Schwur der Sünderin
sich aufhält?«
Sofort verstummte der Wirt. Er blickte Hauser argwöhnisch an und schüttelte langsam den Kopf. Nur zögerlich erklärte er: »Johann ist im letzten Frühjahr von hier fortgegangen und wollte sich einem Tross anschließen.«
»Du weißt nicht zufällig, welchem Heer er dienen wollte?«
Wieder schüttelte der Wirt den Kopf. »Johann hatte nicht geplant fortzugehen. Im Gegenteil! Er war versessen darauf, die Burg als Wohnsitz zu behalten, doch es gab Streit mit dem Bruder des kurfürstlichen Verwalters in Landstuhl. Eckbert von Hauen hat die Burg für sich beansprucht – warum auch immer. Johann musste seinen Traum begraben und Nanstein verlassen. Dabei hatte er mir einige Tage zuvor erzählt, dass er um die Festung kämpfen wolle. Ich habe das nicht verstanden und ihn gefragt: ›Warum willst du dein Leben und das deiner Männer für
einen zusammengeschossenen Steinhaufen in Gefahr bringen?‹ Johann hat mich daraufhin mit einem Blick angesehen, der mir durch Mark und Bein ging, und geantwortet: Allein Gott die Ehr – lieb den gemeinen Nutz –, beschirm die Gerechtigkeit! «
Als Hauser fragend aufblickte, erklärte der Wirt: »Das soll Franz von Sickingen Johann zugeflüstert haben, als er im Sterben lag, und das war oben auf der Burg gewesen.«
»Warum ist Johann trotzdem fortgegangen?«
Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Aus verschiedenen Gründen. Sicherlich scheute er letztendlich den Kampf mit Eckbert, denn der wäre ihm weit überlegen gewesen. Außerdem soll Johanns Frau Gerhild dagegen gewesen sein.«
»Johann hat sich von einer Frau bevormunden lassen?«
Der Wirt lachte leise auf. »Wie du siehst, sind Veit und Johann den Frauen verfallen.«
Hauser schmunzelte und wurde wieder ernst. »Die Burg sieht nicht aus, als ob sie bewohnt wäre«, meinte er mit spöttischem Unterton. »Dieser von Hauen hat sie anscheinend doch nicht gewollt.«
»Eckbert hat sich mit seinem Bruder überworfen, da der ihm kein Geld für die Arbeiten an der Burg geben wollte. Seitdem ist sie unbewohnt und wird es sicher auch bleiben.«
Hauser nahm den letzten Schluck aus seinem Krug, legte einige Münzen auf den Tisch und stand auf. »Ich muss zurück nach Mehlbach. Bei diesem Wetter kann ich froh sein, wenn ich am Abend ankomme.« Er verabschiedete sich und hatte bereits den Türgriff in der Hand, als der Wirt fragte:
»Warum willst du Johann sprechen?«
»Veit steckt in Schwierigkeiten und benötigt Johanns Hilfe«, anwortete Hauser. »Dringend!«, fügte er hinzu, und bevor der Wirt nachfragen konnte, verließ er das Wirtshaus.
Karl Nehmenich klebte wie eine Klette an Ullein, da er hoffte, dass der Sohn des Försters sich erkenntlich zeigen und ihm eine feste Anstellung geben würde. Er wollte raus aus der Armut, und dafür war ihm jedes Mittel recht. Dem Bauern war kein Botengang zu mühsam, und selbst Ulleins Erniedrigungen ließ er klaglos über sich ergehen.
Jetzt stand Nehmenich im Kerker und schaute angewidert auf Veit herab, der auf seinem Strohsack saß.
»Morgen schon wirst du ins Gefängnis nach Kaiserslautern überstellt«, lachte er schadenfroh. »Von dort gibt es kein Entrinnen.«
»Du elende Missgeburt«, schimpfte Veit mit schwacher Stimme. »Was habe ich dir getan, dass du mir das antust?«
»Man muss die Menschen vor dir schützen. Meine Kinder haben gesehen, wie du mit den Wölfen gesprochen und dich in einen verwandelt hast«, traute sich der Bauer zu sagen, da er sich hinter den Eisenstäben sicher fühlte.
»Du weißt, dass ich kein Werwolf bin. Nicht ein einziges Mal habe ich mich in einen Werwolf verwandelt«, widersprach Veit mit lauter Stimme.
»Du kannst dich nicht mehr verwandeln, denn wir haben dir den Wolfspelz weggenommen. Außerdem sind deine Wölfe nicht hier, die du dafür benötigst.«
»Aus dir spricht pure Dummheit!«, schrie Veit.
»Willst du behaupten, dass meine Kinder lügen?«, schrie Nehmenich zurück, sodass die Stimmen im Kerker nachhallten.
»Kinder sprechen oft dummes Zeug«, erwiderte Veit. »Ich habe euch vor den Wölfen beschützt und das Rudel von hier fortgeführt.«
»Pah! Du hast heidnische Zaubersprüche gesprochen, sodass Susanna und Johannes starr vor Angst waren.«
»Deine Kinder sind mir egal. Aber ich habe ihnen nichts Böses getan«, widersprach Veit erneut, doch Nehmenich winkte ab.
»Das kannst du dem Richter in Kaiserlautern erzählen und auch dem Schwager des Fürsten. Beide werden bei der Befragung anwesend sein.
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