Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
mich unglücklich an.
„Die Bahn hat beschlossen, alle Bahnverbindungen nach
Nieder-Ober-Unter-Drüber-Drauf-und-Mittendrin-Stein zu stoppen und deine Eltern
können leider nicht kommen“, dachte ich freudig erregt. Mit Mühe unterdrückte
ich ein Strahlen.
„Was
ist denn los?“, fragte ich stattdessen mit gespielter Besorgnis nach.
„Mein
Chef hat mir heute eröffnet, dass ich nun doch mit zu dieser Konferenz nach New
York fahren soll.“
„Aber
Hase, das ist doch wunderbar! Bestimmt wirst du bald befördert, sonst würden
die dich doch nicht mit nach New York nehmen. Das ist die Chance deines Lebens!
Und dann auch noch New York! Sei nicht traurig, dass ich nicht mitkommen kann“,
antwortete ich gönnerhaft.
„Das
ist es nicht.“ Rigoletto sah mich mit diesem
todtraurigen Blick an, der an ein Kind erinnerte, dem man gerade mitgeteilt
hatte, dass es weder Weihnachtsmann noch Osterhase gäbe und Geburtstage aus
Prinzip gestrichen worden seien.
„Die
Konferenz ist an diesem Wochenende.“
„Dann
kannst du nicht fahren!“, platzte es ohne langes Überlegen aus mir heraus. „Ich
meine, wo doch deine Eltern kommen“, fügte ich etwas schwach an.
„Aber
die Reise ist meine große Chance mich zu profilieren. Das hast du doch selbst
gesagt“, wandte Rigoletto geschickt ein.
„Dann
kommen deine Eltern an einem anderen Wochenende.“ So schnell gab ich nicht auf.
„Sie
haben die Bahnkarten mit Super-Spar-Tarif gekauft. Die verfallen wenn sie nicht
dieses Wochenende kommen.“
Jetzt hätte ich gerne eingewendet, dass seine Eltern
steinreich seien. „Sie wohnen in einem Palast, der Michael Jackson neidisch
gemacht hätte und deine Mutter fährt das größte Auto, das ich je gesehen habe. Da
werden sie doch zwei Bahnfahrkarten verschmerzen können“, schrie es in meinem
Kopf.
„Aber
dann sehen sie dich ja nicht“, sprach
ich stattdessen meinen letzten Trumpf laut aus.
„Ich
weiß, ich weiß.“ Rigoletto überlegte. „Vielleicht
frage ich meine Mutter mal, ob sie den Besuch trotz der Bahnkarten
verschieben.“
Nie zuvor hatte ich mit derartiger Spannung auf den
Ausgang eines Telefonats gewartet. Ich zitterte fast ein wenig, während Rigoletto mit seiner Mutter sprach. Leider bestätigte sich,
was ich zuvor schon den Gesprächsfetzten, die ich mitgehört hatte, entnommen
hatte: Seine Eltern würden wie geplant nach Berlin kommen. Ich würde Ingrid
vollkommen allein ausgeliefert sein. Ein ganzes Wochenende lang.
Die nächsten drei Tage verbrachte ich in einer Art
Ausnahmezustand. Ich wankte zwischen „wird schon nicht zu schlimm werden“ und
panischen Angstattacken. Ganz ehrlich: Selbst wenn man seine Schwiegermutter
innig liebte, waren drei Tage allein mit einem Menschen, den man kaum kannte,
anstrengend. Was sollte ich die ganze Zeit mit Ingrid und Igerich reden? Was sollte ich mit ihnen unternehmen? Sie würden ja wohl kaum drei Tage
lang die Wände der neuen Wohnung anstarren wollen. Bislang war ich davon
ausgegangen, dass Rigoletto und seine Eltern schon
wissen würden, was sie unternehmen wollten. Die drei waren schließlich seit
über 30 Jahren eine Familie. Plötzlich war es an mir, einen Plan für das
Wochenende mit meinen potentiellen Schwiegereltern aufzustellen.
Ich beschloss, jede Minute des Aufenthalts
durchzuplanen, so dass auf keinen Fall eine Pause entstehen würde. Dann konnte
es keinen Streit oder peinliche Missverständnisse geben. Außerdem würden wir so
viel Zeit außerhalb der Wohnung verbringen, dass Ingrid weder zur Einweihung
nackt durch selbige spazieren, noch Igerich seinen Rotwein
über meinen schönen Teppichen ausgießen konnte.
Schließlich war es soweit. Am späten
Freitagnachmittag sollten Ingrid und Igerich ankommen. Ingrid hatte strikt abgelehnt, dass ich sie vom Bahnhof abholte. Also
wartete ich in der Wohnung auf sie. Und wartete und wartete. Als sie eine
Stunde nach der verabredeten Zeit noch immer nicht da waren, begann ich mir
Sorgen zu machen.
Da Ingrid „neumodisches Teufelszeug“ wie ein Handy
ablehnte, hatte ich keine Gelegenheit, herauszufinden, was mit meinen Schwiegereltern
in spe geschehen sein könnte. Ich wurde nervös - ein Zustand, der sich durch
den ungewohnten Lärm, der im Treppenhaus
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