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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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sicher.
    Schließlich führte der Pfad der Zerstörung ihn nach Theben. Er hinterließ eine schreckliche Spur der Verwüstung. Dann aber erreichte er den Königspalast, und es geschah etwas Seltsames.
    Neferkara hatte sich, um ihre neugeborene Tochter vor dem herannahenden Monster zu retten, in einem der hintersten Winkel des Palastes versteckt. Um das weinende Mädchen zu beruhigen, auf dass ihr Geschrei nicht ihr Versteck verrate, sang sie ihm leise ein Schlafliedchen vor.
    Azra’El aber hatte ein sehr feines, übernatürliches Gehör. So wie alle Engel oder engelsgleichen Wesen. Er vernahm den leisen Gesang ... und es rührte ihn ... und zu seiner großen Verwirrung fielen all seine Wut, sein Hass und sein vom Vater ins Herz gepflanzter Zorn mit einem Mal von ihm ab.
    Die Melodie kam ihm wohlbekannt vor, denn das Schlaflied, das Neferkara ihrer kleinen Tochter sang, war das gleiche, das sie immer gesungen hatte, als er, der Engel des Todes selbst, noch ein Ungeborenes war in ihrem Leib. Er erkannte es wieder, und er folgte ihrer so vertrauten Stimme bis zu ihrem Versteck.
    So fand Azra’El nach all der Zeit und all dem Schrecklichen, was geschehen war und das er getan hatte, endlich zu seiner Mutter zurück, und sie sah am Blick seiner Augen, dass es ihr eigener Sohn war, der dort vor ihr stand - seine Schwerter und Klauen, ja selbst seine Flügel rot vom Blut ihres Volkes.
    Sie grüßte ihn voller Liebe, nahm ihn zu ihrem Neugeborenen in die Arme und sang nun unter Tränen auch für ihn. Da begann er ebenfalls zu weinen - vor Glück; denn nach all der Zeit der Einsamkeit fühlte er sich endlich geborgen. Auch die Vernichtung der Menschheit hatte ihren Tribut gefordert. Er war so schrecklich müde ... und zum ersten Mal in seinem Leben schlief der Abaddon friedlich ein. So tief, wie er noch nie zuvor geschlafen hatte.
    Neferkara war glücklich, ihren Sohn wiedergefunden zu haben ... aber sie wusste auch, was er angerichtet hatte; was und wer inzwischen aus ihm geworden war ... und dass sie dem ein Ende bereiten musste, wenn sie wenigstens die letzten verbliebenen Menschen retten wollte. Also rief sie mich zu Hilfe.“
    „Wieso dich?“, fragte Maggie.
    Er zögerte.
    Sybaris deutete mit dem Mundstück ihrer Pfeife auf ihn. „Komm schon, erzähl es ihr. Da ist nichts wofür du dich schämen müsstest.“
    Axel seufzte - dann nickte er.
    „Ich war ihr Gott, Magdalena.“
    „Ihr Gott?“, fragte sie verwundert.
    „Ja. Der Gott Caphtors“, sagte Axel, und es lag Wehmut in seiner Stimme. „Ich hatte es gegründet, indem ich die Menschen dort Ackerbau gelehrt hatte und Viehzucht, Bergbau und das Schmieden von Eisen. Ich hatte der Menschheit die Zivilisation gebracht, damit sie frei von den Göttern leben und existieren konnten, ohne auf deren Gnade angewiesen oder deren Machtspielen unterworfen zu sein. Und furchtbarerweise war es letztendlich genau das, wofür man sie jetzt fast völlig vernichtet hatte: ihre Unabhängigkeit von höheren Mächten.
    Ich folgte Neferkaras verzweifeltem Ruf und fand den in ihren Armen schlafenden Abaddon. Ich konnte ihn nur in Ketten legen, weil er tief und fest schlief ... und seine Mutter weiter für ihn sang. Wir brachten ihn an einen abgelegenen Ort am Nil, und dort errichtete ich Karnak, den Kerker des Zerstörers.“
    „Tazz hat behauptet, es sei die Festung des Wassers “, sagte Maggie erstaunt.
    „Du weißt ja inzwischen nur zu gut, wie genau es mein Bruder mit der Wahrheit hält“, erwiderte Axel. „Er wusste, wenn er dir die echte Übersetzung nennt, würdest du es dir zweimal überlegen, ehe du so einfach ein Siegel öffnest.“
    „Zum Glück haben mich meine Instinkte auch so davor bewahrt“, sagte sie mit hörbarer Erleichterung.
    „Zum Glück, ja“, stimmte Axel ihr zu. „Als ich Azra’El in den Kerker legte und ihn dort einschloss, brach es Neferkara aus Trauer um ihren Sohn das Herz. Nie sollte ich diesen Klang vergessen - und schließlich habe ich daran auch dich erkannt.
    Sterbend bat sie mich darum, den Kerker so zu versiegeln, dass er wieder geöffnet werden könnte ... in einer fernen Zukunft... in zwölf mal zwölf Generationen ... von der einhundertvierundvierzigsten ihrer eigenen Blutlinie ... und das auch nur aus freien Stücken, niemals unter Zwang ... auf dass ihre Nachfahrin, und das bist du, Magdalena, entscheiden sollte, ob die Menschheit es verdiene, dass ihr Sohn auf ewig im Abgrund liege.
    Ich tat, worum sie mich bat, und sie starb in

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