Schwindelfreie Luegen
zugegeben habe, es getan zu haben.«
»Aber du hast es getan?«
»Kein Kommentar.«
Jetzt muss ich lächeln. Allein, dass er mir bei dieser Antwort nicht in die Augen sehen kann, zeigt mir, dass er mehr darüber weiß, als er zugibt.
Der Hauptgang wird serviert und für einige Minuten herrscht Stille, während wir uns auf das Essen konzentrieren.
»Ich muss morgen aufs Revier, um eine Aussage zu machen. Vermutlich werde ich zu dem Raub befragt und zu dem Mann, mit dem ich die Ausstellung besucht habe. Was soll ich erzählen?«
»Die Wahrheit«, sagt Nicolai.
»Was? Dass ich mit dir dort war? Das würde die Verbindung zwischen uns aufdecken«, bemerke ich überrascht und lasse mein Besteck sinken.
»Nicolai dʼ Angely hatte keine Einladung zu dieser Ausstellung, es war wohl eher Jean Godard, nicht wahr?«
Kauend überlege ich. Wo er recht hat, hat er recht. Clever eingefädelt.
»Hast du Verbindung zu dem Hehler aufnehmen können?« Ich picke scheinbar desinteressiert in meinem Salat herum. Obwohl ich großen Hunger verspüre und das Essen exzellent ist, kann ich kaum etwas hinunterbekommen. Der Gedanke, dass Nicolai anders an diesem Juwelenraub beteiligt sein könnte, als seine Kollegen von der französischen Polizei glauben, verschlägt mir den Appetit. Dieses Problem scheint Nicolai nicht zu haben, er langt bei seinem Steak richtig zu.
I ch denke schon, dass ich keine Antwort erhalten werde, als er plötzlich nickt. »Ja, ich habe Verbindung zum Hehler aufgenommen«, murmelt er.
»Alexej Kowaljow?«
Er blickt fragend auf, woher ich das wohl weiß?
»Ich bin nicht dumm, Nicolai, sondern habe nur eins un d eins zusammengezählt. Dazu muss man nicht besonders intelligent sein.«
»Kowaljow ist nur ein kleiner Fisch, jemand, der Verbindungen hat. Ich will an die Hintermänner heran. Dafür sorgen, dass sie hinter Gittern landen und nie wieder herauskommen.«
»Was steckt dahinter, dass du so versessen darauf bist ? Es geht doch nicht nur um ein paar Schmuckstücke? Oder um deine Karriere?« Ich picke ein weiteres Salatblatt auf, damit bin ich endgültig satt.
»Können wir auf den Nachtisch verzichten? Ich würde gerne gehen .« Nicolai hat es mit einem Mal ziemlich eilig, übernimmt die Rechnung und wenige Minuten später stehen wir auf der Straße. Werde ich mich je an seine abrupten Aufbrüche gewöhnen? Kaum habe ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, fällt mir wieder ein, dass es keine gemeinsame Zukunft mit ihm geben wird. Nicht für mich. Nicht, wenn dieser Fall abgeschlossen ist. Erst dann werde ich wissen, auf wessen Seite er steht. Und selbst, wenn er wie ich zu den Guten gehört, so bleibt doch noch die Kleinigkeit, dass nicht nur er mich belogen hat, sondern ich ihn auch. Und zwar gründlich.
Der Wind hat aufgefrischt, es weht eine angenehme Brise vom Meer herüber.
»Möchtest du noch ein wenig an den Strand, Sylvie? Ich würde dir gerne noch etwas sagen.«
Er steht dicht vor mir und seine grünen Augen flehen mich geradezu an.
»Ich denke, ein wenig Bewegung wird mir guttun«, gebe ich bereitwillig nach und hoffe, dass mich ein Strandspaziergang auf andere Gedanken bringt.
Wir laufen nebeneinander die Straße zum Meer entlang, ohne uns zu berühren. Der Weg ist nicht weit und der zunehmende Mond ist fast voll. Das Meer ist aufgewühlt, die Wellen, die der Wind auf die Landseite drückt, laufen mit weißer Gischt im Sand aus.
Ich ziehe meine Schuhe aus und lass e meine Füße von den Wellen umspielen. Es kitzelt aber an den Zehen, das Wasser ist kühler, als ich gehofft hatte. Als ich zurückweichen will, hebt Nicolai mich plötzlich hoch. Instinktiv schlinge ich meine Arme um seinen Hals. »Hey, lass mich runter«, rufe ich, als mir bewusst wird, wie ich mich an ihn klammere.
»Nichts da, hier wird nicht weggelaufen«, lacht er und watet mit mir ins Wasser.
»Nicolai, du trägst noch deine Schuhe«, rufe ich entsetzt und klammere mich fester an ihn.
Unvermittelt bleibt er stehen. »Stimmt«, nickt er und schaut auf seine Stiefel. »Die sind nass, aber du bist vollkommen trocken. Das können wir ändern!«
»Nicolai, das ist nicht lustig, lass mich runter!«
»Hier?«, fragt er und lässt mich um ein Haar ins Wasser plumpsen.
»Ahh !«, schreie ich auf, doch er lässt mich nicht fallen, sondern schleppt mich zu einer Sonnenliege, die einsam und verlassen abseits im Sand steht. Er lässt sich darauf nieder und zieht mich auf sich. Trotz unserer Kleidung spüre ich die Wärme
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