Schwur der Sünderin
Tochter geheiratet. Sie haben uns von dir erzählt und gehofft, dass du weißt, wo sich Vater befindet.«
Anna Maria blickte Else an, die leise seufzend sagte: »Ich glaube, dass dies eine lange Nacht werden wird.«
Am nächsten Morgen rieb Anna Maria sich vor Müdigkeit die Augen. Sie hatte Else alles erzählt und ihr nichts verschwiegen. Dabei hatten beide Frauen Unmengen an heißem Pfefferminzsud getrunken, um wach zu bleiben.
Else starrte nachdenklich Anna Maria an. »Du bist ebenso wie dein Vater sehr mutig«, sagte sie. »Ja, so muss man sich die Kinder von Joß vorstellen.« Ein zaghaftes Lächeln entspannte ihre strengen Gesichtszüge.
Anna Maria schaute verschämt zu Boden.
»Du wirst niemandem von dem Überfall in der Scheune erzählen?« , bat sie die Frau, zu der sie Vertrauen bekommen hatte.
»Das ist nichts, was man weitererzählen möchte«, sagte Else und drückte mütterlich ihre Hand.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Anna Maria. »Die Zeit drängt.«
Else stand auf und öffnete die Haustür. Sogleich wehte der Sturm Schnee herein, sodass sie die Holztür sofort wieder schloss. Sie schüttelte den Kopf und sagte lächelnd: »Wir müssen warten, bis das Wetter besser wird, dann werde ich mich darum kümmern, dass dein Vater heimkommt.« Doch ihre Augen verrieten ihre Angst.
Kapitel 29
Hauser machte sich am nächsten Morgen auf den Weg nach Landstuhl. Der Wind blies kräftig und trieb Schnee vor sich her, sodass das Pferd Mühe hatte, durch die Verwehung zu stapfen. Als es vom Weg abkam, sank es bis zur Brust ein und weigerte sich weiterzugehen.
Hauser blieb ruhig auf seiner Stute sitzen und streichelte ihr den Hals. »Wenn ich nicht müsste, würde ich dich nicht durch dieses Wetter treiben, Brunhilde«, sagte er zu ihr. »Aber es muss sein. Los, Brunhilde, vorwärts«, schrie er und trat dem Tier fest in die Flanke, sodass es mit einem Satz nach vorne sprang und wieder auf dem Weg stand. »So ist es brav«, lobte er das Pferd. Er hatte es nach seiner Schwester benannt, da er fand, dass ihre Hinterteile sich glichen.
Hauser traute sich nicht, die Stute nochmals anzutreiben, und kam deshalb nur langsam voran. Erst am Nachmittag sah er die Stadt Landstuhl vor sich liegen, und als er näher kam, erblickte er auch die Burg Nanstein, die auf einem kahlgeschlagenen Berg thronte. Obwohl Schneefall seine Sicht behinderte, konnte er deutlich den roten Sandstein erkennen, aus dem große Teile der Burg gehauen waren.
Die Stadt Landstuhl war von einer Befestigungsmauer umgeben, der Hauser im langsamen Schritt folgte. Er ritt durch das erste Tor der Mauer hindurch und stand alsbald auf einer breiten Straße, die an beiden Seiten von Häusern eingesäumt war. Suchend blickte er sich um, doch er sah keine Menschenseele, die er nach dem Weg zur Burg hätte fragen können. Es blieb ihm nicht anderes übrig, als der Straße zu folgen und selbst nach einer Möglichkeit Ausschau zu halten.
Hauser ritt, bis der Weg zu Ende war. »Anscheinend gelangt man nur außerhalb der Stadt zu dieser verdammten Burg«, murmelte er verärgert, da heftiger Schneefall eingesetzt hatte. Als er einen Wehrbau erblickte, der in die Stadtbefestigung als kleine Burg eingepasst war, überlegte er, hineinzugehen und nachzufragen. »Wenn ich vom Gaul steige, komme ich mit meinen alten und steifgefrorenen Gliedern nicht mehr in den Sattel«, verspottete er sich selbst und ließ es bleiben.
Hauser schüttelte den Schnee von Umhang und Hut und ritt zum Tor hinaus. Als er linker Hand einen schmalen Weg ausmachen konnte, der den Berg hinaufführte, folgte er diesem.
Tatsächlich führte der Pfad ihn zum hinteren Teil der Burg Nanstein. Krähen, die am Wegesrand an einem toten Hasen pickten, flogen schimpfend vor ihm hoch. Hauser beachtete die Vögel nicht, sondern betrachtete neugierig die Burg, die beim Näherkommen mehr einer Ruine als einer Festung glich. In der Burgmauer klafften große Löcher, und auch der obere Teil des Wehrturms war zerschossen. Hauser wusste, dass hier eine Schlacht stattgefunden hatte, bei der der Ritter Franz von Sickingen zu Tode gekommen war. Das lag fast drei Jahre zurück, und seitdem schien hier niemand etwas verändert zu haben. Nachdenklich umrundete Hauser den baufälligen Turm und erreichte das Burgtor, dessen linker Flügel weit offen stand.
»Es sieht nicht so aus, als ob hier jemand lebt«, murmelte er und suchte den Himmel über der Festung nach Rauch ab. Bei
der Kälte müsste
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