Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
einen ruhigen Abend genau in diesem Wirtshaus verbracht hatten. Das hatten die Polizisten nicht erwartet.
„Wen suchen Sie denn, Herr Wachtmeister?“, fragte Sutton unglaublich gelassen.
„Mörder. Es gab einen Mord in einem Hu... Bor... in einem übel beleumundeten Haus in dieser Stadt. Sie sollten besser ohne Widerstand mitkommen.“
Sutton blickte betroffen drein.
„Ein Mord? Wie schrecklich! Und jetzt denken Sie, der muss zwangsläufig von den einzigen Ausländern in der Stadt begangen worden sein?“ Er sprach ganz ruhig, als machte er sich nicht die geringsten Sorgen ihretwegen.
„Man hat uns informiert, dass Sie beteiligt waren.“ Die Antwort klang hölzern. „Kommen Sie jetzt freiwillig mit, oder müssen wir Gewalt anwenden?“
Sutton nickte weise, legte die Gabel beiseite und vollführte eine winzige Bewegung mit der Hand. Er ignorierte einfach die Aufforderung mitzukommen.
„Interessant“, meinte er. „Aber nicht gut möglich, da wir ja hier waren. Der Herr Wirt hat es gerade bestätigt. Jetzt möchte ich Ihnen eine Frage stellen: Sah Ihr Informant aus wie ein Mönch? Sehen Sie, mein Kollege hier und ich, wir versuchen, eine Gruppe von Betrügern dingfest zu machen, die sich als Klerus verkleidet, damit sie die braven Bürger umso leichter täuschen kann.“
Die Polizisten standen reglos.
„Aber“, fuhr Sutton fort, „natürlich konnten diese Betrüger Sie nicht vollends überzeugen, nicht wahr? Selbstverständlich mussten Sie die Aussage überprüfen, doch jetzt sehen Sie, dass Sie hier die falschen Leute haben.“ Ganz unauffällig gestikulierte Sutton, und Ian sah, wie Suttons Kaffee sich konvex nach oben wölbte, ganz gegen die Schwerkraft. Er hoffte, dass es sonst niemand merkte. Die meisten Magier benutzten ein Medium, um ihre Manipulationen besser verankern zu können. Ein morgendlicher Mokka war allerdings neu.
„Aber das waren ganz fromme Männer, die der Bischof geschickt hat“, wehrte sich einer, während ihm der Schweiß über die Wange rann. Ein willensstarker Mann.
„Ich gehe mal davon aus, dass Sie nicht – selbst – mit seiner Exzellenz dem Herrn Bischof gesprochen haben?“, fragte Sutton etwas überfreundlich. „Wie haben diese sogenannten Mönche denn von diesem Mord wissen können?“
„Sie waren dabei, glaube ich“, murmelte der Gendarm nun nicht mehr sehr sicher.
„Mönche? In einem übel beleumundeten Haus? Und das fanden Sie nicht verdächtig?“
Der Polizist blickte ein wenig beleidigt ob dieser recht amüsierten Frage.
„Sie sind vielleicht nur dort gewesen, um das Wort Gottes zu predigen und die losen Frauenzimmer zu ermahnen, ein frommes und sündenfreies Leben zu führen!“
„Meine Herren! Ein Besuch im Bordell ist und bleibt ein Besuch im Bordell. Ich bin ja kein Experte auf diesem Gebiet, aber ich möchte doch meinen, dass die Leitung einer solchen Einrichtung solche Versuche ortsnaher Bekehrung aufs Entschiedenste unterbinden würde. Man sollte vielleicht die ... Damen und Herren dieses Betriebes direkt befragen.“
„Die Frau, die dem Haus vorstand, war das Mordopfer.“
Sutton schenkte dem Gendarm ein süßes Lächeln.
„Was Sie nicht sagen! Gleich nach dem Besuch jener falschen Mönche? Warum überrascht mich das nicht?“ Er gestikulierte ein wenig deutlicher. „Ich denke, meine Herren, Ihr weiteres Vorgehen ergibt sich von selbst: Gehen Sie und verhaften Sie jeden falschen Mönch, der Ihnen begegnet – in Passau und im gesamten Umland!“
Die Polizisten nickten wie betäubt. Dann drehten sie auf dem Absatz um und waren weg.
Ian atmete tief ein und widerstand dem Drang, seinem Kollegen lautstark zu gratulieren. Stattdessen biss er entschlossen in sein Brot und beobachtete den winzigen Tsunami, dessen Wogen sich am Rand der Kaffeetasse brachen.
„Falsche Mönche?“, fragte der Wirt. „Sind die gefährlich?“
„Sehr gefährlich“, erwiderte Sutton.
„Aber wir haben hier wirklich viele Mönche in der Gegend!“, rief er schockiert aus.
„Ach.“ Sutton nickte ernst. „Dann hat die Königlich Bayerische Gendarmerie ja gut zu tun.“
Kapitel 23
K onstanze schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie wusste sofort, wo sie war. In der Wildnis, in einem Heuschober. Das war nun kaum der ideale Aufenthaltsort für eine anständige Dame mit erzieherischen Ambitionen.
Graues Morgenlicht warf seine Strahlen durch Spalten und Löcher im Holz in das klapprige Gebäude. Konstanzes Atem dampfte weiß in der Kälte.
Von Rosbergs
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