Schwiegertöchter (German Edition)
Angst. Meinst du nicht, dass es Petra genauso geht?«
Rachel seufzte. Sie hob die Hände zum Kopf und zog das schmutzige Taschentuch weg. »Vermutlich.«
Anthony trank einen Schluck Tee.
»Na dann«, sagte er.
Charlotte war entzückt, als Sigrid anrief und fragte, ob sie zusammen Mittag essen könnten. Oder einen Kaffee trinken, wenn sie zu beschäftigt sei. Sie würde sich jedenfalls sehr über ein Treffen freuen. Charlotte sah darin den Beweis, dass eine Beziehung zwischen Schwägerinnen, deren einzige Grundlage zunächst nur der Umstand gewesen war, dass sie Brüder geheiratet hatten, sich durchaus zu etwas Selbstständigem, zu etwas Eigenem entwickeln konnte.
»Mittag essen, bitte«, sagte Charlotte. »Ich hab im Moment ständig Hunger. Es ist eine solche Erleichterung, die ewige Übelkeit loszusein. Ich frühstücke, esse ein zweites Frühstück und etwas zum Mittag und zum Tee und am Abend. Mittag essen wäre also toll.«
Sigrid lachte. Sie fand es schön, jemanden zu hören, dem es mit seiner Schwangerschaft so gut ging, und schlug dann vor, sich irgendwo auf halber Strecke zwischen ihren Arbeitsplätzen zu treffen. Warum nicht in dem Café im ersten Stock des berühmten Architekturinstituts am Portland Place?
Und da saß Charlotte nun, ausnahmsweise einmal pünktlich, und studierte mit großem Interesse die Speisekarte und überlegte, ob sie Sigrid gestehen sollte, dass sie Petra getroffen und ihr Unterstützung angeboten hatte. Wahrscheinlich würde sie es Sigrid erzählen, weil schließlich auch Sigrid, obwohl sie als Schwiegertochter nie etwas falsch gemacht hatte, darunter litt, nicht die Favoritin zu sein, niemals vollkommen in die Reihen der Brinkleys eingegliedert zu werden. Sie kannte Sigrid nicht sehr gut und war ein wenig eingeschüchtert durch ihre Art, die Charlotte beeindruckend reif und ausgeglichen vorkam. Aber schließlich war es Sigrid gewesen, die das Mittagessen vorgeschlagen hatte, was eigentlich nur bedeuten konnte, dass auch sie sich ein wenig schwesterlich verbünden wollte. Als sie Sigrid die breite Mitteltreppe zum Café heraufkommen sah, stand sie auf, plötzlich leicht verlegen, stand da und wartete darauf, bemerkt zu werden.
»Du siehst wundervoll aus«, sagte Sigrid zur Begrüßung. »Schwanger sein steht dir wirklich gut. Du scheinst direkt aufzublühen!«
»Ich werde bald wie ein Wal aussehen«, entgegnete Charlotte. »Ich esse schon wie einer. Und bei dir?«
»Was?«
»Bist du auch so auseinandergegangen?«
Sigrid zog ihr Jackett aus und hängte es über die Rückenlehne ihres Stuhls.
»Ich war nicht sehr gut im Schwangersein.«
Charlotte wartete. Etwas hielt sie davon ab, sofort darauf einzugehen. Sigrid griff nach der Speisekarte und sagte mit unbeteiligter Stimme: »Mariella zu bekommen hätte mich beinahe umgebracht.«
»Oh!«, machte Charlotte erschrocken.
»Aber darüber wollen wir nicht reden.«
»Nein …«
»Das war vor neun Jahren, und sie ist wundervoll, und Edward ist ein Engel gewesen.« Sie hob den Blick zu Charlotte und lächelte. »Und du wirst das ganz prima machen.«
»Oh Gott«, sagte Charlotte. »Das hoffe ich. Ich meine, wir hatten das überhaupt nicht geplant, aber in so einem Fall muss man sich noch mehr Mühe geben, alles richtig zu machen, als wenn es Absicht gewesen wäre, oder?«
Sigrid lachte. »Jetzt werden wir dir erst einmal eine ordentliche Portion zu essen bestellen.«
»Ja, bitte .«
»Pasta und Salat?«
»Perfekt.«
Sigrid winkte geschickt mit der Speisekarte eine Kellnerin herbei. Charlotte sah ihr bewundernd zu, wie sie bestellte. Sie hatte die Situation absolut im Griff, genau wie sie ihre ganze Erscheinung im Griff hatte, das Haar im Nacken zu einem glatten Pferdeschwanz zusammengebunden, die weiße Bluse steckte ordentlich im Rockbund und ihre leicht gebräunte Hand, an der ein einzelner, moderner Ring steckte, hielt locker die Speisekarte.
»So«, sagte Sigrid. »Essen für zwei Erwachsene und beinahe ein halbes Baby. Aufregend.«
Charlotte bestrich eine Brotscheibe üppig mit Butter und erzählte Sigrid, wie es ihr jetzt mit dem Baby ging, und wie es ihr vorher mit dem Baby gegangen war, und wie ihr die Übelkeit zugesetzt hatte, und wie großartig Luke gewesen war und wie ernst er diese ganze Sache mit der Vaterschaft nahm, und dass es im ersten Stock ihres Hauses eine leere Wohnung gab, die sie sich angesehen hatten und die ihnen wirklich gefiel, und die zwei Schlafzimmer hatte und doppelt so groß wie ihre
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