Schwur der Sünderin
nun nicht erschreckten. Joß wusste, wie er mit ihnen umzugehen hatte, zumal er sich der Unterstützung seiner Vertrauensmänner sicher sein konnte. Diese rechtschaffenen, zuverlässigen Männer, die er ausgewählt hatte, würden dafür sorgen, dass seine Pläne ausgeführt wurden und dass das Gesindel gehorchte.
»Ich werde euch zu führen wissen und euch so lenken, dass ihr es nicht merkt«, murmelte Joß ernst.
Der Platz vor ihm füllte sich mit kampfbereiten Männern, und die Unruhe stieg. Nachdenklich betrachtete Joß ihre Waffen, die meist aus kurzen Spießen oder verrosteten Schwertern bestanden. Einige hielten lange Messer, andere alte Morgensterne in den Händen, während die meisten Männer jedoch mit Heugabeln und Dreschflegeln bewaffnet waren. Als Joß Fritz in der Menge auch einzelne Schießgewehre ausmachen konnte, hoffte er stumm, dass die Besitzer damit umzugehen wussten.
Joß erblickte seinen Kampfgefährten Kilian, der einen Speer mit sich führte, an dem das Zeichen ihres Aufstands hing – ein Bundschuh. Mit einem breiten Grinsen blickte Kilian Joß Fritz an und rammte den Speer vor ihm in den Boden, sodass der Schuh am Ende des Griffs für alle gut sichtbar war. Anhänger, die das beobachtet hatten, streckten ihre Waffen in die Höhe und jubelten ihrem Anführer zu.
Plötzlich verstummten alle, und ein Raunen ging durch die Reihen. Joß musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer
hinter ihm stand. Margarethe Renner, auch die Schwarze Hofmännin genannt, trat vor seine Männer, um sie zu segnen und unbesiegbar zu machen, wie sie versprochen hatte.
Stolz blickte Fritz die Frau an und war erneut von ihrer gereiften Schönheit berauscht. Sie ist mein, dachte er selbstbewusst und trat einige Schritte zurück, um ihr allein den Platz zu überlassen.
Margarethes schwarze Augen blickten unerschrocken den Bauern, Söldnern, Draufgängern, Schwindlern, Gaunern und all den Männern entgegen, die zu jedem Frevel bereit waren. Selbstsicher warf sie ihre schwarzen Haare zurück und stemmte die Hände in die Hüften. Sie drückte ihr Rückgrat durch, sodass sie größer erschien, als unverständliches Gemurmel zu hören war, das langsam anschwoll.
»Weiberzungen haben hier nichts zu suchen!«, brüllte jemand aus der Menge. Viele Köpfe nickten. »Wir wollen unserem Anführer Joß Fritz folgen. Wir wollen kein Weibsbild, das mit uns redet!«
»Warum ist sie hier? Warum sind wir hier?«, fragte einer, der erst seit wenigen Tagen dem Haufen angehörte.
»Du dummer Nickel«, schimpfte sein Nachbar und drohte ihm mit der Mistgabel. »Wenn es dir nicht gefällt, verschwinde.«
»Ich ramme dir mein Schwert in den Bauch«, brüllte der Gerügte und hielt sich seine Waffe vor den Körper.
»Schweig, du Narr! Hört alle, was ich euch zu sagen habe«, rief die Schwarze Hofmännin den Männern zu und trat einen Schritt vor, sodass der Schein der Lagerfeuer ihr Gesicht erhellte.
»Warum seid ihr gekommen, wenn ihr mich abweisen wollt? Warum habt ihr dem Rufen zugehört, das von Ort zu Ort und von Hütte zu Hütte getragen wurde? Wie wollt ihr siegen, wenn unter euch kein Einklang, kein gemeinsames Streben, kein Vertrauen
besteht? Wie soll das gehen, wenn du ja und du dort drüben nein sagst, du abziehen und du bleiben willst?« Bei diesen Worten wies sie auf die Störenfriede. »Wenn kein Zusammenhalt in unseren eigenen Reihen herrscht, kein gemeinsames Streben nach Recht und Freiheit, dann geht nach Hause. Niemand wird euch aufhalten. Schuftet weiter, lasst euch den Rücken verbiegen und kuscht, wie ihr es bisher getan habt.«
Margarethe schaute den Aufrührern in die Augen, bis sie ihre Blicke senkten. Zufrieden fuhr die Frau fort: »Hunderte stehen hier vor mir, und ihr alle habt ein Ziel. Ich frage euch: Wie heißt euer Ziel? Wonach strebt ihr?«
Nur ein leises Raunen war zu hören, doch die Schwarze Hofmännin wartete geduldig.
»Genug zu essen!«, rief der Rotschopf verhalten.
»Freiheit!«, traute sich einer in der ersten Reihe laut auszusprechen.
»Essen! Freiheit!«, erklang es im Chor, der in seiner Rauheit unheimlich wirkte.
Margarethe nickte zufrieden und rief: »Beides könnt ihr erlangen, wenn ihr bereit seid, das rechte Wort zu hören und das rechte Wort zu sprechen. Nehmt euch, was euch zusteht, und ich werde euch unbesiegbar machen!« Sie streckte den Männern ihre Faust entgegen, und sie antworteten ihr auf gleiche Weise.
Als wieder Ruhe eingekehrt war, gab sie den Männern ein
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