Schwur der Sünderin
Joß! Warte bis Weihnachten, dann wirst du Nachricht erhalten.«
Joß Fritz wusste nicht, ob er ihm glauben konnte, und ritt zurück nach Mömpelgard.
In der Stadt suchte Joß das Gasthaus auf, in dem er sich mit Kilian verabredet hatte. Er saß zwei Abende lang dort und wartete, bis der Gefährte zurückkam. Als Kilian endlich die Wirtsstube betrat, erkannte Joß am Gesichtsausdruck des Freundes, dass auch der kein Glück bei den Bettlern gehabt hatte.
Die beiden Männer bestellten sich etwas zu trinken. Es war, wie Joß vermutete. Sein Freund hatte die gleichen Erfahrungen gemacht wie er. Kilian blickte sich vorsichtig um und flüsterte: »Sobald sie Ulrichs Namen hören, wollen sie nichts mehr von uns wissen. Mehrere Hauptmänner sagten jedoch, dass sie mit uns allein verhandeln würden.«
Joß nickte: »Das deckt sich mit meinen Erfahrungen.«
»Warum trennen wir uns nicht von Ulrich und versuchen es allein? Du hast gehört, dass sie dir vertrauen.«
»Wir haben kein Geld, um genügend Männer anzuwerben.«
Kilian stöhnte leise auf. »Das ist also der wahre Grund, warum du dich mit dem Herzog eingelassen hast.«
»Ich habe dir meine Gründe erklärt. Aber ich leugne nicht, dass dies der Hauptgrund gewesen ist.«
»Was gedenkst du zu tun?«
»Im Augenblick sind uns die Hände gebunden, denn wir müssen warten, bis wir die Entscheidung aller Bettler hören.«
»Ich hoffe, dass sie uns nicht hintergehen werden«, meinte Kilian argwöhnisch.
»Das denke ich nicht, denn sie haben zu viel Angst vor dem Herzog. Unser größter Gegner wird das Wetter sein. Wir haben Dezember, und bei klarer Sicht kannst du Schnee auf den Vogesen erkennen.«
»Es ist zwar merklich kälter geworden«, meinte Kilian. »Aber das hält Bettler nicht ab, über Land zu ziehen und Männer anzuwerben.«
»Morgen müssen wir Ulrich aufsuchen und ihm von unserem Erfolg berichten«, sagte Joß, bitter auflachend.
Ulrich saß allein an einem breiten und langen Esstisch, der überhäuft war mit ausgefallenen Speisen. Davon könnte ein ganzes Dorf satt werden, dachte Joß und betrachtete die roten Krebse, den gebratenen Fasan, die Fischsülze, das Spanferkel, die verschiedenen Gemüsesorten, das Wildschein mit Rosinen und die anderen erlesenen Speisen. Nicht einmal an Festtagen haben die Menschen im Land so viel zu essen, schimpfte er in Gedanken und blickte erschrocken auf, als er seinen Namen hörte. Der Herzog forderte Kilian und ihn auf, an seiner Tafel Platz zu nehmen.
»Ihr verspürt wohl keinen Hunger«, spottete Ulrich, als sie zögerten. »Greift zu! Solche Speisen bekommen Bauern nicht alle Tage aufgetischt«, lachte er gehässig und biss in eine Hasenkeule.
Joß zauderte. Als ihm der Duft der verschiedenen Köstlichkeiten in die Nase stieg, verdrängte er seine Abneigung gegenüber der Völlerei des Herzogs und setzte sich. Kilian tat es ihm nach. Kaum hatten die beiden Männer Platz genommen, brachten zwei Diener ihnen jeweils ein Gedeck und einen silbernen Pokal, den sie mit rotem Wein füllten.
Ulrich schmatzte, sodass der Bratensud an seinem Kinn hinablief. Mit einer Geste bedeutete er den Männern, dass sie sich bedienen sollten.
Kilian griff als Erster zu. Als er den Bissen gedünsteten Karpfen im Mund schmeckte, überzog ein breites Lächeln sein Gesicht. Joß nahm sich ein Stück des gefüllten Fasanenbratens und spülte ihn mit Rotwein hinunter. Während Ulrich eine fette Schweinerippe abnagte, fragte er: »War eure Reise erfolgreich?«
Joß hielt inne und blickte zu dem Herzog, dessen Wangen vom Fett glänzten. »Wir haben die Saat gelegt und warten darauf, dass sie aufgeht.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Wir müssen geduldig sein. Der Winter kommt und wird unseren Eifer bremsen.«
Der Herzog rülpste vernehmlich und grunzte: »Wie wahr, wie wahr! Trotzdem will ich eine Antwort hören, denn schließlich wird dieser Abschaum von meinem Geld bezahlt.«
»Ich erwarte zu Weihnachten die ersten Rückmeldungen«, erklärte Joß und widmete sich seiner Mahlzeit.
Kaum hatte er die letzten Bissen vertilgt, klatschte Ulrich in die Hände und ließ das Essen abtragen.
Der Winter kam über Nacht und brachte eisige Kälte mit, sodass der Boden hart gefroren war. Sogar der Fluss Alain, der um Mömpelgard floss, fror an manchen Stellen zu.
Als das Wetter milder wurde, fiel so viel Schnee, dass die Menschen kaum noch aus ihren Häusern kamen.
»Das ist schlecht für uns«, murmelte Joß, der aus dem kleinen
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