Schwingen der Lust
unabsichtlich, natürlich - noch besser zu präsentieren, und als sie sah, wie zusätzliches Feuer in seinen Augen aufflammte, kribbelte es in ihrem Bauch ... und tiefer.
„Lasst das, Kinder“, grummelte Sybaris mit einem vorwurfsvollen Lächeln. „Für Turteln haben wir jetzt wirklich keine Zeit. Dem könnt ihr euch wieder in aller Ruhe widmen, wenn das Ritual erst einmal abgeschlossen ist.“
Maggie fühlte sich ertappt und wurde rot.
Axel räusperte sich.
Sybaris winkte Maggie, wieder aus dem Weiher herauszukommen. Nass wie sie war, trat sie an die Alte heran. Die nahm den Gürtel aus geflochtenem Wolfshaar und legte ihn Maggie um die Taille. Sie verschloss ihn mit einer kleinen goldenen Spange, die sie, wie zuvor die Schere und das Fläschchen mit der Wolfsmilch, von wer weiß woher geholt hatte. Die Spange war alt, und Maggie konnte darauf die ihr mittlerweile sehr vertrauten Symbole erkennen. Das Metall fühlte sich warm an auf ihrer nackten Haut.
„Wir sind noch nicht fertig“, sagte Sybaris. „Komm, stell dich dort drauf.“ Sie deutete auf einen mittelgroßen, etwa kniehohen Felsen, der in einigen Metern Entfernung zum See aus dem Waldboden ragte. Auch er war über und über mit alten Symbolen bedeckt.
Maggie tat, wie ihr geheißen, und auf einen Wink der Alten stellten sich die Wölfe im Kreis um den Felsen herum. Sybaris trat in den Kreis, direkt vor Maggie, breitete die Arme weit aus und fing wieder ihren uralt anmutenden Singsang an.
Maggie spürte, dass so etwas wie warme Energie ganz sachte durch sie hindurch zu rieseln begann. Als gleich da rauf die Wölfe in das Lied mit einstimmten, wurde die Energie stärker ... wärmer ... und Maggie fühlte sich, als würde sie an Kraft gewinnen und an Lebendigkeit.
Der Schlag ihres Herzens wurde fester, ihr Blick klarer, ihr Gehör schärfer. Sie hörte Rascheln in den Zweigen und im Gehölz, das Rennen kleiner, krallenbewehrter Füßchen auf einem Bett von trockenen Tannennadeln ... und sogar das schrille Fiepen von Fledermäusen ... sowie das Schlagen ihrer kleinen, ledrigen Flügel.
Und erst ihr Geruchssinn. Mit einem Mal war ihr, als könne sie zehn Mal so gut riechen. Der Wald roch so viel intensiver als zuvor - nach Rinde und Baumharz, nach Moos und Boden, nach modernden Wurzeln und frischen Knospen. Plötzlich hatte jeder der um sie herum stehenden Wölfe seinen ganz eigenen Duft, sodass sie sie jetzt sogar blind hätte voneinander unterscheiden können.
Und auch Axels Duft nach Leder und Wüstenwind nahm sie jetzt noch sehr viel deutlicher wahr, und wie immer erregte er sie. Nur Sybaris schien nach gar nichts zu riechen. Ganz so wie sie selbst.
„Ir nu, barû nu, pad nu“, schloss Sybaris ihren Gesang ab, und die Wölfe verstummten abrupt wie auf Kommando.
„Es ist vollbracht“, sagte Sybaris und machte eine Geste, vom Felsen zu steigen. „Jetzt kann der General der Seraphim deine Witterung nicht mehr aufnehmen.“
„Dann komme ich ja gerade noch rechtzeitig“, sagte da plötzlich eine Stimme in den tiefen Schatten zwischen den Bäumen. Eine vertraute Stimme. Eine Stimme, die Maggie das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Und aus dem Dunkel heraus ins Licht des vollen Mondes trat ... Ba’Al’T’Azar.
22. KAPITEL
Abrechnung
Der Seraph hatte sie gefunden.
Schon als T’Azar ins Helle trat, sah Maggie, dass er sich irgendwie verändert hatte. Als Filmproduzent auf der Jacht war er ihr beinahe aristokratisch gediegen erschienen, auf jeden Fall aber kultiviert und äußerst angenehm. Bei ihrer zweiten Begegnung, auf der Aztekenpyramide in Mexiko, hatte sie ihn dann wild erlebt und barbarisch ... brutal. Am Sarkophag des Abaddon Azra’El schließlich besessen, sadistisch und über alle Maßen grausam. Jetzt aber strahlte er auf eine Weise, die Maggie nicht näher benennen konnte, Kühle aus und Dunkelheit ... und im widersprüchlichsten aller Sinne böse Leidenschaftslosigkeit. Die Besessenheit und auch die wilde Wut waren verschwunden. Und an ihre Stelle war eine kalte Entschlossenheit getreten, eine beinahe schon arrogante Siegesgewissheit, die Maggie einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Einer der Wölfe trat ihm knurrend entgegen, die langen Zähne gefletscht, das dichte Fell im Nacken gesträubt.
„Nicht!“, rief Sybaris mit einer deutlichen Spur Furcht in der Stimme und streckte die Hand nach ihm aus, so als wolle sie ihn damit greifen und zurückziehen.
T’Azar wandte nur den Kopf und schaute
Weitere Kostenlose Bücher