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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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zurück. Der Polizist öffnete Mrs Brenwalds Haustür, so dass wir einen Blick auf denPapiermüll dahinter werfen konnten, das Anzeichen massiver Verwahrlosung. Es war, als hätte mir jemand einen Schlag gegen die Brust versetzt. So wollte ich mir Mrs Brenwald nicht vorstellen, genauso wenig wie sie auf einer Bahre heraus getragen worden war. Ich sah Mutters Sarg vor mir. Überwältigt drehte ich mich um, rannte ins Haus und brach in Tränen aus.
    Ich konnte gar nicht mehr aufhören. Oben hockte ich mich in Peters Zimmer ans Fenster, seine Gitarre auf dem Schoß. Unten in der Küche hörte ich meine Brüder herumschlurfen. Dora rief nach mir. Ich schlug einen Akkord an, antwortete ihr aber nicht, deshalb kam sie herauf. Ich spielte «The Crystal Ship» von den Doors. Trotzdem kam sie weiter die Treppe hoch.
    Â«Alles in Ordnung?», fragte sie. Sie stand schnaufend an Peters Tür.
    Ich zuckte mit den Schultern und hoffte, das würde reichen. Aber mir brannten die Augen. Ich konnte die Rötung nicht verbergen.
    Â«Weine ruhig», sagte sie. «Das befreit.»
    Â«Nein, tut es nicht.»
    Ich widmete mich wieder der Gitarre und hoffte, sie würde endlich gehen, aber stattdessen kam sie näher. Ich beugte mich über die Saiten und spürte ihre Hand auf meiner Schulter.
    Â«Lass dich nicht zu tief hineinfallen», sagte sie. «Nicht in deinem Alter.»
    Sie fuhr mir mit der Hand sanft über den Rücken und sagte, sie würde nach unten gehen und das Abendessen vorbereiten. Als sie wieder in der Küche war, schrieb ich einen Song.
    Verlorene Lady
    Starrt auf Kreise
    Starrt auf Quadrate
    Liest Bücher, spielt einsame Spiele
    Sucht Trost,
    Sucht Frieden
    Springt durch die Wellen
    Läuft weg
    Auf der Zugfahrt nach Boston schnürte mir die Angst eine Dreiviertelstunde lang die Kehle zu. Sophie hatte etwas gemerkt und mehrmals gefragt, ob alles in Ordnung sei. Ich sagte, ich fühlte mich nicht wohl, was auch stimmte. Etwas war aus dem Lot geraten, in Schräglage, aus der Umlaufbahn. Mit sechzehn sollte ich den Führerschein machen und nicht das hier.
    Ich sah aus dem Fenster, um mich abzulenken, aber ich sah immer nur die hässliche Miss Holloway, wie sie im Sexualkundeunterricht vor unserer Klasse stand.
    Â«Es kann schon bei einem einzigen Mal passieren, Mädchen», sagte sie und hielt ihren Wurstfinger hoch. Weiß und fleischig wie ein schlaffer Penis zeigte er lahm an die Decke. Mit angespannten Gesichtsmuskeln rollte sie ein Kondom über einem Plastikpenis ab, der zu Anschauungszwecken auf einem Tisch stand.
    Die Jungen saßen in einem anderen Klassenzimmer und verfolgten wahrscheinlich eine ähnliche Demonstration des Football-Trainers.
    Â«Wie eklig», rief ein Mädchen aus den hinteren Reihen.
    Miss Holloways Kopf schnellte hoch, ignorierte denKommentar aber. Als das Kondom vollständig über den Plastikpenis gestülpt war, gab sie ihn einem Mädchen, das ganz vorne saß, mit der Bitte, ihn herumzureichen.
    Â«Da ist nichts Geheimnisvolles dran. Das ist reine Mechanik.»
    Wenn das bloß stimmen würde – wenn ich bloß gewusst hätte, was ich tat, wenn ich bloß dieses Risiko nicht eingegangen wäre.
    Im Zug saßen vereinzelte Highschool-Schüler und schwarze Haushälterinnen. Die Teenager fuhren bestimmt zum Musikunterricht oder zu ihren Nebenjobs in die Stadt, vielleicht wollten sie sich auch einfach nur amüsieren und die Langeweile der Klassenzimmer und des Vorstadtlebens hinter sich lassen.
    Von Liebe, Sorgen oder Hoffnung sagte Miss Holloway kein Wort. Sie hielt Päckchen mit Antibabypillen hoch, runde Plastikscheiben, die man an jedem Tag des Monats weiterdrehen musste. Sie reichte die kleinen gelben Tabletten herum. Von dem Gefühl, verschlungen zu werden, dem Kitzel, begehrt zu werden, sprach sie nicht. Sie führte Latex-Diaphragmen vor, eine gotterbärmliche Vorrichtung, die an einen Gummistöpsel für die Küchenspüle erinnerte. Sie hatte auch Tuben mit zahnpastafarbener Spermizidcreme dabei.
    Der Zug sauste an Vorstädten vorbei, an Bäumen, die schon ihr Herbstkleid übergestreift hatten. Ich sah Gärten mit noch grünen und gemähten Rasenflächen und näher an der Stadt dann verwahrloste und vollgemüllte Hinterhöfe: Kinderspielzeug, Plastikbälle, alte Turnschuhe.
    Ein Mann führt seinen Penis in die Vagina ein, hatte
Mutter bei

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