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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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seit sieben Monaten nicht mehr gesehen hatten. Doch Sigrids Mutter hatte abgelehnt, es tue ihr leid, aber ihr Vater habe am Samstagabend eine wichtige berufliche Veranstaltung in Stockholm, und sie würden daher in der Stadt bleiben.
    »Dann komm du halt«, entgegnete Sigrid.
    »Nein, ich kann nicht«, sagte ihre Mutter. »Ich begleite deinen Vater. Die Einladung gilt für uns beide.«
    »Und das ist dir lieber, als Mariella und mich zu sehen?«
    »Sigi«, sagte ihre Mutter ruhig. »Du hast uns mit deiner Reise völlig überrumpelt. Von heute auf morgen. Wir hatten eben schon andere Pläne.«
    »Aber ich wollte euch sehen. Wollte, dass ihr Mariella seht.«
    »Dann komm nach Stockholm.«
    »Aber ich wollte doch auf die Insel.«
    »Ich muss jetzt los«, beendete Sigrids Mutter das Gespräch. »Ich überlasse die Entscheidung dir.«
    Obwohl sie verärgert darüber war, dass ihre Eltern nicht umplanen wollten, freute sich Sigrid sehr auf die Insel. Sie sehnte sich nach dem vertrauten, leicht rauen Material der blauweißen Bettwäsche in der Hütte, sie sehnte sich danach, am Morgen noch im Schlafanzug eine Tasse Tee zu genießen und den Sonnenaufgang zu beobachten, und nach den Abenden am Strand, wenn sie Mariella zeigte, wie man einen Fisch ausnahm, so wie ihr Vater es ihr und ihrem Bruder Bengt gezeigt hatte, und wie man ihn mit einem Zweig aufspießte, bevor man ihn grillte. Aber Mariella mochte Fisch nicht besonders und weigerte sich entschieden, die klebrigen, verschlungenen Innereien anzufassen. Anstatt nachts friedlich zu schlafen, so dass Sigrid morgens ausgeruht und erholt aufstehen konnte, trat sie um sich und warf sich im Schlaf herum, riss die Decke weg und murmelte vor sich hin. Sigrid zog sich schließlich in ein anderes Zimmer und in das schmale Bett ihrer Kindheit zurück, wo ihre Füße ans Bettende stießen und in der Wand hinter ihr die ganze Nacht hindurch irgendwelche Abflussrohre gurgelten.
    Das Wetter war herrlich, aber die Tage auf der Insel waren lang – lang und, offen gestanden, ziemlich öde. Die Segelschulen, in denen Sigrid Mariella zum Unterricht anmelden wollte, waren nach dem Sommer bereits alle geschlossen, und nach einer ersten nostalgischen Klettertour auf den Felsen waren die Möglichkeiten für Spaziergänge ausgeschöpft. Weil die schwedischen Schulen mehrere Wochen vor den englischen wieder begannen, waren alle Familien bereits fort und hatten die Fensterläden ihrer Häuser verschlossen und zum Teil sogar schon die Boote mit Planen winterfest gemacht. Mariella sagte nicht rundheraus, dass sie sich langweilte, aber sie bemerkte hin und wieder, dass es merkwürdig sei, so ganz ohne Fernseher. Und es war merkwürdig. Der ganze Ort kam ihr seltsam vor, als wären ihre Kindheitserinnerungen reine Einbildung und nicht reale Erlebnisse. Am vierten Tag, als sie Mariella dabei zusah, wie sie Kieselsteine mit einer Hand zu einem kleinen Haufen schichtete, so als wäre es müßig, dafür beide Hände zu benutzen, schlug Sigrid vor, dass sie nach Stockholm zurückkehrten. Mariella rappelte sich auf die Füße.
    »Au ja !«
    Sigrid lächelte sie an. »Ist es hier so schlimm?«
    »Na ja«, sagte Mariella. »Es wäre besser gewesen, wenn Daddy auch mitgekommen wäre.«
    Ralph hatte alle seine Sachen für London auf dem Doppelbett ausgebreitet. Er konnte daran nicht mehr als »unser« Bett denken, obwohl sie noch gemeinsam darin schliefen, voneinander abgewandt und dicht an den Bettkanten liegend, damit sich kein Fuß oder Knie versehentlich berührte. Ralph hatte überlegt auszuziehen und bei Kit oder unten auf dem Sofa zu schlafen, aber Zorn hielt ihn in seinem eigenen Bett, und Zorn trieb ihn an, so schnell wie möglich nach London aufzubrechen. Edward, der seine Wut spürte, war einverstanden gewesen, dass Ralph ihr kleines Gästezimmer bezog, das außerdem als Sigrids Büro fungierte.
    »Es macht mich verrückt«, hatte Ralph zu Edward gesagt. »Das Leben hier. Verrückt. Und jeder Versuch, mit ihr zu reden, macht mich noch verrückter.«
    Das Problem war tatsächlich Petras Aufrichtigkeit.
    »Triffst du dich noch immer mit ihm?«
    »Ja.«
    »Und …« Pause. »Schläfst du mit ihm?«
    »Nein.«
    »Aber …« Schreien. »Du hast es vor?«
    »Vielleicht«, gab Petra zurück.
    Sie saß am Küchentisch und zeichnete, ihr Gesicht war größtenteils hinter dem herunterhängenden Haar verborgen.
    »Ich bin nicht unbedingt scharf auf ihn«, sagte Petra zu ihrem Skizzenbuch. »Aber vielleicht ja,

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