Schwur der Sünderin
Und schon bald wirst du brennen.«
»Verdammter Hurensohn«, schrie Veit auf. »Wenn ich dich erwische, werde ich dich mit meinem Schwert in Stücke hauen!«
Nehmenich grinste gehässig. »Abgesehen davon, dass du hier nicht herauskommst, besitzt du schon bald kein Schwert mehr.«
Veit horchte auf. »Was soll das heißen?«
Der Bauer öffnete seine Lippen, um zu antworten, als die obere Tür zugeschlagen wurde und jemand die Stufen herabstieg.
»Was machst du hier?«, fragte Ullein den Bauern unwirsch. »Wo ist der Kerkermeister?«
Nehmenich schaute demütig nach unten und erklärte: »Er musste zum Abort. Damit der Gefangene nicht flieht, passe ich auf ihn auf.«
»Was redest du für einen Schwachsinn, Bauer? Wie sollte er aus diesem Kerker fliehen können? Mach, dass du verschwindest und deinen Auftrag erfüllst. Meine Geduld ist bald zu Ende«, zischte Ullein und stieß Nehmenich in Richtung Treppe, woraufhin der Bauer den Kerker verließ.
Kaum fiel die Tür ins Schloss, trat Ullein auf die Zelle zu und presste seinen Kopf zwischen die Gitterstäbe. Angewidert rümpfte er die Nase. »In einem Schweinstall riecht es angenehmer als hier drinnen.«
»Vielleicht verströmst du diesen Gestank«, gab Veit zurück.
»Dir wird dein freches Maul noch vergehen«, sagte Ullein und trat einige Schritte zurück.
»Was willst du?«, fragte Veit müde.
»Morgen bringen wir dich in den Kerker nach Kaiserslautern«, höhnte Ullein.
»Das weiß ich bereits von deinem Speichellecker«, lachte Veit
leise. »Warum setzt du dem Ganzen kein Ende und bringst mich hier an Ort und Stelle um? Darum geht es dir doch. Warum dieser Aufwand?«
»Bist du von Sinnen?«, fragte Ullein und spielte den Entsetzten. »Ich will kein Blut an meinen Händen kleben haben. Schließlich muss ich auf meinen kranken Vater Rücksicht nehmen.«
»Der Alte stirbt sowieso«, murmelte Veit und streckte sich ermattet auf dem stinkenden Strohsack aus.
»Rede nicht so von meinem Vater«, schrie Ullein außer sich.
»Ich kenne deinen Vater nicht, und deshalb ist es mir einerlei, ob er lebt oder stirbt«, flüsterte Veit und schloss die Augen.
Als Ullein das sah, presste er zwischen seinen Zähnen heraus: »Ich verachte dich ebenso, wie ich diese Hofmeister-Sippe ablehne. Sie wildern seit ewigen Zeiten in den Wäldern, für die wir verantwortlich sind, und stehlen uns das Wild. Jedes Jahr musste mein Vater hohe Strafen an den Grundherrn zahlen, da er ihrer nie habhaft wurde.«
»Glaubst du wirklich, dass nur die Hofmeister-Familie wildert? Ich kenne keinen Bauern, der sich nicht des Nächtens einen Rehbock schießt, um nicht verhungern zu müssen.«
»Aber wir werden dafür zur Verantwortung gezogen. Wir müssen büßen und Strafe an den Grundherrn zahlen. Jedes Stück Wild, das ihm verloren ging, hat er uns berechnet«, erklärte Ullein.
»Wie will er davon gewusst haben?«, fragte Veit ungläubig.
»Glaube mir: Er wusste es.«
»Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Nichts«, gab Ullein ehrlich zu. »Aber du bist Anna Marias Mann, und sie ist eine Hofmeisterin. Außerdem bist du der Bruder des großen Johann von Razdorf.« Als Ullein den Namen aussprach, konnte Veit dessen Verachtung heraushören.
»Ich dachte, dass ich mich in meinem Fieberwahn verhört
hätte, doch ich habe richtig verstanden. Du kennst meinen Bruder Johann?«, fragte Veit laut.
Ullein nickte.
»Du bist das Verbindungsglied zwischen beiden. Dank dir wird nicht nur die Hofmeister-Sippe leiden, sondern ich werde auch deinem Bruder gegenüber Genugtuung verspüren und das bekommen, was mir zusteht.«
»Erklär mir das!«
Anscheinend hatte Ullein darauf gewartet, seine Geschichte erzählen zu können, denn Veit musste ihn kein zweites Mal bitten.
»Johann hat sich zwischen mich und Franz von Sickingen gedrängt und verhindert, dass ich einen Platz neben dem Edelmann erhalte. Das Schwert hätte mir zugestanden, denn ich habe von Sickingen verehrt. Dein Bruder hingegen hat ihn nur ausgenutzt, und der Ritter war blind für die Falschheit deines Bruders. Als Franz im Sterben lag, hat er Johann sein Schwert vermacht. Ich habe treu neben ihm gestanden, doch mich hat er nicht einmal beachtet«, zischte Ullein, sodass Speichel aus seinem Mund flog.
Veit konnte Ullein nicht folgen und fragte: »Von welchem Schwert redest du? Was habe ich mit Franz von Sickingens Schwert zu tun?«
»Johann hat dir das Schwert überlassen. So, als ob es nichts wert wäre. Ich hätte ein Geschenk von
Weitere Kostenlose Bücher