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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sich nicht. Und das Gefährt – oder was immer es war – würde hoffentlich bald vorübergefahren sein.
    „Bitte. Bitte lass es vorbeifahren.“
    „Anhalten!“
    Sie erkannte diese Stimme nicht, aber konnte sich inzwischen vorstellen, wem sie gehören mochte. Sie klang nach arroganter Macht. Wie ein Gewitter kurz vor dem Losbrechen fühlte es sich an. Sie entsann sich, dass sie etwas Ähnliches in jenem Bordell gespürt hatte.
    „Was ist denn?“
    Die Stille zog sich. „Ich bin nicht da“, wiederholte Konstanze immer wieder in ihren Gedanken. „Ihr könnt mich nicht sehen. Außerdem habt ihr mich ja erschossen. Ich bin also schon tot. Die Aasfresser sind auch schon da.“
    Nicht ein Flügel regte sich. Selbst die Knopfaugen der Raben waren wie zu schwarzem Eis erstarrt.
    „Ich meinte, etwas zu spüren“, sagte die Stimme langsam.
    „Und was?“ Die sanfte Stimme klang ungeduldig. „Ist es das Werwesen? Oder die Hexe? Oder eine unheilige Erscheinung wie die auf dem Bauernhof? Jetzt werden Sie bitte etwas präziser, Bruder! Vielleicht ist der Schrei, den wir eben vernommen haben, doch nicht von einem wilden Tier gekommen?“
    Die Stille troff wie Melasse, langsam und zähflüssig.
    Konstanze konnte nicht sehen, was geschah. Sie konnte nur ahnen, dass der Mann, der „etwas gespürt“ hatte, nun versuchte, genauer in die Welt zu lauschen. Wenn sie sich nicht irrte, hatte sie ihn schon in Aktion gesehen. Einfach nur still dazuliegen würde sie nicht verbergen.
    Wenn sie sie fanden, würden sie sie zu Tode foltern.
    „Irgendwas ist da im Wald zu unserer Rechten. Wir sollten nachsehen.“
    Von nicht allzu weit erklang das Heulen eines Wolfes.

Kapitel 45

    W ohin er gestürzt war , wusste Gütze nicht. Seine Kenntnislosigkeit ärgerte ihn, nicht zuletzt deshalb, weil dies nicht sein Territorium war. Er gehörte nicht hierher, und ihm gehörte hier nichts.
    Noch nicht.
    Eine unheimliche Landschaft breitete sich vor ihm aus, doch er hatte kein Interesse an deren hässlicher Besonderheit.
    Er sah sich nach der Kleinen um. Eben erst hatte er den Halt an ihren Haaren verloren, als sie auf einmal auseinandergedriftet waren. Nun schien sie sehr viel weiter von ihm entfernt zu sein, als er das für möglich gehalten hatte, rannte auf einen Hügel oder kleinen Berg zu, der in der Ferne lag. Manchmal war sie dabei ungeheuer schnell, manchmal wieder erstaunlich langsam. Mit einem Mal driftete sie wieder auf ihn zu.
    Das war alles, was er an Motivation brauchte. Das Mädchen hatte ihn hierhergeführt – wo immer „hierher“ auch war –, also hatte es ihn auch wieder zurückzubringen. Ihre Sturheit und Widerborstigkeit waren ein weiterer Grund, die Kleine zu verfolgen. Er mochte weder die eine noch die andere Eigenschaft und hatte gelernt, dass man sie am besten von vornherein nicht zuließ.
    Freilich täte er jetzt besser daran, in Passau zu weilen. Anwesenheit war eine der Grundvoraussetzungen, wenn man seine Art von Geschäften machte. Man konnte niemandem trauen. Man musste selbst am besten überall sein – oder zumindest so wirken, als wäre man überall gleichzeitig. Diese vermeintliche Allgegenwart brachte einem zusätzlich Macht ein.
    Doch das bedeutete auch, man musste in seinem eigenen Territorium bleiben und sollte nicht durch eine blassblau-blutige Landschaft flanieren, die einem das Gefühl gab, besoffen zu sein, ohne die positiven Aspekte von Trunkenheit beizusteuern. Er weigerte sich, über diesen Ort und was er bedeuten mochte, überhaupt nachzudenken. Unwichtig. Wichtig war, schnellstmöglich zurückzukehren.
    „Halt an, verdammtes Gör!“, brüllte er der Kleinen hinterher, die vielleicht den Ausgang kannte. Doch sie beschleunigte daraufhin nur ihre Schritte.
    Er stolperte beinahe, als sich der Grund unter seinen Füßen zu verschieben schien.
    „Anhalten!“, rief er wieder wütend, doch auch ein wenig besorgt, dass er sie verlieren würde und dann hier festsaß. Ein Gedanke, der keinesfalls angenehm war.
    Andererseits konnte alles auf der Welt eine Gelegenheit sein. Sein Verstand war zu sehr am Materiellen orientiert, als dass er sich darum Gedanken machte, was dies hier sein mochte. Vielmehr dachte er darüber nach – so, wie er es immer tat –, wie man es zu Geld machen könnte.
    Wäre es ein gutes Versteck? Konnte man hier Konterbande oder Beute verbergen? Oder Menschen?
    Er rannte stolpernd und fluchend weiter. Der Abstand zu dem Mädchen wurde mal größer, mal kleiner und ließ sich

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