Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
erkennen konnte, waren eine scharf gebogene Nase und dünne Lippen. Schwarze Augen schienen aus dem Schatten des Kleidungsstücks zu glitzern, und einige Strähnen schwarzen Haars konnte sie eher raten als sehen.
    „Pst!“, zischte er, und Konstanze brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie das beruhigen sollte.
    „Bitte, Sie müssen mich loslassen! Ich muss nach Passau. Ich muss …“
    Er zog sie näher, dann legte er eine Hand wie in einem Segen auf ihr Haupt. Sie blieb still stehen, wobei ihr klar war, dass sie besser sofort davonrennen sollte. Doch in ihr schien keine Kraft mehr zu sein, und die Macht, die der Mann verströmte, war aberwitzig. Ihre Haut kribbelte. Jede Pore ihres Körpers reagierte, heizte sich auf, dampfte beinahe. Ihre Knie gaben nach, und seine andere Hand ergriff ihren Oberarm.
    Einen Moment lang wurde es schwarz. Er hielt sie nun mit beiden Händen aufrecht, und sie versuchte, sich zu sammeln.
    Sie war trocken. Ihre Kleidung und Stiefel auch, sogar ihr Hut. Hatte er das getan? Oder träumte sie?
    Eine plötzliche Angst beschlich sie, dass sie soeben in der Donau ertrunken und dies nur eine bizarre Präliminarie für den Eintritt ins Jenseits war. Der Mann war zu unheimlich. Tatsächlich war sie sich nicht einmal sicher, ob er ein Mann war. Er wirkte männlich, aber nicht menschlich. Wenn sie wenigstens sein Gesicht erkennen könnte, doch es wurde immer dunkler.
    „Erzähl“, sagte eine Stimme in ihrem Kopf.
    „Wer sind Sie?“, fragte sie.
    „Einerlei“, sagte die Stimme. „Erzähl mir von dir.“
    „Ich muss nach Passau. Jemand hat mich in den Fluss geworfen. Sie haben meine Schülerin Clarissa. Ich muss sie retten. Sie … sie kann sich nicht alleine helfen.“
    „Du wärest beinahe gestorben“, vernahm sie. „Der Fluss hat dich mir erhalten. Du lebst, weil die Macht der Natur wie eh und je die des Menschen besiegte. Was wirst du für diese Rettung bezahlen?“
    „Bezahlen? Wie soll ich etwas bezahlen? Ich habe gerade alles verloren, einschließlich meiner Integrität. Ich habe einen furchtbaren Fehler gemacht. Er wird jemand anderen teuer zu stehen kommen, den ich sehr schätze. Ich muss unbedingt …“ Sie hielt inne. „Ich brauche Hilfe, und außer meiner Dankbarkeit habe ich nichts zu geben.“
    Seine Finger bohrten sich beinahe schmerzhaft in ihre Arme. Wie Krallen.
    „Du hast deine Stärke und deine Anmut“, sagte die schroffe Stimme.
    „Ich bin nicht …“
    „Sei nicht so bescheiden“, sagte er. „Unter den Vögeln wärest du ein Schwan. Unter den Menschen bist du die Heldin der Amazonen.“
    „Dann bin ich eine Heldin mit einer Aufgabe. Ich kann nicht ruhen, bis sie erfüllt ist. Bitte! Ich könnte mit der Schuld nicht leben.“
    Er nickte.
    „Dann werde ich dir helfen – im Austausch für deine Dankbarkeit. Doch diese Dankbarkeit ist nicht hohl und leer. Ich bitte dich nicht um ein Gefühl. Ich verlange eine Verpflichtung. Eine Aufgabe. Du bist mein für diese Aufgabe. Mein, mir in dieser einen Sache zu gehorchen, und mein bleibst du, wenn du mich betrügst. Verwirkt. Stimmst du zu?“
    Sie bebte heftig. Sie war sicher, dass sie nicht alle Implikationen des Angebots erahnte. Was die Folgen anging, so mochten sie grauenvoll sein. Ihre christliche Erziehung hieß sie davonrennen und beten. Dies hier war falsch. Vielleicht geschah es nicht einmal? Vielleicht war dies die Entscheidung, wo sie die Ewigkeit zubringen würde. „Ich habe gerade alles verloren“, hatte sie gesagt. Stimmte das, oder würde sie nun auch noch ihre Seele verlieren?
    Wer war dieses Geschöpf? Würde sie einen gespaltenen Bocksfuß sehen, wenn sie seinen Umhang etwas anhob? Oder war das nur ein dummer Gedanke, geboren aus ihrer Angst? Sie war ja wohl kaum interessant genug, um einen Besuch des Höllenfürsten persönlich zu rechtfertigen.
    Wenn er der Teufel war, fühlte sie zumindest nicht das Böse in ihm lauern. Nur erkannte man das Böse nicht immer. Doch wenn dies eine Verführung war, sollte er ihr dann nicht Reichtum und Macht anbieten? Sie bat nur um Hilfe für einen anderen Menschen. War das schon eine Sünde?
    Vielleicht war dies ja nicht der Augenblick, sich in Aberglauben zu verlieren. Aberglaube befasste sich mit dem Unsichtbaren. Dieser Mann war körperlich sehr wohl anwesend. Seine Berührung war voller Kraft. Er war bei ihr, und ihr war nicht nach davonrennen. Tatsächlich fühlte sie sich vielmehr danach, sich zurück in jene Umarmung zu begeben.
    Was mochte

Weitere Kostenlose Bücher