Schwur der Sünderin
Zeichen, niederzuknien. Ohne Murren kamen sie ihrer Aufforderung nach, nicht einer blieb stehen.
Margarethe breitete die Hände aus, schloss ihre kohlschwarzen Augen und murmelte Worte, die niemand verstand. Ihr Singsang hatte etwas Dunkles und Dämonisches, und manch einer der Männer glaubte bereits die Wirkung zu spüren. Mit einer Stimme, die nicht die ihre zu sein schien, rief sie: »Ich segne die Waffen und ihre Träger.« Dann reckte sie ihre Hände dem
Himmel entgegen: »Möget ihr euch zum Werkzeug des göttlichen Willens machen. Vertraut darauf, dass göttliche Macht euch beschützen wird. Der Sieg im Namen des Herrn kann euch nicht genommen werden.«
Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ließ die Männer staunend zurück.
Joß Fritz hatte abseits gestanden und Margarethe stumm gelauscht. Er wusste nicht, was er von ihrem Unsterblichkeitsspruch halten sollte. Doch seine Meinung war nicht maßgebend, denn bei den Männern hatte der Segen seinen Zweck erfüllt. Im Gesicht eines jeden Einzelnen konnte Joß die Wirkung der Worte erkennen. Entschlossen, zuversichtlich und voller Tatendrang verließen die Männer den Platz und gingen bestärkt zurück ins Lager.
Zufrieden folgte Joß der Schwarzen Hofmännin, die abseits der Zelte zwischen Obstbaumreihen verschwand. Als sie sich kurz nach ihm umdrehte, wusste er, dass er ihr folgen sollte. Joß spürte Erregung in sich aufsteigen und blickte sich vorsichtig um. Keiner der Männer schien sie beide zu bemerken, und so ging er ihr rasch nach.
Als Joß Margarethe zwischen den Bäumen fand, räkelte sie sich im hohen Gras – nackt, wie Gott sie erschaffen hatte.
Mit heftig klopfendem Herzen ließ er sich zu ihr nieder und streichelte voller Verlangen ihren Körper.
»Keiner der Männer zweifelt mehr an unserem Sieg«, frohlockte er und streifte sich das Beinkleid ab. Erregt wollte Joß sich auf Margarethe legen, doch sie kreuzte ihre Beine übereinander.
»Ich weiß«, gurrte sie und strich ihm sanft über die Brust. »Deshalb wirst du dafür sorgen, dass in Heilbronn kein Stein auf dem anderen bleibt und es so platt wird wie mein Heimatort Böckingen.« Der Blick der Schwarzen Hofmännin duldete
keinen Widerspruch, und Joß Fritz stimmte mit einem Kopfnicken zu.
Ein raues Lachen erklang, und Margarethe öffnete ihre Schenkel.
In zwei Tagen sollten die Bauern in Heilbronn einfallen und ihre Forderungen mit Gewalt durchsetzen. Am Tag zuvor sagte Margarethe zu Joß: »Ich werde mich in die Stadt schleichen, um mir noch einmal die hochnäsigen und stolzen Städterinnen zu betrachten, bevor ihr sie erwürgt und erstecht.« Dabei leuchteten ihre Augen, sodass sogar Joß bange vor ihr wurde.
Die Schwarze Hofmännin verkleidete sich als Bettlerin und versteckte ihre schwarze Mähne unter einem dunklen Tuch. Nachdem sie sich ihr Gesicht mit Dreck verschmiert hatte, zwinkerte sie Joß Fritz lachend zu und marschierte los.
Margarethe kannte die Plätze, wo sich die feinen Damen aufzuhalten pflegten. Sie stellte sich vor die edel gekleideten Frauen und bettelte um Münzen.
»Unverschämtheit«, zischten die Frauen und rümpften die Nasen. »Verschwinde«, schimpften sie und stießen sie zur Seite. Die Schwarze Hofmännin hatte Mühe, nicht laut aufzulachen und ihnen ihre Hochnäsigkeit aus dem Gesicht zu schlagen. Morgen schon werdet ihr gerupft wie Gänse, höhnte sie in Gedanken.
Margarethe hatte am Ende des Platzes ein weiteres Opfer ausgemacht und steuerte darauf zu, als Hände nach ihr griffen. Die Büttel waren über die hartnäckige Bettlerin in Kenntnis gesetzt worden und hielten sie an den Armen fest.
»Lasst das«, kreischte die Schwarze Hofmännin dem Mann ins Gesicht.
Sogleich schlug er ihr mit der flachen Hand auf die Wangen, sodass ihre Lippen aufplatzten. »Wage nicht, mir erneut in die
Ohren zu schreien«, brüllte er sie zornig an und holte zum zweiten Schlag aus.
Margarethe duckte sich, als der andere Büttel sagte: »Lass gut sein, Caspar. Sie ist ein altes Weib. Wir bringen sie aus der Stadt, und jeder ist zufrieden.«
Die beiden Büttel zerrten Margarethe fort, die sich heftig wehrte, wobei ihr Tuch vom Kopf rutschte.
»Ich kenne dich«, sagte der Mann namens Caspar erstaunt. »Du bist Leibeigene des Herrn von Hirschhorn.« Der Büttel überlegte kurz und sagte zu seinem Kameraden: »Wegen der Alten will ich keinen Ärger bekommen. Wir sollten es Hirschhorn überlassen, was er mit ihr machen will. Bringen wir sie ins
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