Schwiegertöchter (German Edition)
fragte Luke.
»Wen genau meinst du?«
»Na ja, dich und Dad, Ed und Sigi und Mariella, Ralph und Petra und – oh, was ist jetzt mit Ralph und Petra?«
»Ralph hat ein Vorstellungsgespräch.«
»Wow. Fantastisch. Gut gemacht. Wo denn?«
»Mit deinen Brüdern hast du demnach auch nicht gesprochen?«
Luke verrückte das Telefon ein wenig. »Nein. Ich hab mit niemandem gesprochen. Zu beschäftigt mit Arbeit und Ehe, Mum. Einfach zu beschäftigt.«
»Dieses Vorstellungsgespräch hat Ed für Ralph organisiert. Ed war wundervoll. Und Mariella hat für die Jungs einen Korb voller Kekse gebacken. Wir hatten alle zusammen einen herrlichen Tag.«
»Schön«, sagte Luke.
»Wir haben dich vermisst.«
Luke schloss einen Moment die Augen. Er hielt das Telefon ans andere Ohr und sagte: »Was für eine Erleichterung, das mit Ralph.«
»Es ist nur ein Vorstellungsgespräch.«
»Aber es ist ein Anfang.«
»Warum rufst du ihn nicht an. Um ihm Glück zu wünschen …«
»Mum«, sagte Luke. »Ich entscheide selbst, wen ich anrufe.«
»Es wäre hilfreich gewesen, wenn du am Wochenende auch hier gewesen wärst.«
Luke schloss erneut die Augen. Er dachte daran, wie Marnie ihm am Sonntagabend den Korb mit den Himbeeren, einen flüchtigen Kuss und einen Klaps auf die Schulter gegeben und gesagt hatte, wie glücklich sie sei, Charlotte in der Obhut von jemandem wie ihm zu wissen. Er dachte kurz daran, seine Mutter darauf hinzuweisen, dass es jetzt noch eine andere Familie in seinem Leben gab und dass, obwohl seine Prioritäten sich nie verändern würden, fortan noch andere Menschen Bedeutung hätten. Aber ihm war augenblicklich klar, welchen Verlauf die Unterhaltung anschließend nehmen würde, und so beschränkte er sich darauf, gutmütig »Lass das, Mum« zu sagen und gleich darauf hinzuzufügen: »Wir kommen bald wieder mal nach Suffolk, versprochen. Char würde euch wahnsinnig gern die Hochzeitsfotos zeigen.«
»Wie schön«, sagte Rachel tonlos.
»Du kannst sie dir auch auf der Website ansehen, wenn du …«
»Es wäre mir lieber, du würdest sie mir zeigen, Liebling.«
»Das werde ich, Mum. Und ich werde Ed anrufen und Ralph, und jetzt muss ich los zu Charlotte.«
»Sag ihr liebe Grüße von mir.«
»Mach ich. Grüß Dad.«
»Alles Liebe für dich, Schatz«, sagte Rachel. »Alles Liebe.«
Luke drückte den Aus-Knopf. Das Telefon klingelte sofort wieder.
»Es war andauernd besetzt«, sagte Charlotte vorwurfsvoll.
»Es war Mum.«
»Eine Ewigkeit .«
Luke seufzte. »Ach, du weißt schon. Hat sich über vergangenes Wochenende ausgelassen.«
»Was war mit vergangenem Wochenende?«
»Wir sind nicht nach Suffolk gefahren.«
»Natürlich nicht«, sagte Charlotte. »Wir waren bei mir zu Hause. Wir haben einen wunderschönen Tag bei mir zu Hause verbracht.«
»Den hatten wir wirklich. Babe, ich vermisse dich.«
Charlotte kicherte leise. »Dann komm rauf.«
»Komm du runter.«
»Warum?«
»Ich muss dir was zeigen.«
»Wird es mir gefallen?«
»Wird es«, sagte Luke. »Du wirst sehr beeindruckt sein.«
»Das wirst du auch.«
»Das bin ich bereits.«
»Nein«, widersprach Charlotte lachend. »Nein. Nicht davon, was immer es ist, sondern von mir. Von etwas, das ich dir erzählen muss.«
»Erzähl es mir jetzt.«
»Nein.«
»Ach komm.«
»Nein«, sagte Charlotte. »Das ist etwas, das man persönlich erzählen muss.«
»Dann komm persönlich hier runter.«
»Okay.«
Luke hauchte einen Kuss durchs Telefon. »Kann es nicht erwarten, dich zu sehen«, sagte er. » Beeil dich. «
Luke war wach. Hellwach. Es war zwei Uhr vierzig in der Früh, und Charlotte lag tief schlafend und wunderschön neben ihm, ihr helles Haar berührte fast seine nackte Schulter. Was sie ihm heute Abend in seinem Studio erzählt hatte, war so bedeutsam, in gewisser Weise noch bedeutsamer als ihre Einwilligung, ihn zu heiraten, denn es war eine solche Überraschung und eine riesengroße Verantwortung und Veränderung und Freude zugleich. Luke legte eine Hand auf Charlottes Schenkel. Ein gewaltiges und ganz primitives Gefühl von Potenz durchströmte ihn.
Er hatte von Sigis Schwangerschaft seinerzeit nicht viel mitgekriegt. Ed und Sigi hatten geheiratet, als er gerade in seinem Interimsjahr zwischen Schule und Studium in Südamerika gewesen war, und obwohl sie damals ständig wegen der Hochzeit und günstiger Flugpreise in Kontakt standen, hatte Ed schließlich Luke angerufen, als der gerade am Titikakasee war, und gesagt, pass auf,
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