Schwingen der Lust
Großmütterchenkartoffeln in Rosmarinbutter. So zart, dass dir Hören und Sehen vergeht.“
Maggie lief spontan das Wasser im Mund zusammen. Sie hatte nur das Sandwich und den Joghurt gefrühstückt und hatte tatsächlich großen Hunger. Doch sie war sich noch immer nicht sicher, ob er ihr gerade auswich und wegen der Diamanten trotz seines Schwurs auch wirklich die Wahrheit gesagt hatte. Aber zumindest Letzteres ließ sich ganz einfach herausfinden.
„Warum lädst du mich nicht zu dir nach Hause zum Essen ein?“, fragte sie.
Er neigte den Kopf zur Seite und betrachtete sie mit seinen dunklen Augen interessiert, ganz so, als ob sie ihn gerade sehr überrascht hätte. „Du würdest tatsächlich mit zu mir nach Hause kommen wollen?“
„Warum nicht?“
„Ich habe mich nur nicht getraut, das vorzuschlagen“, erklärte er, sichtlich erleichtert, „weil du es vielleicht falsch auffassen könntest - du weißt schon ... nach der heimlichen Verfolgung heute und deinen Zweifeln.“
Die Bereitwilligkeit, ja sogar offene Freude, mit der er auf ihren Vorschlag eingegangen war, beruhigten sie noch ein wenig mehr, und sie schmunzelte. „Zeig mir dein Zuhause und zerstreu sie.“
„Sehr gerne“, sagte er und bot ihr ganz gentlemanlike den Arm zum Einhaken an. „Wenn Sie mir bitte folgen würden, Madame. Es ist nicht weit. Gleich da drüben.“
Er deutete zur Fifth Avenue hinüber.
„Du hast ein Apartment an der Fifth?“, fragte sie erstaunt. Kein Mensch, den sie kannte, konnte sich hier ein Apartment leisten. Nicht einmal ihr Verleger.
Er zögerte. „Nun ja, nicht gerade ein Apartment.“
Aha. Er hatte sie also doch angeflunkert. Oder hatte er sogar richtiggehend gelogen? Sofort war ihr Misstrauen wieder da.
„Es ist eher ein ... Haus“, fügte er hinzu.
„Es gibt keine Häuser an der Fifth Avenue“, sagte Maggie, entzog ihm ihren Arm und ging wieder auf Sicherheitsabstand. „Nur riesige, sündhaft teure Apartment-Gebäude.“
„Ja“, stimmte er zu. „So eines meine ich. Genauer gesagt, meine ich das da.“
Er deutete quer über die Straße auf ein beinahe 20-stöckiges wunderbares Art-Deco-Sandsteingebäude aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. „Das ist mein Haus.“
Maggie stand da wie angewurzelt und mit vor Ungläubigkeit offen stehendem Mund. „D-d-das ganze Haus?“
Als Maggie noch irrtümlicherweise geglaubt hatte, dass man mit Schreiben so richtig reich werden konnte, hatte sie oft von einem Apartment an der Fifth Avenue geträumt - mit unverbaubarem Blick über den Central Park. Damals hatte sie sich einmal schlau machen wollen, was eine Wohnung dort kosten würde ... und hatte den Traum sogleich wieder begraben. Bis zu dreißig Millionen Dollar für drei Zimmer und zwei Bäder. Niemals würde sie so viele Bücher verkaufen, um so viel Geld nur für eine Wohnung ausgeben zu können.
Sie zählte die Stockwerke. Es waren nicht zwanzig, wie sie zuerst vermutet hatte, aber immerhin siebzehn. Bei locker fünf bis sechs Apartments pro Stockwerk waren das ...
„Zwischen zweieinhalb und drei Milliarden Dollar“, sprach sie es laut, aber mit jetzt vor Ehrfurcht unsicherer Stimme aus.
„Was?“, fragte er.
„Der Kaufpreis für dieses Haus“, erklärte sie. „Zweieinhalb bis drei Milliarden Dollar. Macht man mit Diamanten tatsächlich so viel Geld?“
„Na, mit Drogen jedenfalls nicht“, zog er sie auf. „Aber so darfst du auch nicht rechnen. Nicht mit heutigen Maßstäben. Als ich ... äh ... ich meine, als meine Familie das Haus kaufte - das war nach dem Wall Street Crash inmitten der Großen Wirtschaftskrise 1929, 1930 war es sogar beinahe spottbillig. Der Verleger, der es gerade neu hatte bauen lassen, war durch den Zusammenbruch der Börse von heute auf morgen bankrott gegangen und verfügte nicht mehr über das nötige Geld für die Endabnahme. Wir haben es also sehr günstig erworben.“
Maggie hatte schon öfter davon gehört, dass in jenen beiden Jahren ein Großteil der Gebäude hier unter abenteuerlichen und tragischen Umständen ihre Besitzer gewechselt hatte. Das war Stoff für gleich mehrere historische Romane. Axels Geschichte vom Kauf des Hauses klang daher sehr plausibel.
„In welcher Etage wohnst du?“, fragte sie.
„In allen“, antwortete Axel.
„W-w-was meinst du mit ,in allen‘?“, stotterte sie.
Er nahm sie beim Arm und zog sie weiter. „Komm einfach mit. Du glaubst mir ja sonst eh nicht.“
Sie überquerten die breite Avenue,
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