Schwur der Sünderin
im Schein der Flammen und hob und senkte sich mit jedem Atemzug.
Joß gefiel, was er sah, und er konnte es bis in seine Lenden spüren. Erneut trat er einen Schritt näher, sodass er den warmen Atem der Frau in seinem Gesicht spürte. Als sie nicht zurückwich, sondern sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr, flüsterte er heiser: »Du bist die Schwarze Hofmännin.«
Leise lachend raunte sie: »Und du bist wahrhaftig so schlau, wie man dir nachsagt.«
»Warum bist du gekommen?«, fragte Joß heiser und stemmte seine Hände über ihrem Kopf an den Baumstamm. Sie hätte mühelos unter seinen Armen hindurchschlüpfen können, aber sie blieb und senkte lächelnd den Blick. Mit den Fingern strich sie sich über den Hals, sodass der Stoff etwas tiefer rutschte. Und was er freigab, ließ das Herz des Mannes schneller schlagen.
Nicht zu allen Frauen, die Joß besprungen hatte, fühlte er sich hingezogen, und manch eine hatte ihn nicht sonderlich erregt. Bei der Schwarzen Hofmännin war es anders. Allein ihr
Anblick ließ sein Blut in Wallung geraten, und er musste sich beherrschen, sie nicht zu Boden zu reißen. Stattdessen umfasste er das Kinn der Frau, sodass sie ihn ansehen musste. In ihren schwarzen Pupillen konnte er den Tanz der Flammen erkennen. Seine Lippen kamen den ihren näher, doch als er sie küssen wollte, rutschte sie lachend unter seinen Armen hindurch. Mit wippenden Hüften ging sie zu einem der Lagerfeuer, wo sie sich niedersetzte.
Die Männer, die dort saßen, schauten das Weib begehrlich an. »Na, schöne Frau«, sagte einer und verschlang sie mit seinem Blick. Aufgestachelt durch die Sprüche der Kameraden schwanden seine Hemmungen, und er wollte die Frau begrapschen. Die Schwarze Hofmännin stieß ihn lachend zurück, doch als er es erneut versuchte, trat Joß aus der Dunkelheit hervor, und der Mann erstarrte.
Mit grimmiger Miene gab Joß den Männern ein Zeichen, zu verschwinden. Sofort sprangen sie auf und ließen sich an einem anderen Feuer nieder.
Die Schwarze Hofmännin klatschte bewundernd in die Hände. »Die Männer haben Achtung vor dir. Das gefällt mir«, schmeichelte sie ihm mit ihrer rauchigen Stimme.
Fritz nahm schmunzelnd den Weinkrug auf, der neben dem Feuer stand, und goss zwei Becher voll, die er vom Boden aufhob. Während er ihr einen reichte, fragte er: »Wie ist dein richtiger Name?«
»Ich wurde als Margarethe Renner geboren«, erklärte sie lächelnd und prostete ihm zu.
»Margarethe«, wiederholte Joß leise. »Wie bist du zu dem Namen ›Schwarze Hofmännin‹ gekommen?«, wollte er wissen und nahm einen Schluck. Ihr verführerischer Blick wurde ernst.
»Ich wurde in Böckingen geboren, wo meine Familie Erblehensträger des Klosters Schöntal war. Da mein Mann, Peter Abrecht sein Name, kein Böckinger war, wurde von ihm ein
Bürgergeld verlangt, damit er mich heiraten und einen Hof des Deutschordens pachten konnte. Peter wurde durch unsere Heirat Leibeigener der Stadt Heilbronn, zu der Böckingen gehört. Somit wurde er ein Hofmann und ich eine Hofmännin. Schwarze Hofmännin heiße ich deshalb«, erklärte sie und hielt eine Strähne ihres schwarzen Haares hoch.
»Wo ist dein Mann?«
Margarethe schwieg einige Augenblicke, als ob sie ihre Antwort abwägen wollte. Dann presste sie zornig hervor: »Vor fünf Jahren forderte die Stadt Heilbronn zusätzliche Abgaben, um Kriegsschulden bezahlen zu können. Mein Mann und drei weitere Bauern verweigerten die Zahlung, da die Forderung willkürlich war. Die Männer wurden verhaftet und ins Verlies gesperrt, wo Peter noch im gleichen Jahr starb.«
»Das tut mir leid«, sagte Joß ehrlich.
»Das muss es nicht«, antwortete Margarethe aufgebracht, »denn ich habe ihn gerächt.«
Fragend zog Joß eine Augenbraue in die Höhe.
»Durch Peters Tod verlor die Stadt Heilbronn einen Leibeigenen, weswegen sie von mir als Entschädigung mein bestes Stück Vieh im Stall forderte, eine Forderung, die ich verweigerte.«
Erstaunt blickte Joß die Frau an. »Das war mutig, aber auch ungewöhnlich, dass eine Leibeigene sich gegen die Stadt stellt.«
Die Hofmännin nickte. »Mein ältester Sohn Philipp, der gesetzliche Hoferbe, unterstützte mich dabei.« Sie lachte leise und nahm einen Schluck Wein. »Drei Jahre hat der Rechtsstreit gedauert. Zum Schluss drohte das Gericht, mir die Weide- und Wasserrechte zu entziehen, sollte ich mich weiterhin weigern.« Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern, sodass der Kittel noch ein
Weitere Kostenlose Bücher