Schwur der Sünderin
entscheiden würde. Mehr musste er nicht erklären.
Nichts in Ulrichs Gesicht verriet seine Gedanken.
»Kommt in drei Tagen wieder« war das Einzige, was der Herzog antwortete. Noch bevor sich die beiden Besucher von dem Adligen abwandten, versenkte er seinen Blick in die Papiere, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen.
Kaum hatten sie die Räumlichkeiten verlassen, fragte Kilian: »Was war das?«
»Seine Antwort!«
»Ulrich hat nicht gefragt, worum es geht oder was du beabsichtigst. Warum sollen wir in drei Tagen wiederkommen?«
»Taktik«, sagte Joß.
»Fang du nicht auch noch an, in Rätseln zu sprechen.«
»Ich werde es dir bei einem Krug Bier erklären«, sagte Joß und nahm dem Stallburschen die Zügel aus den Händen.
Die beiden Männer saßen an ihrem Stammplatz im Wirtshaus »Zur Sonne«. Da Joß wusste, dass Kilian auf eine Antwort wartete, erklärte er ohne Umschweife: »Auch wenn du es mir nicht glauben wirst, aber mir wäre ein anderer Bündnispartner lieber. Ich hasse Ulrich, und er hasst mich, und wir beide wissen das voneinander, denn wir beide sind Feldherren – Strategen, die sich in den jeweils anderen hineindenken können.«
Kilian runzelte erstaunt die Stirn. »Man kann nur mit jemandem ein Bündnis eingehen, dem man vertraut«, warf er kritisch ein. »Warum sollte Ulrich diesem Pakt zustimmen?«
»Nenne es einen Zusammenschluss von Verlierern«, witzelte Joß mit ernstem Blick. »Ulrich wurde aus seinem Land verbannt, die Acht wurde über ihn verhängt, er ist beim Volk verhasst. Aber er hat Geld, eine Armee und Waffen. Er hat mehrere erfolglose Versuche unternommen, sein Land zurückzugewinnen. Mit Schweizer Söldnern und den Hegauer Bauern zog er bis vor Stuttgart, von wo man ihn wieder vertrieben hat. Herzog Ulrich von Württemberg sitzt mit dem Rücken ebenso an der Wand wie Joß Fritz, der Bundschuh-Aufständische.«
Sein Freund wollte widersprechen, aber Joß hob abwehrend die Hand. »Ich kenne meinen Stand auf dieser Welt, Kilian, und sehe ihn klar und deutlich. Und das tut Ulrich auch. Ein Pakt mit dem Herzog ist auch meine letzte Möglichkeit, etwas zu erreichen.«
Kilian blickte Joß nachdenklich an und murmelte: »Ich hoffe, dass es kein Pakt mit dem Teufel wird.«
Nachdem Joß Fritz und sein Begleiter den Saal verlassen hatten, schob Ulrich die Papiere zur Seite. Er lehnte sich in seinem thronartigen Stuhl zurück und kreuzte die Beine auf dem Schreibtisch übereinander. Was will er? , fragte sich Ulrich in Gedanken und zwirbelte am Ende seines Schnauzers. Wenn ich Joß Fritz dem Adel ausliefern würde, wären sie mir zu Dank verpflichtet, und ich könnte meine Besitztümer zurückfordern, überlegte er und verwarf den Gedanken sofort wieder.
»Ich kenne diese falschen Hunde«, murmelte er. »Sie würden ihn sich greifen und mich erneut davonjagen. Meine Möglichkeit, etwas zu erreichen, wäre vertan.«
Ulrich stand auf und ging in seinem Zimmer auf und ab.
Fritz bietet sich mir auf einem goldenen Tablett an. Hat er keine Angst, dass ich ihn verrate? Nein, nicht Joß Fritz, er ist furchtlos, grübelte der Herzog. »Der Grund, warum er nach Mömpelgard gekommen ist, wird mein Heer sein – und mein Geld«, überlegte er laut. »Was kann ich von ihm verlangen? Wie kann er mir von Nutzen sein?«
Herzog Ulrich von Württemberg musste nicht lange überlegen. Als er die Lösung gefunden hatte, grinste er von einem Ohr zum anderen.
Wie befohlen, suchten Kilian und Joß Fritz den Herzog von Württemberg drei Tage später wieder auf. Auch dieses Mal saß Ulrich vor seinem Schreibtisch, nur der Lakai neben ihm fehlte.
Obwohl mehrere Stühle im Raum verteilt standen, mussten die beiden Männer vor dem Herzog stehen bleiben. Joß hatte für diese Zurechtweisung nur ein schwaches Lächeln übrig.
Der Herzog musterte die beiden Männer.
»Was kannst du mir bieten, wenn ich auf deinen Vorschlag eingehe?«, fragte Ulrich und blickte den Bundschuh-Anführer misstrauisch an.
Joß legte den Kopf leicht schief und antwortete: »Wir müssen nicht wie die Katze um die heiße Milch herumschleichen, sondern können sofort zu den Vereinbarungen kommen. Ich nehme an, dass Ihr bereits Vorstellungen von dem habt, was ich Euch bieten kann.«
»Du bestätigst, was man über dich erzählt, Bauer«, sagte Ulrich mit Spott in der Stimme.
Joß überhörte die Abfälligkeit, mit der Ulrich das Wort »Bauer« betonte, und erklärte: »Euer Heer und meine Vagabunden, Bauern,
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