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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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nicht gegenübergestanden.«
    »Wissen deine Männer, dass Joß noch lebt?«, fragte der Wirt mit gesenkter Stimme. Der Landsknecht schüttelte den Kopf.
    »Dann belass es dabei. Es würde nur Unruhe verursachen, denn der Joß Fritz ist tatsächlich tot. Daniel Hofmeister hat überlebt!«, warnte Spindler.
    »Es macht mich wütend, dass er uns hängen lässt. Noch nie waren wir unserem Ziel so nahe wie in diesen Tagen. Ich spüre, dass die Zeit der Misserfolge vorbei ist und wir die Lage verändern können. Überall rotten sich die Menschen zusammen, um gegen Adel und Klerus aufzubegehren. Tausende wollen kämpfen, denn sie haben genug von Unterdrückung, Abgaben, Elend und Hunger. Doch sie werden von Männern gelenkt, die keine Ahnung von Führung haben. Männer, die man gewählt hat, weil sie Lesen und Schreiben können, und das nicht einmal gut. Selbsternannte Hauptleute wollen unerfahrene Menschen befehligen, die mit Sicheln und Mistgabeln bewaffnet sind. Wenn es zum Kampf kommen sollte  – und das ist so sicher wie
das Amen in der Kirche  –, werden sie wie verängstigte Karnickel kreuz und quer durch die Gegend laufen, weil niemand ihnen sagt, was sie tun sollen. Es wird wieder in einem Blutbad enden!«, seufzte Landsknecht Kilian.
    Der Wirt drehte sich nach hinten und griff sich von der Theke ein gezapftes Bier. Dann wandte er sich wieder um und nahm einen kräftigen Schluck. Nachdenklich wischte er sich den dünnen Schaum von den Lippen. »Ja, da hast du Recht, Kilian! Man muss das Zeug dazu haben, um eine Horde wilder Männer zu befehligen. Warum führst du sie nicht an? Du behauptest von dir, dass du dem Landsknechttum mit Leib und Seele verfallen bist. Du hast die Bundschuh-Aufstände miterlebt und weißt, worauf es ankommt. Du konntest die Männer überzeugen, hierher zu kommen, obwohl sie seit Tagen nur nichtsnutzig in meinem Gasthaus herumlungern.« Dabei zeigte der Wirt mit einer großen Geste durch den Raum auf die Männer, die sich mit Würfelspielen belustigten. Die übrigen Gäste waren bereits gegangen, sodass nur noch Kilians Truppe im Schankraum saß.
    »Pah!«, stieß der Landsknecht entsetzt aus. »Ich habe nicht die Begabung eines Joß Fritz! Zwar sind mir diese Männer hierher gefolgt, doch wir haben nichts geleistet! Wir ziehen von einem Ort zum nächsten, immer in der Hoffnung, eine Aufgabe zu finden, für die zu kämpfen sich lohnt. Nein, nein, Melchior! Ich bin nicht geeignet, Großes zu planen und umzusetzen. Die Menschen und auch ich brauchen einen Anführer, der mit seiner Erscheinung, mit seinen Worten überzeugt. Einen, dem wir vertrauen und für den wir uns die Schwurfinger abhacken lassen, bevor wir seinen Namen verraten würden. Joß Fritz ist ein solcher Mann. Er hat einen wachen Geist und einen klaren Verstand, um Zeitgeschehnisse zu verfolgen und zu begreifen. Deshalb haben Klerus und Adel ihn gefürchtet!«
    Melchior Spindler nickte. Er wusste, was Kilian meinte, und stimmte ihm zu: »Solch ein Mensch wird nur selten geboren.«

    Die beiden Freunde aus alten Zeiten versanken in Melancholie und hingen stumm ihren Gedanken nach. Sie nahmen das rege Treiben um sich herum kaum wahr und auch nicht die Stille, die sich plötzlich ausbreitete. Sie erwachten erst aus ihrer Erstarrung, als eine Hand nach einem ihrer Bierkrüge griff. Kilian wollte aufspringen und den dreisten Gesellen zur Rede stellen, als er ein schwarzes Muttermal auf dem Handrücken sah. Erschrocken sank er zurück auf den Stuhl, denn er kannte nur einen Menschen, dessen Hand ein solches Mal hatte. Als der Landsknecht langsam den Blick hob, schaute er in lachende Augen, die von zahlreichen kleinen Falten eingerahmt waren.
    »Ich melde mich zurück!«, sagte Joß Fritz und leerte den Krug in einem Zug.
     
    Die meisten von Kilians Männern kannten Joß Fritz nur vom Hörensagen und blickten den großen Mann ehrfurchtsvoll an. Die, die ihm einst gefolgt waren, hießen ihn lautstark willkommen und bestürmten ihn sogleich mit zahlreichen Fragen. Wo er in den letzten Jahren gewesen war, wollten sie wissen. Was er in dieser langen Zeit getan hatte? Warum er jetzt zurückgekommen war?
    Geschickt wich Joß ihren Fragen aus und vertröstete sie auf die nächsten Tage.
    »Lasst mich erst einmal zur Ruhe kommen!«, schimpfte er lachend. »Zur gegebenen Zeit werde ich eure Neugierde befriedigen.«
    Kilian hielt sich abseits. Er würde noch Gelegenheit haben, sich mit Joß zu unterhalten. Jetzt wollte er nur jeden

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