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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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willst?«, fragte Gabriel. »Der Einzige, der gehen kann, bin ich. Da ich Bader bin, wird niemand Verdacht schöpfen, dass ich von euch komme. Ullein wird glauben, dass ich bei Veits Wundversorgung helfen werde.«
    Hauser blickte Gabriel grinsend an und sagte: »Du schlauer Hund!«

Kapitel 22
    In einem Tal bei Heilbronn, Sommer 1525
     
    Mit anbrechender Dämmerung stieg Nebel aus dem Tal und tauchte die Umgebung in gespenstisches Licht. Joß Fritz saß auf seinem Pferd und blickte seit geraumer Zeit von der Anhöhe in die weite Ebene hinunter. Nachdenklich beobachtete er die Menschen, die geschäftig hin und her liefen, Zelte aufbauten und Holz herbeischleppten. Manch einer weidete heimlich erlegtes Wild aus. Die Innereien wurden in großen Kesseln über
Lagerfeuern gegart. Große Fleischstücke hingen aufgespießt über den Flammen und wurden gebraten.
    Joß Fritz konnte nicht leugnen, dass der Anblick der vielen hundert Menschen, die sich dort im Tal versammelt hatten, sein Herz schneller schlagen ließ. Wie viele Jahre hatte er dieses Gefühl vermisst? Sie warten auf mich, dachte er voller Stolz und murmelte den Satz, den Else ihm zugeflüstert hatte: »So wie der Wind Blütensamen durch die Lüfte trägt, damit sie auf fremdem Boden keimen und zu neuen Pflanzen erblühen, so wurde diesen Menschen die Kunde eines neuen Aufstands zugetragen.«
    Joß trat seinem Pferd leicht in die Flanken und ließ es langsam den Hang hinunterschreiten. Als die Menschen den Reiter erkannten, jubelten sie ihm zu. »Fritz ist da!«, riefen sie aufgeregt, und manch einer schwenkte zur Begrüßung seinen Filzhut.
    Von seinem Ross schaute Joß zu den Männern herunter, deren bunte Kleidung so gemischt war wie die Gestalten selbst. Es berührte ihn, dass gebrechliche Alte sich ebenso eingefunden hatten wie bartlose Burschen. Jedoch erzürnte es ihn im gleichen Augenblick, wie elend sie aussahen. Ihre Bauernkittel waren zerlumpt und hingen wie weite Säcke an ihren abgemagerten Körpern. Nur wenige hatten Schuhe an den Füßen, die mit Riemen um Knöchel und Wade gewickelt waren. Die meisten standen barfüßig vor ihm, weil sie sich nicht einmal den Bundschuh leisten konnten. Vereinzelt erblickte Joß Männer, die Lederkoller über ihren Kitteln trugen. Sie hatten die speckglänzenden Brustpanzer nach einer der Schlachten den toten Soldaten abgenommen und behalten.
    Joß hielt sein Pferd an, saß ab und wurde sogleich von zahlreichen Männern umringt. Er starrte in Gesichter, die vom Wetter gebräunt oder von Elend und Hunger ausgezehrt und bleich waren. Immer wieder hörte Joß, wie sie seinen Namen flüsterten, und er spürte Hände, die ihn berührten. Anscheinend konnten
die Männer nicht glauben, dass er leibhaftig vor ihnen stand, und um sich zu überzeugen, mussten sie ihn anfassen.
    Obwohl die meisten von ihnen erbärmlich aussahen, hatten sie eines gemeinsam: Ihre Augen leuchteten voller Tatendrang und finsterer Entschlossenheit.
    Plötzlich hörte Joß ein vertrautes Lachen hinter sich und drehte sich um. Sein Weggefährte Kilian trat zu ihm und umarmte ihn. »Habe ich es dir nicht prophezeit, Joß? Sie alle wollen unter dir dienen und kämpfen.« Seine Hand wies über die Köpfe der Männer hinweg, und sogleich hielten sie ihren ausgestreckten Arm in die Höhe und brüllten den Namen ihres Anführers.
     
    Die Nacht war hereingebrochen, und zahlreiche Lagerfeuer erhellten das Tal. Joß saß neben Kilian an einem der Feuer und grübelte. Nachdem sich bei den Männern die erste Freude über sein Erscheinen gelegt hatte, konnte Joß das wahre Elend in ihren Blicken erkennen. Manche starrten teilnahmslos vor sich hin, während in anderen Gesichtern Niedergeschlagenheit und Ratlosigkeit sichtbar wurden. Etliche waren körperlich verstümmelt.
    Kilian hatte die nachdenklichen Blicke bemerkt, mit denen Joß die Männer musterte, und fragte besorgt: »Was ist mit dir?«
    Joß wandte sich seinem Freund zu. »Ich habe zu lange gewartet, Kilian. Wir hätten früher zu einem neuen Aufstand bereit sein sollen. Wie viele Jahre habe ich auf dem Hof vergeudet, anstatt ihnen zu helfen!«
    Kilian war bestürzt über die Gedanken seines Freundes, schüttelte den Kopf und riet: »Denk nicht über etwas nach, das nicht zu ändern ist.«
    Doch Joß unterbrach ihn: »Sieh dir die armen Gestalten an, Kilian. Dem einen fehlt ein Ohr, einem anderen die Hand, die man ihm abgeschlagen hat, weil er ein Stück Wild erlegt hat.
Dem Mann da drüben prangt

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