Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
sonst nicht traut. Aber im Auto werden wohl kaum Tierschutzaktivisten über sie herfallen. Und sie hat sich einen Persianerhut in die Stirn gezogen. Er ist noch von Astrid und gehörte zu einem Pelz, der zu den Zeiten schick war, als das Geschäft mit Trojs Kunststoffbooten auf Hochtouren lief.
Gegen neun Uhr kriecht ihr trotz Lederstiefeln und langer Hose die Kälte die Beine hoch, und sie lässt ein Weilchen den Motor laufen. Um von den Politessen unbehelligt zu bleiben, hat sie viel Geld in den Parkautomaten gesteckt.
Leute kommen und öffnen ihre Geschäfte. Lillemor kümmert sich nicht um das, was sie sieht, und könnte es auch nicht beschreiben, wenn jemand sie danach fragte. In Erwartung des Autos, das kommen muss, ist ihre Aufmerksamkeit auf den Rückspiegel gerichtet. Das schlimmste Szenario wäre, wenn vor dem Micra ein Parkplatz frei würde, sodass Babba dort ihr Auto abstellen und sie entdecken könnte. Sie will auf gar keinen Fall mit ihr im Antiquariat reden, wo gegen elf der Pferdeschwanz auftauchen würde. Sie will sie für sich allein haben. Sie muss mit ihr verhandeln. Lillemor weiß nicht, ob sie etwas anzubieten hat, und sie will jetzt nicht daran denken. Sie beobachtet auch die Gehsteige auf beiden Seiten und die Straßenmündung. Schließlich ist denkbar, dass Babba zu Fuß kommt, und dann kann sie vom Odenplan her in die Einbahnstraße kommen.
Sie sitzt fröstelnd in der Langeweile dieser sich hinziehenden Warterei, als der Briefträger gegen die Einbahnrichtung in die Vegagatan geradelt kommt. Es dauert über zwanzig Minuten, bis er bei Apelgrens Antiquariat ist. Er wirft einige Sendungen in den Briefkasten an der Tür, und Lillemor erkennt den wattierten braungelben Umschlag, den sie geschickt hat. Danach dauert es nur eine Viertelstunde, bis eine unförmige Gestalt in braunem Steppmantel bei ihr am Auto vorbeigeht. Der Rücken, der Gang – alles Babba. Außerdem bleibt sie bei Apelgrens Antiquariat stehen und schließt mit einem Schlüssel auf. Es ist zwanzig vor elf. Genau wie von Lillemor vermutet, hat sie darauf geachtet, vor dem Pferdeschwanz da zu sein, um ihr Geld zu holen.
Zwanzig Minuten reichen nicht zum Verhandeln. Sie muss warten, bis sie herauskommt, und ihr folgen. Wenn Babba denselben Weg zurückgeht, den sie gekommen ist, muss Lillemor gegen die Einbahnrichtung fahren. Das hat sie noch nie in ihrem Leben getan. Sie bedenkt dies ebenso wie die Tatsache, dass sie nie zu Bett gegangen ist, ohne sich zu waschen und die Zähne zu putzen. Nicht mal während dieser liebesfiebrigen Tage in der Bäverns Gränd in Uppsala. Ihre Gedanken schwirren davon. Sie muss sich konzentrieren. Geht Babba zur Observatoriegatan hinauf, kann Lillemor ihr folgen, egal, welche Richtung sie dort einschlägt. Denn das ist keine Einbahnstraße.
Sie zieht den Hut noch tiefer ins Gesicht und lehnt sich, auf ein langes, fröstelndes Warten eingestellt, zurück. Da kommt Babba mit einer Plastiktüte in der Hand aus dem Laden. Sie geht in Richtung Odenplan, und Lillemor lässt den Motor an und fährt in einem, wie sie findet, passenden Abstand ganz langsam hinter ihr her.
Wenn sie nun auf dem Weg zum Hauptbahnhof ist, um irgendwohin zu fahren – was mache ich dann? Es gibt jetzt so viele Möglichkeiten, die sie bei ihrer Planung nicht bedacht hat. Die Gestalt im braunen Steppmantel kann wie ein großes Tier überall hintrotten, ohne Spuren zu hinterlassen. Im Moment trottet sie gemächlich vor sich hin, biegt nach rechts in Richtung Åhléns ab, stellt sich an den Fußgängerüberweg und wartet. Lillemor muss weiterfahren, als es grün wird, weil sie sonst eine wütende Kakophonie von Autohupen hinter sich zu hören bekäme. Sie will dann links abbiegen, denn Babba wird ja wohl nicht die Odengatan hinuntergehen, wenn sie die Straße überquert hat.
Sie ahnt, dass Babba auf dem Weg zur Bank ist, um das Geld in ein Schließfach zu legen. Hier kann sie aber nicht links abbiegen, und Lillemor fürchtet, dass die Norrtullsgatan eine Einbahnstraße ist. Dann kann sie genauso gut bis zum Sveavägen weiterfahren. Dort biegt sie, als es endlich grün ist, links ab und fährt bis zur Frejgatan, wendet glücklich und fährt nun auf dem Sveavägen in südlicher Richtung.
Sie muss sich beruhigen. Sie hat Herzklopfen und schwitzt, obwohl es ihr eben noch eiskalt gewesen ist. Es herrscht ein höllischer Vormittagsverkehr. Sie biegt nach rechts wieder in die Odengatan ein, und als sie die Bank an der Ecke
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