Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Busch an dessen dünnen, grünen Armen große Blätter hingen. Erich
wuchs, was das Zeug hielt. Nach einem halben Jahr war Erich so riesig, dass er
mehr Baum als Busch war und ich
kaum noch Platz in meiner eigenen Wohnung hatte. Also hörte ich auf, Erich zu
gießen. Was Erich überhaupt nicht störte, er wuchs einfach weiter. Schließlich
trug ich ihn gemeinsam mit drei Freundinnen aus der Wohnung in den Hinterhof.
Da stand er fortan. Im November. Bei Frost. Zu Ostern war Erich so groß, dass
er fast an die Fenster im zweiten Stock reichte. Irgendwann hat sich der
Hausmeister seiner erbarmt und Erich aus seinem 30 Zentimeter-Töpfchen
befreit, geschnitten und
eingepflanzt.
Der nächste Grünpflanzenversuch endete im Gegenteil.
Egal, was ich dem Miststück an Pflege zukommen ließ, es wollte einfach nicht
wachsen. Aber auch nicht absterben. Wasser, Dünger, neue Erde, diese komischen
Hydrokügelchen - nichts half. Statt zu wachsen schien sie immer kleiner zu
werden. Sterben wollte sie aber auch nicht. Schließlich habe ich sie zu Erich
in den Hof gestellt. Da stehen die beiden wahrscheinlich immer noch wie Dick
und Doof. Seitdem lehne ich Grünpflanzen in meiner Wohnung ab. Rigoletto war das, vielleicht weil er so „natürlich“
aufgewachsen war, herzlich egal und so spielten Zimmerpflanzen keine Rolle für
uns.
Lange Rede, kurzer Sinn: Unsere Wohnung war schlicht,
durchdesignt und modern. Wenn mich jemals jemand nach dem Konzept für unsere
Wohnung gefragt hätte, ich hätte geantwortet: „kühle Wärme“. Gottseidank hat
mich nie jemand gefragt, sonst hätte ich noch erklären müssen, was „kühle
Wärme“ genau bedeutet. Dummerweise
schien auch Rigoletto das Konzept der neuen Wohnung
nicht so recht zu verstehen. Anders war es nicht zu erklären, dass er ständig
Sachen rumliegen ließ, die das ganze schöne Konzept störten. Ein Schlafzimmer
sah eben nur noch halb so gut aus, wenn ein paar schwarze Männersocken auf der
Erde rumflogen. Und drei nicht weggeräumte, leere Bierflaschen auf dem
Wohnzimmertisch machen aus „kühler Wärme“ eher so etwas wie „ordinäre Wärme“.
Leider zeigte sich Rigoletto ein wenig uneinsichtig, wenn ich ihn zum Aufräumen aufforderte. Stets bemängelte
er dann, dass dies sein Zuhause und kein Museum sei. Ich tröstete mich damit,
dass wahrscheinlich alle frisch zusammengezogenen Paare dieser Welt am Anfang
ein paar Anlaufschwierigkeiten hatten. Schließlich fanden wir eine Lösung, mit
der wir beide leben konnten. Rigoletto packte
zumindest einen Teil seiner Sachen weg, den Rest räumte ich morgens schnell auf,
damit die Wohnung wieder aussah wie ein Traum, wenn wir abends nach Hause
kamen.
Insgesamt waren wir beide sehr glücklich in der neuen
Wohnung. Bis Ingrid kam.
„Schatz,
was hältst du davon, demnächst mal meine Eltern einzuladen, um ihnen die neue
Wohnung zu zeigen?“, fragte Rigoletto mich eines
schönen Abends. Wir saßen gerade gemütlich an unserem stylischen Teaktisch und nahmen das Abendessen von unseren stylischen ,
weißen Tellern ein.
„Nichts“, dachte ich und schob mir schnell eine Gabel
mit Spaghetti in den Mund, um etwas Zeit für meine Antwort zu gewinnen.
„Ich
dachte, deine Mutter mag Berlin nicht?“, versuchte ich schließlich mein Glück.
„Mag
sie auch nicht. Aber ihr Sohn zieht schließlich nicht jeden Tag in eine neue
Wohnung. Natürlich möchte sie die gerne sehen.“
„Na,
wenn deinen Eltern die lange Reise nicht zu beschwerlich ist, dann lade sie
ein“, sagte ich gnädig und fragte mich, ob Ingrid die Teppichreinigungsausrüstung
mitbringen würde, falls Igerich seinen Rotwein auf
die schönen neuen Teppiche vergießen würde.
Einen Anruf bei Hasenbeins später war es beschlossene
Sache: Ingrid und Igerich würden nach Berlin kommen
und für ein Wochenende bei uns wohnen. Freude kam bei mir nicht auf, aber ich
war gewillt, das Beste aus der Sache zu machen. Ich fand außerdem, trotz großer
Anstrengungen, keinen guten Grund, den Besuch für immer abzusagen. Wenn ich nur
geahnt hätte, was auf mich zukommen würde, ich hätte keine großen, sondern gigantische
Anstrengungen unternommen, den Besuch zu verhindern.
Am Dienstag vor der Anreise seiner Eltern kam Rigoletto mit bedrücktem Gesichtsausdruck nach Hause.
„ Schatzilein , ich habe schlechte Nachrichten“, sagte er und
sah
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