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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ein Bordell?“, fragte das Mädchen, und Gütze hätte ihr liebend gerne eins hinter die Ohren gegeben.
    „Fremde“, fuhr er eindringlich fort. „Vermutlich suchen sie überall nach Bordellen. Wahrscheinlich hätten sie die Kleine gern für sich, um irgendetwas – Ausländisches – mit ihr zu machen. Nein, Mann. Sei kein Narr. Du hast das Geld genommen. Wir haben eine Abmachung. Es ist eine gute Abmachung, für dich und das Mädchen.“
    „Was ist ein Bordell?“, fragte das Mädchen lauter.
    „Denk an das Geld!“, fuhr Gütze fort und ignorierte seine Beute. „Das kannst du in Amerika gut gebrauchen.“
    „Also ich bin aus Amerika, und ich kann Ihnen versichern, dass wir da nicht besonders scharf auf Leute sind, die ihre zehnjährigen Kinder an Bordelle verschachern“, sagte der Ältere. „Das ist widerlich.“
    Der jüngere Mann mischte sich jetzt ebenfalls ein.
    „Also wirklich, Mann. Das geht doch ni…“
    „Noch ein Ausländer!“, unterbrach Gütze. „Und als ich den das letzte Mal gesehen habe, hat er gerade versucht, ein junges Mädchen aus einem Gasthof zu entführen.“
    „Können Sie dem nicht Einhalt gebieten?“, fragte der Jüngere jetzt seinen Reisegefährten. „Wir können das doch nicht zulassen!“
    Der andere Mann zuckte mit den Achseln.
    „Das ist in der Tat ziemlich widerlich. Aber Kinder in den Dienst zu verkaufen ist in diesem Land eine anerkannte Praxis. Und Sie können nicht durch das gesamte Königreich ziehen und an jeder Ecke Mädchen in Not einsammeln.“
    „Aber das ist … absolut verwerflich. Sie ist doch viel zu jung für … für …“
    „Ich will in kein … was immer es ist!“, jaulte das Kind jetzt und wehrte sich in Gützes Griff. „Lassen Sie mich gehen! Ich sag’s meiner Mutter. Ich sag’s meiner Patentante!“
    Das klang fast wie eine Drohung, und Götze verkniff sich das abfällige Gelächter. Weder Mütter noch Patentanten rangierten besonders hoch auf seiner Liste ernstzunehmender Opposition.
    „Ich habe dir verboten, von deiner Patentante zu reden!“, schimpfte der Vater jetzt und klang auf einmal nervös.
    Der Schmerz kam überraschend. Die kleine Göre hatte Gütze in die Hand gebissen. Einen Augenblick lang ließ er sie los, doch schon griff er wieder nach ihr und erwischte ihre Haare. Ihr Schwung riss ihn beinahe hinter ihr her, eine überraschende Präsentation von Kraft und Entschlossenheit in einem so kleinen Ding.
    Dann sah er plötzlich eine alte Frau hinter den Männern stehen. Wie ein Schatten stand das hutzelige Weib da. War das die Patin? Wie auch immer. Der Vater hatte das Geld genommen. Und hässliche Hutzelweiber konnten ihm gestohlen bleiben. Außerdem war sie auch schon wieder fort. Vielleicht hatte er sich nur geirrt.
    Die Welt stülpte sich um. Licht flammte auf. Der Regen hörte auf.
    „Sie gehen rüber!“ Die Stimme gehörte dem jungen Mann.
    Rüber? Was war rüber?
    „Verdammt! Nicht hinterhergehen! McMullen! Nein!“

Kapitel 39

    K onstanze hörte den Wolf . Irgendwo hinter ihr im Nebel jaulte gelegentlich etwas. Jedesmal stellte sie fest, dass es schon wieder näher gekommen war. Dabei kam das Jaulen aus völlig unterschiedlichen Richtungen, war mal hinter ihr, dann wieder zu ihrer Linken oder zu ihrer Rechten.
    Die Antwort war vermutlich, dass es mehrere Wölfe waren. Ein ganzes Rudel mochte bereits hinter ihr her sei. Sie entsann sich noch sehr genau, wie es war, eine Wolfsschnauze im Nacken zu spüren. Einmal war sie davongekommen. Ein zweites Mal würde sie nicht mehr so viel Glück haben.
    Sie eilte weiter, immer auf den Hügel zu. Er schien jedoch nicht näher zu rücken. Sie lief und lief. Doch die Welt beherrschte den Trick, sich beliebig seitwärts zu orientieren. Sie zweifelte nicht daran, dass sie geradeaus ging. Und doch musste sie sich alle paar Schritte neu ausrichten. Ihr war schon schwindelig davon.
    Sie hatte angefangen, wie ein altes Mütterchen vor sich hin zu murmeln. Zum einen übertönte ihre eigene Stimme die laute, weiße Stille, die ihre Ohren fast verstopfte. Zum anderen half es ihr, sich zu konzentrieren, wenn sie ihr Ziel immer wieder vor sich hin betete.
    „Clarissa, ich komme. Ein bisschen dauert es noch. Aber ich bin schon auf dem Weg.“
    Sie murmelte ihre Versprechen im Rhythmus ihres ängstlichen Herzens. Das versuchte ihr mit jedem Pochen zu sagen, dass sie hier sterben würde. Oder dass sie faktisch ja schon tot war.
    „Clarissa, ich bin unterwegs. Hab noch ein bisschen Geduld.

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