Schwiegertöchter (German Edition)
Hund.«
»Dad sagt, Sie zeichnen. Sie zeichnen Vögel.«
»Ein bisschen.«
»Ich habe Ingwerbrot gemacht«, sagte Rachel. »Tee und Ingwerbrot.«
»Es tut mir so leid. Wirklich. Ich hätte das mit dem Hund wissen müssen.«
»Ich war eine Weile im Ausland«, sagte Ralph zu Petra. »Die Vögel in Singapur sind ganz anders. Vollkommen anders. Sie haben leuchtende Farben. Und sind laut.«
»Ja.«
»Becher oder Tassen?«, fragte Rachel.
Ralph zog einen Stuhl unterm Tisch hervor und deutete darauf. »Setzen Sie sich, Petra.«
Sie setzte sich wortlos hin.
»Nun, dann eben Becher«, sagte Rachel. »Es geht mehr Tee rein, und er bleibt länger heiß.«
Ralph wählte den Stuhl neben Petra. Anthony bemerkte, dass er sogar einen Klecks Farbe über der Augenbraue hatte.
»Sind Sie in Suffolk geboren?«, fragte Ralph Petra.
»Ja, in Ipswich.«
»Ich habe Suffolk vermisst, als ich in Singapur war. Ich dachte damals, ich müsste unbedingt hier weg, aber dann war ich so erleichtert, wieder hier zu sein.«
Petra nahm einen Becher Tee. »Ich bin noch nie weg gewesen.«
»Möchten Sie denn?«
»Was?«
»Weggehen?«
Zum ersten Mal sah sie ihn direkt an. Rachel riskierte einen blitzschnellen Blick zu Anthony. Sie war doch bestimmt ganz hingerissen von Ralph, dessen gutes Aussehen von den alten Sachen und den weißen Farbklecksen nur noch betont wurde, oder?
»Nein«, sagte Petra. »Nein, ich glaube nicht. Ich würde – ich würde verkümmern.«
»Verkümmern«, sagte Anthony. »Was für ein schönes Wort. Verkümmern. Wie ein sehnsüchtiger Hund.«
»Vergiss mal die Hunde, Dad.«
»Ingwerbrot? Es sind auch Datteln drin.«
»Ich habe ein Cottage gekauft«, sagte Ralph zu Petra. Er nahm einen Bissen vom Ingwerbrot.
Sie wartete.
»Es steht direkt am Meer«, sagte Ralph. »Praktisch fast drin. Nur ein Stück die Küste runter von hier.«
»Tatsächlich?«
»Es ist ziemlich karg, richtig hinreißend …«
»Karg ist gut«, sagte Petra beiläufig.
»Wir durften es noch nicht …«, fing Anthony an.
Still, deutete Rachel ihm an und schnitt mehr Ingwerbrot auf. Sei still .
Ralph steckte sich noch ein Stück Ingwerbrot in den Mund. Mit vollem Mund sagte er: »Möchten Sie es sehen?«
Sie stellte den Becher ab. »Ja.«
»Dann kommen Sie«, sagte Ralph, noch immer kauend, und stand auf.
»Aber es wird schon dunkel«, sagte Anthony. »Ihr werdet gar nichts mehr erkennen.«
Petra stand ebenfalls auf. Ralph hob einen Arm, als wolle er ihn um sie legen, sie führen.
»Von der See kommt noch genug Licht«, sagte Petra.
Ralph lächelte zu ihr hinunter. »Genau.«
Petra drehte sich halb um und sagte zu Rachel: »Danke. Vielen Dank für den Tee.«
Rachel nickte. Ralph schob Petra beinahe durch die Küchentür und hinaus auf die steinernen Platten des Weges. Anthony und Rachel hörten die Haustür zuschlagen und dann das Geräusch von Ralphs startendem Wagen und knirschendem Kies.
Anthony sah Rachel an. Sie lächelten beide.
»Na dann«, sagte Anthony.
Rachel hob beide Hände mit gekreuzten Fingern hoch.
»Drück die Daumen!«
Kapitel 3
Luke fuhr mit Charlotte nach Venedig in die Flitterwochen. Sein Vorgänger in Charlottes Leben hatte einen einträglichen Job an der Börse, seine Urlaubsvorlieben waren Thailand und die Malediven, und in seiner Freizeit vergnügte er sich nicht zuletzt mit Transvestismus und Kokain. Seine Kokainsucht hatte Charlotte schließlich und endgültig den Spaß an ihm wie auch an Drogen verdorben. Sie betrachtete sich als ausgesprochene Freidenkerin, aber zu Drogen hatte sie eine ganz klare Einstellung. Als Luke sich das erste Mal mit ihr verabreden wollte, ließ sie ihn mit einer Vehemenz abblitzen, die ihn verblüffte.
»Was soll das heißen, nein? Warum musst du das so schroff sagen?«
»Weil ich dich gesehen habe«, sagte Charlotte. »Ich habe dich letzte Woche auf Julias Dinnerparty gesehen, und ich möchte nie wieder etwas mit jemandem zu tun haben, der sein Abendessen von einem Spiegel reinziehen muss.«
»Es war nur eine line …«
»Leute, die koksen, sind langweilig«, unterbrach ihn Charlotte. »Unerträglich öde. Sie sind entweder fickerig, weil sie gerade gekokst haben, oder fickerig, weil sie koksen wollen. Ihre Nasen laufen, und sie halten sich für faszinierend, aber sie sind einfach nur sterbenslangweilig. Gus war unglaublich langweilig. Ich dachte, die Erster-Klasse-Flüge nach Sri Lanka würden mich dafür entschädigen, haben sie aber nicht. Also, solange du
Weitere Kostenlose Bücher