Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
der Familie
Hasenbein eingehen sollte.
„Natürlich
müssen wir auch zuerst entscheiden, ob das Kind überhaupt mit Nachnamen
Hasenbein heißen soll.“
Man hätte ein Staubkorn fallen hören können. Sogar Igerich sah mich verwundert an.
„Ich
mein ja nur. Es könnte schließlich auch Meyer heißen,“ ich schob mir betont
lässig meine Gabel in den Mund und setzte den finalen Schuss, „so wie ich.“
Ingrids Lippen waren nicht mehr zusammengepresst, sondern hingen
schlaff und leblos herunter. Einen kurzen Moment dachte ich, sie hätte einen
Schlaganfall gehabt. Mein höfliches, früheres „Ich“ begann, Mitleid mit ihr zu
verspüren. Meine Hormone dagegen hatten ihren Feldzug gegen Ingrid gerade erst
begonnen.
„ Uppsi ! Habe ich mich verplappert?“, fragte ich scheinheilig
in die immer noch sprachlose Runde.
„ Rigoletto , hast du etwa Geheimnisse vor deinen Eltern und
ihnen gar nicht gesagt, dass ich deinen Nachnamen bei der Hochzeit nicht
angenommen habe?“
Rigoletto schüttelte leicht den Kopf. Ingrid blickte fassungslos zu ihrem Sohn. Sie war
das erste Mal seit ich sie kannte sprachlos.
„Endlich!“, dachte ich bei mir und nahm einen großen Schluck
Wasser. „Endlich fühlt sie sich einmal so, wie ich mich ständig in ihrem
Beisein fühle.“ Natürlich wäre nun der Moment gekommen, dem ganzen Einhalt zu
gebieten und zu sagen, dass ich eigentlich gar nichts dagegen hatte, dass mein Kind
„Hasenbein“ heißen würde. Der Nachname „Meyer“ war auch nicht viel besser. Doch
der Geschmack der Rache war einfach zu süß. Außerdem gefiel mir die Idee immer
mehr, dass meine Kinder meinen Namen tragen könnten und nicht Ingrids. Ich ging
aufs Ganze.
„Überraschung!“,
krähte ich in bester Ingrid Manier. „Unsere Kinder werden ,Meyer‘ mit Nachnamen
heißen.“
Es waren die letzten Worte, die während des Essens gesprochen
wurden. Ich schaute der Blutsfamilie quietschvergnügt zu, wie sie noch einen
Kaffee trank und fragte mich, was wohl als Nächstes passieren würde. Ich befand
mich immer noch in einem Hormon-Hoch und überlegte, ob ich vorschlagen sollte,
dass das Kind ja auch „Wilhelm“ wie mein Vater oder „Magda“ wie meine Mutter
heißen könnte, als Ingrid, ohne mich eines Blickes zu würdigen, aufstand.
„Ich
denke, für Miranda wird es das Beste sein, wenn sie sich ein wenig hinlegt. Die
Schwangerschaft scheint ihr nicht zu bekommen“, sagte sie schnippisch an Rigoletto gerichtet und deutete ihm, ihr auf den Balkon zum
Rauchen zu folgen.
„Und
wer räumt dann ab?“
Ich konnte mir diese Frage zwar nicht verkneifen, wartete die
Antwort allerdings nicht mehr ab, sondern ging auf unser Zimmer. Erst als ich
ausgestreckt auf dem Bett lag und über meinen Bauch streichelte, wurde mir das Ausmaß
meiner Aufsässigkeit bewusst.
Ich hatte das erste Mal, seitdem ich sie kannte, meiner
Schwiegermutter widersprochen – mit großem Genuss. Ich hatte wortlos zugesehen,
wie sie meine Wohnung, meinen Urlaub und meine Hochzeit ruiniert hatte, aber
ich hatte für das Kind in meinem Bauch gekämpft. Ich war stolz auf mich. Ich
würde eine gute Mutter werden! In diesem Moment fiel mir auf, dass ich besser
keinen Jungen bekommen sollte. Wenn ich schon den Fötus in meinem Bauch
verteidigte wie ein Löwin, was würde ich tun, wenn dieses Kind ein Junge war
und mir als Erwachsener eine Schwiegertochter präsentierte?
Zunächst aber wirkte mein offener Widerstand gegen die
Schwiegermutter-Gewalt Wunder. Der Rest des Tages verging wie im Flug und ohne
Kommentare über mein Körpergewicht oder Debatten über Kaiserschnitte und Namen.
Am Abend bekam ich sogar eine Scheibe Brot zu meinem Salat, was ich für einen
Sieg hielt. Ich fühlte mich so gut wie selten zuvor und nahm mir vor, ab sofort
die mir anerzogene Höflichkeit öfter mal zu vergessen. Die Saat war gesät und
eines würde ich mir als kleine Erinnerung an meinen – vielleicht einzigen
– Widerstand nicht mehr nehmen lassen: Sämtliche, ob per Kaiserschnitt
oder sonst wie geborene, Kinder würden meinen Nachnamen tragen!
Dummerweise erholte sich Ingrid über Nacht von meinem kleinen
Aufbegehren und war am Sonntagmorgen wieder ganz die Alte.
„ Mandylein !“, brüllte sie um 6.30 Uhr durchs Haus.
Kaum war ich aufgestanden erklärte sie
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