Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
Ich bringe dich in Sicherheit.“
    Dann stand sie wieder da und lauschte, wartete auf Geräusche aus dem Nebel, der ihr nachkam. Wartete auf wilde Tiere, die aufhören würden zu heulen und anfangen würden, sie zu jagen.
    Sie schniefte die Tränen fort und verbat sich zu weinen, auch wenn Tränen nur der Herbstregen ihrer Seele wären. Bei dem Wetter, das sie bisher gehabt hatte, war Regen nichts Unnatürliches.
    Da fiel es ihr auf. Es gab gar kein Wetter. Keinen wirklichen Wind außer einem kreisförmigen Luftzug. Auch eine Sonne schien es nicht zu geben. Natürlich war da der Nebel, doch der wirkte unnatürlich.
    „Clarissa, ich komme. Hab noch ein bisschen Geduld. Ich bringe dich in Sicherheit.“
    Zum ersten Mal begriff sie den Trost sturer, liturgischer Wiederholung. Sie blockierte die Angst, verhinderte, dass in einem Ideen hochstiegen, die die Seele zerfraßen.
    Konstanze merkte nicht gleich, dass sie vor Erschöpfung und Grauen auf die Knie gesunken war. Doch sie durfte nicht ausruhen. Nicht einmal umdrehen sollte sie sich wie weiland Lots Weib.
    Der letzte Gedanke führte dazu, dass sie sich sofort umdrehte. Das weiße Nichts hatte wieder aufgeholt. Es kam näher. Ein tiefes Knurren war zu hören, böse und intensiv.
    Sie rappelte sich wieder vom Boden hoch und begann zu rennen. Nach einigen Schritten stolperte sie und fiel wieder hin. Ein Heulen durchschnitt den Nebel.
    Noch auf den Knien warf sie sich herum.
    „Geh weg!“, schrie sie. „Geh weg und lass mich in Frieden!“
    War da eine Bewegung im wirbelnden Weiß? Kroch da etwas am Rand entlang?
    Wieder zwang sie sich auf die Füße, brauchte ihre ganze Willenskraft dafür. Ihre Beine versagten den Dienst, als sie wieder rennen wollte. So setzte sie nur einen Schritt nach dem anderen. Ihre Knie waren wie aus Butter.
    Warum nur hatte die Welt es darauf abgesehen, sie umzubringen? Es war unfair. Sie fragte sich, ob diese Kette von grauenhaften Ereignissen wirklich angemessen war als Bestrafung für ihre Fehler.
    Sie blickte noch mal über ihre Schulter zurück. An einer Stelle schien der Nebel dunkler zu sein, als ob dort eine Gestalt auf sie zukam. Sollte sie wieder versuchen zu rennen?
    Stattdessen hielt sie an. Irgendwelchen wilden Bestien war sie, was Schnelligkeit anging, ohnehin nicht gewachsen. Auch wollte sie der Gefahr nicht den Rücken zuwenden. Da würde sie lieber stehen bleiben und der Sache ins Gesicht sehen.
    „Also, jetzt!“, sagte sie.
    Etwas kam. Die Zeit für eine Entscheidung war gekommen, die nicht sie, sondern wieder das Schicksal fällen würde.
    Wenn das Schicksal in der Nähe gewesen wäre, hätte Kons tanze es gerne getreten.
    Ein winziges Flämmchen Hoffnung keimte in ihrer Seele auf. Der andere Wolf hatte sie nicht umgebracht. Er hatte ihr vielmehr geholfen. Ob er das bewusst getan hatte oder ob sie einfach unendlich viel Glück gehabt hatte, war etwas, das sie nicht zu entscheiden in der Lage war.
    Sie hörte nichts. Der Nebel wallte vor ihr auf, und etwas trat hervor. Größer als sie. Breit und brutal.
    Kein Wolf. Ein Mann. Er trug eine farbenfrohe Uniform, wie aus einem Bilderbuch. Konstanze erkannte zumindest den Stil. So hatten die Balkanmilizen des Habsburgerreiches vor über einem Jahrhundert in etwa ausgesehen.
    Er hatte langes, schwarzes Haar, das zu Zöpfen geflochten war, und sein Schnurrbart hing an den Mundwinkeln seitlich herunter. Seine dunklen Knopfaugen durchbohrten sie mit einem Blick, als wäre sie ein Schmetterling für seine Sammlung.
    Ein Mensch. Vielleicht würde er ihr helfen?
    „Mein Herr“, begann sie und wusste nicht weiter. Sein Lächeln ließ sie erschauern. Er hatte den grausamsten Blick, den sie je gesehen hatte. Seine Augen wanderten über ihren Körper, nahmen jedes Detail auf. Seine Hand lag am Griff eines langen Krummsäbels. Und der Dolch, der ihm aus der Brust stak, war entschieden zu viel des Guten.
    Er ging auf sie zu. Dann driftete er seitlich ab. Auch ihm gelang es nicht, sich den plötzlichen Richtungswechseln zu entziehen. Seine Wut stand förmlich in der Luft.
    Er sagte irgendwas. Worte zerflossen ohne Bedeutung im Nebel.
    Sie sah sich um. Kein Stein, nicht mal ein Ast lag herum, den sie hätte als Waffe aufnehmen können. Sie konnte gar nichts gegen ihn ausrichten.
    Er kämpfte sich mühsam näher heran. Es schien ihm nicht einfach anzukommen. Doch schließlich und endlich würde er es schaffen – und dann?
    Die Welt verrutschte erneut, und plötzlich war er ganz nah. Sie

Weitere Kostenlose Bücher