Schwur der Sünderin
es mir möglich, diese Wunde zu säubern und zu
behandeln. Es war höchste Zeit, denn das Wundfieber hatte sich bereits in Veits Körper ausgebreitet. Alle anderen Wunden habe ich mit einer Paste aus der Königskerze bestrichen, die die Wundheilung fördert. Mehr konnte ich in der Kürze der Zeit nicht für ihn tun. Ich hoffe, dass der Betäubungsschlaf lange anhält, denn Schlaf ist die beste Medizin. Da ich nicht weiß, ob ich noch einmal zu Veit gehen kann, habe ich Fleischhauer etwas Betäubungssaft abgefüllt. Er versucht, ihm das Gebräu morgen erneut einzuflößen.«
Anna Maria löste sich aus Sarahs Arm und ging zu Gabriel. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und umarmte ihn. »Ich stehe in deiner Schuld«, sagte sie mit bebender Stimme.
»Du bist mir nichts schuldig, mein Kind!«, sagte er und erwiderte ihre Umarmung. Anna Maria setzte sich bleich neben ihn.
»Hat Veit mit dir sprechen können?«, fragte Peter.
Gabriel nickte zwischen zwei Schlucken Wein und erzählte, was Veit ihm anvertraut hatte.
»Wenn mir dieser Nehmenich begegnet, mache ich ihn einen Kopf kürzer«, schimpfte Peter und blickte zornig zu seinem Bruder.
»Wie soll dieser Bauer an das Schwert gelangen?«, fragte Jakob nachdenklich.
»Er wird es stehlen wollen.«
»Woher will er wissen, wo das Schwert ist?«
»Am besten, wir suchen diesen unsäglichen Bauern auf und stellen ihn zur Rede«, schlug Peter vor, doch Jakob schüttelte den Kopf.
»Wir müssen Nehmenich auf frischer Tat fassen. Nur dann haben wir ihn in der Hand, sodass er uns Auskunft geben wird. Du kennst ihn, Peter. Freiwillig wird er uns nichts preisgeben.«
»Wir müssen ihm eine Falle stellen.«
Anna Maria hörte nicht zu und murmelte ungläubig: »Ullein soll Veits Bruder Johann kennen?«
Gabriel nickte. »Veit sagt, dass du Johann suchen musst.«
Peter und Jakob hörten Anna Maria nicht zu, die versuchte, mit ihnen zu sprechen. Über den Kopf der Schwester hinweg überlegten die Brüder laut, wie sie Nehmenich überführen könnten.
Hauser, der wie immer schweigend zugehört hatte, schlug plötzlich mit der Faust auf den Tisch. Alle blickten erschrocken auf, doch seine Augen blitzten wütend die beiden Hofmeister-Brüder an.
»Ich habe das Gefühl, dass euch die Dringlichkeit nicht bewusst ist. So, wie Gabriel Veits Lage geschildert hat, dürft ihr keine Zeit verlieren. Stattdessen überlegt ihr, wie ihr einem schwachsinnigen Bauern eine Falle stellen könnt. Dieser Johann muss her, ebenso wie euer Vater.«
Die Hofmeister-Brüder machten ein zerknirschtes Gesicht. »Wir wissen nicht, was zu tun ist«, gab Jakob offen zu und schaute entschuldigend seine Schwester an.
»Deshalb müssen wir euren Vater finden«, sagte Hauser gereizt.
»Ich werde mich morgen früh sofort auf den Weg machen«, sagte Peter, doch Anna Maria schüttelte den Kopf. »Ich kenne die geheime Losung der Bundschuh-Leute und habe mit der Suche mehr Erfahrung.«
»Verrate mir, was ich wissen muss«, forderte Peter seine Schwester auf.
»Dafür ist keine Zeit, Peter. Ich werde gehen.«
»Und ich werde dich begleiten«, sagte Hauser.
»Du musst Johann finden und ihn herbringen«, lehnte Anna Maria seinen Vorschlag ab. »Johann wird auf mich nicht gut zu sprechen sein, da ich seine Gefangene war und mit Veit geflohen bin. Wenn ich ihn bitte zu kommen, kann es sein, dass er mir nicht glaubt und mich wieder einsperrt. Dir wird er Glauben schenken.«
»Dann werde ich dich begleiten«, riefen Peter und Jakob gleichzeitig, sodass Anna Maria kurz lächelte.
»Du, Jakob, musst bei Frau und Kind bleiben und dafür sorgen, dass alles auf dem Hof seinen Gang geht.« An Peter gewandt sagte sie: »Du musst ebenfalls hierbleiben. Es wäre für Ullein und Nehmenich zu offensichtlich, dass wir etwas im Schilde führen, wenn du deine hochschwangere Frau allein lässt.«
Anna Marias Begründungen waren einleuchtend, und niemand widersprach.
»Wo soll ich Veits Bruder finden?«, fragte Hauser.
»Ich hoffe, dass er auch diesen Winter auf Burg Nanstein verbringen wird. Falls nicht, musst du in Landstuhl nach ihm fragen. Vielleicht weiß jemand, wohin er mit seinen Mannen gezogen ist.«
Die halbe Nacht planten und überlegten sie. Je mehr sie darüber sprachen, desto zuversichtlicher und mutiger wurden sie. Doch dann teilte ihnen Gabriel mit: »Wir werden in den nächsten Tagen zurück nach Mühlhausen reisen. Ich kann mein Badehaus nicht länger meinem Gehilfen überlassen. In der Stadt
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