Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
herrschte, nicht verbesserte. Es
unerklärliches, ohrenbetäubendes Rumpeln und Poltern erschütterte das ganze
Haus.
Knappe zwei Stunden nach ihrer geplanten Ankunftszeit
klingelte es endlich an der Tür. Das mussten sie sein. Ich setzte mein
schönstes Schwiegertochter-Lächeln auf und öffnete die Tür mit so viel Schwung
wie ich es von Ingrid gelernt hatte. Fast hätte ich sie allerdings mit genauso
viel Schwung auch wieder zugeschlagen, denn vor der Tür standen eine Frau mit
einer grauenvollen, verzerrten Maske und ein Mann, der so schwer atmete und so
rot im Gesicht war, dass er mindestens drei Herzinfarkte gleichzeitig gehabt haben
musste. Nachdem ich mich von meinem ersten Schrecken erholt hatte, schaute ich
mir das Duo Infernale etwas genauer an und stellte fest, dass es sich um Ingrid und einen
verschwitzen Igerich handelte.
Ingrid trug auch keine Maske, sie hatte sich ihre
Haare nur zu einem so strammen Pferdeschwanz nach hinten gezurrt, dass ihr
ganzes Gesicht verzerrt wirkte. Kurz dachte ich, dass sie eine dieser äußerst
schlecht gelaufenen Schönheits-OPs hinter sich hatte. Sie sah ein bisschen aus
wie eine Mischung aus Michael Jackson und einer Oma- Cartoonfigur .
Bei näherem Hinsehen fiel mir allerdings auf, dass es mehr der Ausdruck blanken
Entsetzens in ihrem Gesicht war, der sie so entstellte. Hinter ihr schnaufte Igerich als hätte er gerade einen Triathlon in Rekordzeit
absolviert, was aber nicht weiter verwunderte: Dem vorhergehenden Krach im
Treppenhaus nach zu urteilen, hatte er die vier gewaltigen Umzugskartons, die
neben ihm standen, auf dem Rücken ins Dachgeschoss geschleppt. Bevor ich noch
Zeit hatte, mich zu ängstigen, was wohl in den Kartons sein könnte, legte
Ingrid los:
„Diese
Wohnung betrete ich auf keinen Fall!“, meckerte sie los wie eine Ziegenmutter,
deren Ziegenkinder man bei lebendigem Leibe vor ihren Augen am Spieß gebraten
hatte. Sie sah mich vorwurfsvoll an.
„Willst
du nicht erst mal reinkommen?“, fragte ich etwas dümmlich nach, da ich fest mit
einer ausgiebigen Atombusen-Pressung gerechnet hatte und von Ingrids Ausbruch
vollkommen aus dem Konzept gebracht worden war.
„Ich
habe gesagt, ich betrete diese Wohnung auf keinen Fall!“
Ingrid sah mich böse an, als hätte mir vollkommen
klar sein müssen, warum sie unsere Wohnung nicht betreten würde.
„Aber
warum denn nicht?“, hakte ich verständnislos nach.
„Das
Haus und die Wohnung haben ganz, ganz schlechtes Feng Shui!“ Ingrid sah mich
wütend und gleichzeitig betroffen an. „Ich habe über eine Stunde vor der
Haustür mit mir gerungen, ob ich dieses Haus überhaupt betreten kann! Nur für
meinen Sohn habe ich es getan.“
Ich blickte derartig verständnislos zurück, dass sie
sich erbarmte und mich in ihr Wissen über Haus und Wohnung einweihte.
„Erstens
steht das Haus an einer unmöglichen Stelle. Zweitens ist die Haustür auf der
falschen Seite. Drittens ist die Fahrstuhltür ebenfalls auf der falschen Seite.
Das alles hätte ich ja noch hingenommen, auch wenn der arme Igerich die ganzen Kisten die Treppen hochschleppen musste. Aber eure Wohnungstür ist
nicht mehr akzeptabel. Wenn du dir Rigolettos Geburtsdatum und die Himmelsrichtung eurer Tür anschaust, dann ist mein armer Junge
zu ewigem Unglück verdammt!“
Ich war so erschlagen von Ingrids Ausführungen, dass
ich nichts sagte. In meinem Kopf schossen die Gedanken so schnell hin und her,
dass ich Mühe hatte, sie zu kontrollieren.
Unsere Wohnung lag in bester, frisch sanierter Lage
am Prenzlauer Berg. Wer schon mal in Berlin oder irgendeiner anderen Großstadt
war, der weiß, dass die fünf- bis sechsstöckigen Wohnhäuser dort Seite an Seite
stehen und oft weit über 100 Jahre alt sind. Das macht es zum einen schwer, sie
mal schnell an eine andere, günstigere Feng-Shui-Stelle zu rücken. Zum anderen
ist es auch sehr unpraktisch , wenn der Haupteingang zum Hinterhof und nicht
zur Straße hin liegt, bloß, um das Feng Shui zu verbessern.
„Vielleicht
wollt ihr trotzdem reinkommen? Rigoletto ist nicht da
und somit dem ewigen Unglück erst mal entronnen“, versuchte ich die Situation
zu überspielen.
„ Mandylein !“ prustete Ingrid streng. „Ich merke, dass du
keine Ahnung von Feng Shui hast. Mein Sohn und ich sind beide
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