Schwingen des Vergessens
er noch am Leben, hätte er bestimmt gleich reagiert, doch so konnte er es nicht verstehen. Leider.
„Ja, es tut mir leid, aber du kannst nichts dagegen unternehmen.“ Das war keine Antwort, gar keine.
„Kann ich zurück auf die Erde oder nicht?“ Damian senkte den Kopf und begann, Grashalme auszurupfen.
„Das können wir später noch besprechen, aber nicht jetzt. Eines nach dem anderen.“
„Eines nach dem anderen? Was redest du da? Du könntest mich doch retten, es geht hier schließlich um mein Leben“, rief Amelie zurück, ihre Knie gaben nach und so ließ sie sich widerwillig Damian gegenüber nieder.
„Es geht hier aber auch um mein Leben und ich darf der Meinung sagen, dass mir mein eigenes wichtiger ist. Hast du es nicht kapiert? Wenn ich diesen Auftrag nicht erfülle, verbannen sie mich. Mit einem Dämon, der verbannt wurde, geschehen die schlimmsten Dinge. Das kannst du dir als wohlbehütetes Menschenkind gar nicht vorstellen. Rund um das Reich der Engel herum gibt es Wächter, die von den Dämonen wissen. Sobald sie einen von ihnen finden, sperren sie ihn für immer ein. Aus so einem Gefängnis kann keiner entfliehen, nicht einmal Engel. Und wenn dich keiner erwischt, wirst du trotzdem sterben, denn du kannst da draußen nicht überleben.“ Er stützte das Gesicht in die Hände und blinzelte zwischen seinen Fingern hindurch.
„Was ist ‚da draußen‘?“, erkundigte Amelie sich verwundert und begann gedankenverloren ebenfalls damit, Gras auszureißen.
„Ich kann es dir erklären, aber so viel weiß ich selbst nicht drüber und ich will es auch nicht wissen. Du weißt ja, jedes Reich, jede Welt hat ein Ende, nichts ist unendlich. So ist es auch mit Icasan, der Erde und dem Engelreich, das heißt übrigens Elysina. Alle drei sind miteinander verknüpft, mit Portalen, nur so gelangt man auch hin und her. Mit solchen magischen Türen kann man nach Elysina, nach Icasan, auf die Erde und nach draußen. Jedoch kann niemand von dem außerhalb der sicheren Welten berichten, denn keiner kam jemals zurück. Es heißt, dass man von außen die drei Reiche betrachten kann, doch man kann sie unmöglich betreten. Die Wächter, sie sind nicht ganz draußen. Zwischen dem Unbegreiflichen und den Welten gibt es eine schmale Linie, dort sind diese Leute untergebracht. Sie besitzen besondere Magie und es ist ihre Aufgabe, alle gefangen zu nehmen, die dem Reich zu nahe kommen. Das Töten würde ihnen nichts bringen, denn schließlich sind sie ja alle schon tot und würden daher nur zurückkommen.“
„Was passiert genau, wenn man als Dämon oder Engel getötet wird?“, unterbrach das Mädchen Damian und wischte sich die Hände an der Hose ab, sie waren voller Schweiß.
„Ganz klar. Es geschieht das gleiche, wie, wenn du auf der Erde getötet wirst. Du gerätst wieder in die Auswahl und deine Fähigkeiten kommen zurück in den ‚Speicher‘, das ist ein magischer Ort voller Magie. Allerdings kann man sich danach an nichts mehr erinnern, man denkt… Was denkt man eigentlich? Man denkt sich gar nichts, da es alles selbstverständlich ist, da man es nicht anders kennt. Nicht einmal der frühere Herrscher kann sich nach seinem Tod noch daran erinnern, dass er einmal so mächtig war. Deshalb ist es auch möglich, denselben Herrscher öfters zu verwenden.“ Der Junge hörte kopfschüttelnd auf zu reden, er wollte die Worte wirken lassen, das war klar.
„Und was erwartest du genau von mir?“
„Ich möchte, dass du mit mir mit nach Icasan kommst.“
„Und was machen sie dort mit mir?“
„Das weiß ich nicht genau, ich hab zu wenige Informationen bekommen, ich soll dich nur holen.“
„Holen für was?“
„Um dich in einen Dämon zu verwandeln. Ist ja klar.“ Ungläubig hob Amelie den Kopf.
„Das ist gar nicht klar, vielleicht will ich ja kein Dämon sein, daran hat wohl noch keiner gedacht.“
„Wenn ich es mir recht überlege, nein, aber das ist nicht wichtig. Mit deinen Fähigkeiten bist du eine Gefahr für alle drei Welten. Das verstehst du nur irgendwie nicht…“
„Ohhh, ich verstehe, deshalb wollt ihr Dämonen meine Fähigkeiten haben, um damit die Welt zu beherrschen, oder?“
2.8 ~*~ Lanicel
Erschrocken schüttelte Damian den Kopf, hob ihn, senkte ihn allerdings gleich wieder beschämt. Amelie starrte stur geradeaus, erkannte aus den Augenwinkeln aber Damians Bewegungen, die seltsam zackig aussahen. Als würde er zittern, schlimmer als sie es je gesehen hatte. Plötzlich
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