Schwur des Blutes
doch als ihre Lippen seine erneut berührten, schmolz er dahin. Ihre sanften Liebkosungen dämmten sein Angstgefühl. Emotionaler Treibsand erfasste ihn, als ihre Zunge Einlass verlangte. Er hieß sie stürmisch willkommen, zog sie näher. Ein Schleier aus Leidenschaft legte sich über sie. Sam war alles, wonach er sich sehnte.
„Du bist in der Lage, anderen zu schaden.“ Sie küsste sich seinen Hals hinab. Er wäre aufgesprungen, wenn er sich hätte bewegen können. „Aber du würdest es niemals tun, wenn es nicht um dein Leben ginge.“
Aber sei gewiss, es ist eine Gabe, kein Fluch. Zumindest für eine reine Seele , hatte der Älteste bei den Fürsten gesagt.
„Wenn du mich wirklich liebst, kannst du mir nicht schaden.“ Sam biss ihm sanft in den Hals. Er stöhnte ungehalten auf, drückte den Kopf ins Kissen. Begierde verdrängte beinahe seine Angst. Konnte sie recht haben?
Sam kuschelte sich eng an ihn. Ihr Blick fixierte seinen und sie strich ihm über eine Wange. „Gib mir eine Chance, dir zu zeigen, wie sehr du mich liebst.“ Sams blaue Augen glitzerten feucht, ihr geröteter Mund zitterte leicht. „Und mir, wie sehr ich dich liebe.“
Ein Gefühl, süßer als Honig, prickelnder als Brause, heller als die Sonne schoss ihm durch die Adern und explodierte in seinem Herzen. Es hatte sich längst für Sam entschieden, ohne seinen Verstand zu fragen.
Er wollte sie so gern lieben, horchte mit geschlossenen Lidern gebannt ihrer Stimme.
„Versetz dich noch einmal zurück, träum für uns. Dieser Veyt hat verhindert, dass dir deine Erinnerungen einfallen, aber seine sind dir präsent. Was passierte vor 92 Jahren? Warum bist du vergangenen Dezember erwacht? Träume, Liebster! Erinnere dich …“
„Jetzt bist du fällig!“ Veyt knallte die schwere Eisentür ins Schloss und geleitete den hypnotisierten, ausgemergelten Vampir den Weg hinaus aus den Katakomben. Normalerweise begab er sich nicht in seine Kerker, nur bei seinem größten Schatz machte er eine Ausnahme.
Es musste beinahe ein Jahrhundert her sei, als Timothy Fontaine, ein aufgebrachter Jungvampir, ihn aufgesucht und beschuldigt hatte, seine Familie getötet zu haben. Veyt lachte in Erinnerung an ihre erste Begegnung. Er konnte sich nun wirklich nicht an jeden Einzelnen erinnern, den er auf dem Gewissen hatte.
Einige Monate hatte er ernsthaft versucht, den Vampir unter seinem Einfluss zu überreden, sich umzubringen. Dann hatte er seine Wachen vorgeschickt und es schließlich eigenhändig probiert. Doch obwohl Timothy nur ein niederes Halbblut war, gelang es Veyt nicht, ihm ein Haar zu krümmen.
Der Rubinring hatte ihn zudem maßlos enttäuscht. Die anfangs verspürte Stärke hatte sich in Luft aufgelöst. Weder Magie noch sonst irgendetwas ging von diesem wenigstens schönen Schmuckstück aus. Vielleicht musste die Sternenmacht, von der seine Mutter Lucinda gefaselt hatte, noch geweckt werden. Ein weiteres Rätsel, dem er sich nach dem von Timothy zuwenden würde. Himmelschreiend beschissen, aber vor allem hochinteressant. Es gab also eine Macht, die mit dem des Ringes gepaart seiner überlegen war. Mehr Macht!
Von dem Moment an, als ihm dies bewusst wurde, hatte er nur noch eines im Kopf: Informationen besorgen. Da es ihm nicht glückte, das Halbblut abzumurksen, schmiss er ihn kurzerhand als Lustsklave in seinen Kerker. Es war ihm egal, was seine Diener und Gefangenen mit ihm veranstalteten. Das Einzige, worauf er achtete, war, dass er dieses unheimliche, nicht zu tötende Wesen immerzu unter Hypnose behielt. Die anfänglich wahrhaftig nervigen Fluchtversuche, immer wenn sein Einfluss auf das Gehirn auch nur geringfügig nachließ, wurden mit jedem Jahr in silbernen Ketten seltener. Irgendwann brach der Widerstand des Halbbluts und er unternahm nichts weiter, was mit Flucht oder Überleben zu tun hatte. Veyt sah sich sogar genötigt, ihn zu zwingen, sich zu ernähren.
Die Nachforschungen hatten Veyt allerhand Arbeit und Zeit gekostet, doch eines Tages erlangte er Kenntnis von der fast einzigartigen Gabe, die diesem Timothy innewohnen musste und die ihn beschützte. Er war ein Krýos.
Erst im Dezember 2010 hielt er unverhofft die Botschaft in den Händen, auf die er Jahrzehnte gewartet hatte. Die Gabe eines Krýos wurde durch sein Blut übertragen – namens Blaues Blut.
Die ersten Versuche, Timothy gewaltsam zu überreden, ihm sein Blut zu geben, scheiterten erbärmlich. Niemand kam an Timothys Haut heran, zumindest nicht, um sie zu
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