zuzusehen, wie das Opfer verblutet. Wie es ist, diese absolute Macht zu spüren. Sie giert nach Details, wie ein Vampir nach Blut giert.« Rizzoli hielt inne und lachte verblüfft auf. »Wissen Sie was, mir ist gerade etwas klar geworden. Das trifft den Nagel auf den Kopf – sie ist ein Vampir. Sie und Hoyt zehren voneinander. Er erzählt ihr seine Fantasien; sie sagt ihm, dass es in Ordnung ist, wenn er sich darin ergeht. Dass es okay ist, sich an dem Gedanken aufzugeilen, dass man einem Menschen die Kehle durchschneidet.«
    »Und jetzt besucht sie meine Mutter.«
    »Tja.« Rizzoli sah sie an. »Ich frage mich, welche Fantasien die beiden austauschen.«
    Maura dachte an die Verbrechen, für die Amalthea Lank verurteilt worden war. Sie fragte sich, was ihr wohl durch den Kopf gegangen war, als sie die beiden Schwestern am
Straßenrand aufgelesen hatte. Hatte sie einen Schauer der Vorfreude empfunden, den Schwindel erregenden Rausch der Macht?
    »Allein die Tatsache, dass O’Donnell es für lohnend hält, Amalthea zu besuchen, sollte Ihnen etwas verraten.«
    »Was denn?«
    »O’Donnell vergeudet ihre Zeit nicht mit gewöhnlichen Mördern. Sie verschwendet keinen Gedanken an den Kerl, der bei einem Raubüberfall den Kassierer eines Supermarkts erschossen hat. Oder den Mann, der sich über seine Frau geärgert und sie die Treppe hinuntergestoßen hat. Nein, sie verbringt ihre Zeit mit den perversen Killern, die nur morden, weil es ihnen Spaß macht. Mit denen, die das Messer noch einmal extra herumdrehen, weil sie so gerne spüren, wie es über den Knochen kratzt. Sie verbringt ihre Zeit mit diesen ganz speziellen Mördern. Mit den Monstern.«
    Meine Mutter, dachte Maura. Ist sie auch ein Monster?

17
    Dr. Joyce O’Donnell bewohnte ein großes weißes Haus im Kolonialstil in der Battle Street, in einem gehobenen Wohnviertel von Cambridge. Ein schmiedeeiserner Zaun umschloss einen Garten mit makellosem Rasen und Beeten mit Rindenmulch, in denen Strauchrosen pflichtschuldig blühten. Es war ein disziplinierter Garten, in dem keinerlei Unordnung gestattet war, und während Maura über den mit Granitplatten gepflasterten Pfad zur Haustür ging, konnte sie sich die Bewohnerin des Hauses schon lebhaft vorstellen. Tadellos gepflegt, adrett gekleidet. Die Gedanken ebenso akkurat geordnet wie die Beete im Garten.
    Die Frau, die ihr die Tür öffnete, war genau so, wie Maura sie sich vorgestellt hatte.
    Dr. O’Donnell hatte aschblondes Haar und einen blassen, lupenreinen Teint. Der Schnitt ihrer blauen Oxford-Bluse, die in einer frisch gebügelten weißen Freizeithose steckte, betonte ihre schlanke Taille. Sie musterte ihre Besucherin kühl. Maura konnte in ihren Augen keine Herzlichkeit entdecken, nur den harten Glanz der Neugier. Es war der Blick einer Wissenschaftlerin, die ein neues Forschungsobjekt inspiziert.
    »Dr. O’Donnell? Ich bin Maura Isles.«
    O’Donnell begrüßte sie mit einem forschen Händedruck. »Kommen Sie herein.«
    Maura betrat das Haus, das den gleichen unterkühlten Charme ausstrahlte wie seine Besitzerin. Das Einzige, was ein wenig Wärme hineinbrachte, waren die Orientteppiche auf dem dunklen Teakholzboden. O’Donnell führte sie durch die Eingangshalle in einen eleganten Salon. Dort nahm Maura ein wenig beklommen auf einer mit weißer Seide bezogenen Couch Platz. O’Donnell wählte den Sessel gegenüber.
Zwischen ihnen stand auf einem Beistelltisch aus Rosenholz ein digitales Aufnahmegerät, daneben lag ein Stapel Akten. Der Rekorder war

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