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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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Frieden. Ich begrub sie in einem Grab nahe dem Kerker ihres Sohnes und brachte ihre Tochter von dort weg - auf eine Insel weit im Nordwesten, wohin ich auch weitere Überlebende aus den Gebieten zwischen Nil, Euphrat und Tigris führte, damit sie für das Kind und somit für den Fortbestand deiner Familie sorgen sollten.“
    Maggies Herz war angefüllt von Trauer, und etwas in Axels Erzählung beschäftigte sie ganz besonders. „Wieso hast du nicht vorher versucht, Azra’El aufzuhalten, um die Menschen zu beschützen, die dich als ihren Gott anbeteten?“
    Axels Gesicht verfinsterte sich. „Ich bezweifle, dass ich stark genug gewesen wäre, den Abaddon zu besiegen. Aber das werden wir hoffentlich nie erfahren. Dass ich es nicht einmal versucht habe, hat seinen Grund. Die Vernichtung der Menschheit war nur ein Teil des Krieges, der damals stattfand. Nur ein Teil des Planes zur Vernichtung des Bestehenden und des Versuches, eine Neue Ordnung herzustellen.
    Die Engel können zwar keine Menschen töten, wohl aber Nephilim. Und um genau das zu tun und um all jene von uns Engeln, die den neuen Herrscher in den Himmeln nicht als den ihren anerkannten, gefangen zu nehmen, waren die Sieben vom Rat der B’Nai Elohim, die Erzengel, mit ihren Armeen zeitgleich mit Azra’El ausgesandt worden, zum Kampf gegen uns und die Nephilim.
    Sie vernichteten unsere Kinder und legten uns in Ketten, wo immer sie auf uns trafen. Der Krieg war ein schrecklicher. Zu der Zeit, zu der Azra’El die Sintflut über die Menschen brachte und dann die Überlebenden jagte, war ich in ein Duell mit Ba’Al’T’Azar verwickelt.“
    „Ihr habt schon einmal gegeneinander gekämpft?“, fragte Maggie überrascht.
    Axel nickte. „Die Sahara ist Zeugnis unseres Kampfes“, sagte er. „Und heute empfinde ich es als Fehler, ihn damals am Ende verschont zu haben; aber ich war losgezogen, um den Menschen ein Leben in Freiheit zu bringen, nicht meinesgleichen den Tod, nur weil sie jemandem dienten, der nicht das Recht hatte zu regieren. Er, Ba’Al’T’Azars Herr, war der wahre Rebell. Er hatte die wunderbare Schöpfung der Elohim an sich reißen wollen und hat sie dann vernichtet, weil er sie nicht beherrschen konnte wie er es sich gewünscht hatte.
    Und als er sah, wie Ba’Al’T’Azar gegen mich verlor und ich seinen Sohn in den Kerker von Karnak sperrte, wandte er sich einfach ab und ging fort - für immer. Ba’Al’T’Azar aber glaubt, dass sein Herr, wenn er jetzt den Abaddon wiedererweckt und die Menschheit und mich vernichtet, zurückkehren wird, um die versprochene Neue Ordnung aufzubauen.“
    Maggie seufzte und schüttelte traurig den Kopf. Sie konnte nicht sagen, was schlimmer war - das, was damals geschehen war oder die Tatsache, dass sie die Macht hatte, den zu erwecken, der es noch einmal geschehen lassen konnte.

 
20. KAPITEL
    Stille Nacht
    Ein Käuzchen schrie.
    Maggie und Axel traten aus der Hütte auf die Lichtung hinaus. Die Abendsonne stand niedrig über den Baumspitzen vor ihnen. Libellen sirrten mit glitzernden Flügeln durch das Gras und Grillen zirpten. Schwalben tanzten weit oben in der Luft - ein sicheres Zeichen für gutes Wetter. Maggie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal derart frische Luft geatmet hatte und tat gleich mehrere tiefe Züge. Sie wusste, dass sie im Recht war, wütend auf Axel gewesen zu sein, aber nun, da sie die Motive für sein Handeln kannte und verstand, tat es ihr unglaublich leid, ihrem Unmut derart freien Lauf gelassen zu haben, ohne zuvor die Hintergründe zu kennen.
    „Ich hoffe, du bist mir nicht böse“, sagte sie, während sie auf den Waldrand zugingen. Die Idylle des Ortes ließ sie die Schrecken von Mexiko und Karnak vergessen. Die Idylle und, wie sie mehr und mehr merkte, natürlich Axels Nähe. Es war, als ob sich alle Ängste und Befürchtungen durch ihn ganz einfach in Luft auflösten.
    „Du hoffst, dass ich dir nicht mehr böse bin?“, fragte er erstaunt - und gerührt. Dann seufzte er. „Ich bin schon heilfroh, dass du mir nicht mehr böse bist.“
    „Ich habe voreilig reagiert“, gab sie zu.
    „Hast du nicht. Du konntest ja schließlich nicht wissen, worum es überhaupt ging“, entgegnete er. „Ich hätte sehr viel früher und schneller mit offenen Karten spielen sollen.“
    „Wer weiß, ob ich dir dann geglaubt hätte“, sagte sie. „Es ist um einiges wahrscheinlicher, dass ich dich für einen abgedrehten Spinner gehalten und das Weite gesucht hätte.

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