Schwingen der Lust
sie es jetzt wieder mit der Angst zu tun, aber als Axel nur darüber lachte, dass sie sich erschreckt hatte, wusste sie, dass ihr nichts passieren konnte.
Dennoch kostete es sie einiges an Überwindung, dem Wunsch, das seidige Fell zu berühren, nachzugeben und die Hand auszustrecken. Der Pelz war warm und weich zwischen ihren Fingern, und der Wolf gab einen zufriedenen Laut von sich, wie um sie einzuladen, weiterzumachen. Das machte sie mutiger, und sie kraulte das große Raubtier hinter dem Ohr - dort wo das Fell ganz besonders weich ist,
Der Wolf sagte: „Etwas höher, bitte.“
21. KAPITEL
Neu getauft
Etwas höher, bitte.“
Der Wolf hatte die drei einfachen Worte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da war Maggie schon, bis ins Mark hinein erschreckt, hoch und auf die nackten Füße gesprungen und hatte einen schrillen Schrei ausgestoßen. Sie zog Axel mit sich nach oben und klammerte sich ängstlich zitternd an ihn.
Doch Axel lachte nur. Und zwar aus vollem Hals. Wie ein Kind, dem ein Schabernack ganz besonders gut gelungen war. Mit schreckgeweiteten Augen sah Maggie erst ihn und dann noch einmal den Wolf völlig irritiert an.
Ihre Verwunderung wurde noch größer, als der Wolf sich plötzlich ganz elegant auf die felligen Hinterbeine erhob ... und sich vor ihren ungläubigen Augen innerhalb weniger Sekunden und völlig fließend verwandelte ...
... in Sybaris! Auch sie lachte, versuchte aber wenigstens höflich es zu unterdrücken.
„Es tut mir leid“, gluckste sie und hätte sich dabei beinahe verschluckt. Sie war nackt von Kopf bis Fuß, mit Ausnahme eines schmalen Gürtels aus Wolfsfell, aber ihr langes, schwarzgraues Haar fiel wie ein Mantel über ihren Leib. Nachdem sie zu Ende gehustet hatte, sagte sie: „Ich wollte dich nicht erschrecken, Kleines. Wirklich nicht. Na ja, ein bisschen vielleicht schon. Aber nicht so sehr.“
Maggie stieß unwillkürlich einen Ruf der Entrüstung aus und prügelte mit ihren Fäusten wütend auf Axels breite Brust. „Und du hast es gewusst!“
Noch immer musste er so sehr lachen, dass er nicht antworten konnte. Tränen liefen ihm über die Wangen. Maggie wurde bewusst, dass sie ihn noch nie so befreit lachen gesehen hatte - und konnte ihm nicht länger wirklich böse sein.
„Und die anderen?“ Sie deutete auf die Wölfe um sie herum. „Sind das auch Menschen?“
„Nein“, sagte Sybaris. „Das sind alles wirkliche Wölfe. Mein Rudel. Ich habe sie gerufen, ich brauche sie für das Ritual.“
„Das Ritual?“, fragte Maggie.
„Deine Witterung“, sagte Sybaris.
„Ich verstehe nicht“, gestand Maggie.
„Wir müssen sie ändern, damit Ba’Al’T’Azar dich nicht so schnell findet.“ Plötzlich hielt sie eine alte, dem Augenschein nach selbst geschmiedete Schere aus schwarzem Eisen in der Hand und streckte sie Maggie entgegen.
„Was soll ich damit tun?“, fragte Maggie.
Sybaris deutete im Kreis, von einem der um sie herum stehenden Wölfe zum anderen. „Du schneidest jedem meiner Gefährten eine Fellsträhne von der Brust.“
Maggie starrte die Alte an, als hätte die von ihr gerade verlangt, mit einem Besen auf den Mond zu fliegen.
„Mach schon“, drängelte Sybaris. „Je schneller wir fertig sind, umso besser.“ Sie machte eine knappe Bewegung mit der Hand, und die Wölfe stellten sich folgsam in einer Reihe nebeneinander auf.
Obwohl sie sah, dass die Wölfe Sybaris aufs Wort gehorchten und Axel in ihrer Nähe war, hatte Maggie plötzlich nicht mehr die gleiche Zuversicht wie vorhin, dass die Tiere ihr nichts tun würden. Dafür hatte die Sache eben sie doch zu sehr erschreckt - und die Wölfe sahen einer wilder aus als der andere. Aber sie erkannte und akzeptierte, dass es getan werden musste und kämpfte ihre Unsicherheit nieder.
Sie zögerte noch einen Moment, holte dann tief Luft und ging schließlich zu den Wölfen, um bei dem linken anzufangen.
Sie griff in das dichte, grauschwarze Fell seiner Brust, packte eine Haarsträhne und schnitt sie etwas umständlich mit der altertümlichen Schere ab. Das Tier rührte sich dabei nicht einen Zoll und machte auch keine Anzeichen, dass ihm die Behandlung unangenehm war. Um einiges erleichtert, ging Maggie gleich weiter zum zweiten. Und nachdem sie auch dort ganz ohne Probleme ein Stückchen Fell abgeschnitten hatte, waren die nächsten ein Kinderspiel.
So schnitt sie weiter, bis sie schließlich von jedem der Wölfe eine Strähne hatte.
„Gib sie mir“, sagte Sybaris, streckte
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